Prozess in BonnWeil kein Zug kam: Da rastete Student komplett aus

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Am Bonner Hauptbahnhof begann das Drama um Jonathan F. Jetzt stand er in Bonn vor Gericht.

Bonn – Es war bereits höchste Zeit: An Weiberfastnacht war letzte Abgabefrist für die Bachelor-Arbeit von Jonathan F. (Name geändert). Am Bonner Hauptbahnhof wartete der Student für Medien-Management gespannt auf den Zug. Als der 29-Jährige – von Kind an mit einem dünnen Nervenkostüm ausgestattet – erfuhr, dass bis auf weiteres alle Züge nach Köln gestrichen sind, drehte er durch. In Windeseile versuchte er durch die Bonner Innenstadt – voll mit ausgelassen feiernden Karnevalisten –  zu sprinten, um eine Stadtbahn zu erwischen. Dabei rempelte der panische Student am Sterntor einen Passanten an und griff, vor Wut über diesen Rempler, eine leere Sektflasche, die er in  Richtung „Bönnsch“ warf. Ohne das Brauhaus jedoch zu treffen. Damit noch nicht genug.

Wegen seines seltsamen Verhaltens an diesem Morgen, aber auch noch wegen zwei weiterer Vorfälle, landete der 29-Jährige am Mittwoch vor dem Bonner Landgericht: Die Strafvorwürfe – versuchte gefährliche Körperverletzung und Sachbeschädigung – waren zwar minimal, aber die 1. Große Strafkammer musste prüfen, ob der junge Angeklagte in eine psychiatrische Klinik untergebracht werden muss.

Student rastete aus und kam in die Zelle

Denn an dem Karnevalsmorgen landete Jonathan F. – mit der Bachelor-Arbeit in der Hand – nicht an der Kölner Hochschule, sondern schließlich im Gewahrsam der Polizei. Am Ende seines „Amoklaufs“ hatte er nicht nur eine Frau angespuckt, sondern aus dem Gleisbett der Straßenbahnhaltestelle Steine geholt und damit um sich geworfen. Da alle ausweichen konnten, wurde keiner getroffen. Aber die Polizei alarmiert.

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Student rastete aus: Fall für den Gutachter

Der spezielle Fall von Jonathan F. wurde schließlich einem psychiatrischen Gutachter vorgelegt: Der jedoch kam zum Ergebnis, dass der 29-Jährige zwar an einer „schizoiden Persönlichkeitsakzentuierung“ leide, aber eine schwere psychiatrische Erkrankung könne er nicht feststellen. Es falle dem Angeklagten schwer, so der Kammervorsitzende Jens Rausch im Urteil, „in gewissen Situationen Stress auszuhalten, vor allem außerhalb der häuslichen Atmosphäre kommt er schlecht zurecht.“

„Absolute Priorität hingegen hatte immer sein berufliches Fortkommen“, so Rausch weiter. Trotz seiner „Besonderheiten“, habe er sich beeindruckend weitergebildet und dafür sogar einen Studienkredit aufgenommen. Die Kammer hat am Ende entschieden, den 29-Jährigen nicht in einer Klinik wegzusperren, sondern verurteilte ihn „moderat“ zu vier Monaten und einer Woche Haft. Ein Bewährungshelfer wurde ihm – zu seiner Stabilisierung – zur Seite gestellt.

Student rastete aus: Studium nachträglich erfolgreich abgeschlossen

Seine Bachelor-Arbeit hat Jonathan F. am Ende doch noch bei seiner Hochschule abgeben können, wenn auch mit einem Semester Verspätung. Mittlerweile hat der 29-Jährige sogar sein Studium erfolgreich abgeschlossen. (ucs)