Coronavirus, Heuschrecken, DürrenWie in der Bibel? Die Plagen der Neuzeit

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Kriege, eingeschleppte Arten und Co. – Die Plagen der Neuzeit wurden zum Großteil von Menschenhand herbeigeführt.

Köln – Wenn die Bibel neu geschrieben würde, von welchen Plagen würden wir heutzutage lesen? Nehmen wir allein das Jahr 2020: Nicht nur das Coronavirus schockt derzeit die Welt, Zugvögel fallen tot vom Himmel, Heuschrecken und Mäuse vernichten Ernten, Waldbrände nehmen immer verheerendere Ausmaße an.

Kriege, Dürren, Meere voller Plastik gefährden das Leben von Menschen und Tieren. Und fast immer hat der Mensch die Hand im Spiel, wenn die Natur zurückschlägt. Wir listen die schlimmsten Plagen der Neuzeit auf. Ist es die Rache Gottes? Von wegen! Das sind Klimawandel, Größenwahnsinn, Globalisierung und deren Folgen.

Gefärliche Viren Corona, HIV, West-Nil-Virus, Mers, Sars, Ebola... Immer wieder schaffen es schlimme Erreger, sich den Menschen als Wirt nutzbar zu machen, weil dieser ständig weiter in Sphären vordringt, wo er eigentlich nicht hingehört, so der WWF. Allein an der Aids- Pandemie sind bis heute 32 Millionen Menschen gestorben. Wie viele Opfer das Corona-Virus, das erstmals die ganze Welt samt Wirtschaft lahmlegt, fordert? Das kann noch keiner vorhersagen.

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Plastik im Meer Bis zu 13 Millionen Tonnen Plastikabfälle gelangen jährlich ins Meer. Ganz fies: Mikroplastik. Die unsichtbaren Partikel gelangen aus Kosmetik und Kunstfasertextilien über unser Abwasser ins Meer. Hier verstopfen sie aber nicht nur die winzig kleinen Bäuche von Zooplankton und Kleinstlebewesen. Über das Plankton und Fische, aber auch über unser Trinkwasser, gelangt Mikroplastik schließlich wieder in unsere eigene Nahrungskette.

Krieg Im Jahr 2019 wurden 27 Kriege und bewaffnete Konflikte registriert – und es werden 2020 sicherlich nicht weniger. Und immer sind Kinder betroffen: Die Zahl der schweren Verbrechen an Kindern hat sich seit 2010 um 170 Prozent (!) erhöht. Sie werden angegriffen, entführt, von bewaffneten Gruppen rekrutiert oder sexuell missbraucht. Übrigens: Die weltweiten Rüstungsausgaben sind 2019 auf knapp 2 Billionen US-Dollar gestiegen.

Dürre Die Dürre im südlichen Afrika hat „noch nie dagewesene Ausmaße“ erreicht, erklärten die Internationale Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung. „Wir erleben, wie Menschen zwei, drei Tage ohne Nahrung auskommen, wie ganze Viehherden von der Dürre ausgelöscht werden und Farmer ohne Einkommensquelle dastehen.“ Insgesamt sei das Leben von elf Millionen Menschen bedroht. Am härtesten trifft die Dürre Sambia und Simbabwe.

Heuschrecken Seit Monaten fallen Wüstenheuschrecken über ganze Landstriche in Ostafrika her. Kenia, Äthiopien und Somalia sind am schwersten betroffen. Ein Schwarm von einem Quadratkilometer vertilgt laut UN-Landwirtschaftsorganisation am Tag so viel Lebensmittel wie 35.000 Menschen. Nach einer ersten Welle des Heuschrecken-Befalls steht nun eine zweite an, kurz vor der wichtigsten Erntezeit. Auch Pakistan hat den Notstand ausgerufen.

Feuer und Sturm Aktuelle Meldungen: Zugvogelsterben in Griechenland aufgrund starker Höhenwinde, Waldbrände nahe dem einstigen Katastrophenreaktor Tschernobyl (Ukraine). In Australien, aber auch in Teilen Europas gab es Anfang des Jahres Todesopfer durch Großfeuer. Australische Forscher sagen: Die vom Menschen verursachte Erderwärmung hat das Risiko von brandgefährlichen Wetterlagen um dreißig Prozent im Vergleich zum Jahr 1900 erhöht.

Feldmäuse Niedersachsens Landwirte leiden unter einer echten Feldmaus-Plage. Bis zu 150.000 Hektar sind betroffen. Die Nager fressen das Gras und auch Wurzeln ab, die Pflanzen gehen bei trockenem Wetter sofort ein. Hauptgrund für die Mäuseplage ist der milde Winter. Die Tiere würden auch auf bislang nicht betroffene Flächen ausweichen, wenn ihre Nahrungsgrundlage zur Neige geht. Und die anhaltende Trockenheit gibt der Ernte den Rest.

Feinstaub Bei den biblischen Plagen überzog Finsternis den Himmel, heute nennen wir das Phänomen Feinstaub, produziert durch Menschenhand. Unter den hundert Metropolen mit der weltweit stärksten Luftverschmutzung weisen laut einer Studie der Forschungsorganisation International Council on Clean Transportation (ICCT) Mailand, Turin, Stuttgart, Kiew, Köln und Berlin die höchste Zahl an frühzeitigen Todesfällen pro 100.000 Einwohner auf.

Eingeschleppte Arten In der EU sind derzeit 23 invasive Tier- und 14 invasive Pflanzenarten als besorgniserregend klassifiziert. Bei Amphibien, Reptilien und Säugetieren sind sie die Hauptursache für das Verschwinden von Arten. Und manche schaden auch der Wirtschaft: Die Quagga-Dreikantmuschel zum Beispiel überwächst Wasserleitungen. Die EU-Mitgliedsstaaten geben pro Jahr allein bis zu 12,7 Milliarden Euro aus, um diese Schäden zu beseitigen. Und welcher Förster erinnert sich hierzulande nicht an den aus Osteuropa eingewanderten Borkenkäfer oder den aus Nordamerika eingewanderten Ruß-Rinden-Killerpilz? Beide machten 2019 heimische Wälder zu Trümmerfeldern.

Die biblischen Vorlage: War es wirklich die „Strafe Gottes“?

Wie es im Zweiten Buch Mose des Alten Testaments steht, suchten zehn biblischen Plagen das alte Ägypten heim: Blut im Wasser, Frösche, Stechmücken, Stechfliegen, Viehpest, Schwarze Blattern (Geschwüre), Hagel, Heuschrecken, Finsternis und Tod aller Erstgeborenen.

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Theologe Prof. Manfred Becker-Huberti

Aber: Gab es diese Vorfälle wirklich? Der Theologe Prof. Manfred Becker-Huberti zu uns: „Bis ins 19. Jahrhundert wurden Krankheit und Tod religiös als Sündenstrafe interpretiert. Gott wirkt durch und mit der Natur. In dem Sinn sind auch die zehn biblischen Plagen etwa aus der Zeit des 13. Jahrhunderts v. Chr. zu sehen.

Die Ausleger der biblischen Texte (Exegeten), die von einem realen Geschehen ausgehen, nahmen mehrheitlich den Ausbruch des Vulkans Thera auf der Insel Santorin als Auslöser an. Die Plagen wären dann Kettenreaktionen auf dieses Ereignis. Problematisch bei dieser Deutung ist, dass Vulkanausbruch und Plagen nur schwer zeitgleich stattgefunden haben können. Andere Exegeten halten es für möglich, dass einige Plagen real vorgelegen haben können, dann aber ausgestaltet und dramatisiert wurden.“