507 ToteGespenstische Fotos: Wrackteile des Kriegsschiffs „Cöln" gefunden

Karte der Nordsee, die die Standorte der versenkten Schiffe markiert

Karte der Nordsee, die die Standorte der versenkten „Cöln“ und weiterer deutscher Kriegsschiffe markiert.

von Ayhan Demirci (ade)

Köln – Es war der 28. August 1914, um 13.30 Uhr, als der nach der stolzen Stadt am Rhein benannte Kreuzer „Cöln“ seinen letzten Funkspruch absetzte. „105 Epsilon, bin im Gefecht mit feindlichen Zerstörern…“. Wenig später sterben 507 Männer. Nur einer wird überleben. Ein Kölner.

Seegefecht vor Helgoland mit Großbritannien

Eine Tragödie: Gleich zu Beginn des Ersten Weltkrieges wurden vor Helgoland vier deutsche Schiffe im Gefecht mit britischen Zerstörern versenkt. Die „Ariadne“, die „Mainz“, das Torpedoboot „V187“ und eben die „Cöln“. Ihr Wrack wurde 1979 zufällig entdeckt. Ein deutsches Sprengteam, das eigentlich die „Ariadne“ aus dem Schifffahrtsweg räumen sollte, stieß stattdessen auf die Überreste der „Cöln“, deren Position bis dahin unbekannt war.

Die Forscher auf der Fahrt zum Einsatzort.

Die Forscher auf der Fahrt zum Einsatzort.

Unterwasserarchäologe: Schicksal der Schiffe spannend wie traurig

Was blieb vom Schiff übrig? Was gibt noch Zeugnis über das schreckliche Geschehen in der Nordsee? Der Unterwasserarchäologe Dr. Florian Huber (43) wollte es ergründen, denn: „Wir reden von vier großen Kriegsschiffen, die vor 106 Jahren gesunken und völlig aus dem öffentlichen Bewusstsein gekommen sind. Sie liegen in Deutschland, in deutschen Gewässern, vor unserer Küste, und kein Mensch weiß es eigentlich. Das finde ich spannend und traurig zugleich. Wir wollen an diese Schiffe erinnern. Gerade die Cöln hat ein dramatisches Schicksal, weil nur ein Mensch überlebt hat, der drei Tage im Wasser trieb.“

Kreuzer_Cöln

Der 130 Meter lange Kreuzer „Cöln“, erbaut 1909 in Kiel, 1914 in der Nordsee versenkt.

Doch es sind nur wenige Reste der „Cöln“, die in 40 Meter Tiefe zu sehen sind. „Nach der Sprengung blieb nur ein riesiger Schrotthaufen übrig, an dem überall Fischernetze hängen“, erklärt Huber.

Forscher stießen auf ein Geschütz der „Cöln“

Erhalten ist eines der Schnellfeuergeschütze des Schiffes, man sieht verschiedene Stahl-Bauteile, „aber das Wrack als solches ist nicht erkennbar“. Hummer und Taschenkrebse lugen aus den Relikten des Ersten Weltkrieges.

Ein Geschütz des Kreuzers „Cöln"

Forschungstaucher Florian Huber an einem Geschütz des 1914 versenkten Kreuzers „Cöln". 

Die Sprengung vor 41 Jahren sei aus heutiger Sicht eine harte Nummer, sagt Huber: „Die Leute hatten keine Hemmungen damals, obwohl es ein Kriegsgrab war.“ Insgesamt starben beim für die deutsche Seite desaströsen Gefecht vor Helgoland über 700 Seeleute und Offiziere der kaiserlichen Marine. Die Verluste auf britischer Seite lagen bei 30 bis 40 Mann.

Ein Taschenkrebs an einem Wrackteil des Kreuzers „Cöln"

Ein Taschenkrebs an einem Wrackteil des Kreuzers „Cöln"

Sponsoren der Unterwasserforschung sind der Deutsche Marinebund und das Museum Helgoland. Zunächst ist es Hubers Aufgabe, eine Zustandsbeschreibung zu machen. Im Sommer wird er zur „Mainz“ tauchen.

„Tauchen in der Nordsee ist extrem aufwendig“, sagt Huber, „durch die Gezeiten herrscht ständig Strömung. Man muss immer den Zeitpunkt zwischen Ebbe und Flut abwarten, hat also ein Zeitfenster von einer Stunde.“ Man habe durch Flocken, Partikel und Schwebstoffe nur zwei Meter Sicht, es sei sehr schwer sich zu orientieren.

Bewachsenes Rad Torpedoboot V 187 - Florian Huber

Dieses Rad gehörte zum versenkten Torpedoboot V187.

Könnten sich unter dem Meeresboden weitere Relikte, auch persönliche Gegenstände befinden? Florian Huber erklärt: „Sie finden auf alle Fälle Knochen, Gummistiefel, Hosen, Mützen und dergleichen: gerade organische Sachen können sich im Wasser sehr gut erhalten.“ Dafür sind weitere aufwendige Grabungen nötig und die sind kostspielig.

Heizer_Neumann

Ausgerechnet ein Kölner war der einzige Überlebende der „Cöln“

Zurück zur Geschichte der „Cöln“: Nur der Kölner Heizer Adolf Neumann überlebte ihren Untergang. Im Seemuseum „Windstärke 10“ in Cuxhaven, in dem Fundstücke des Schiffes ausgestellt sind, wird auch Neumanns Überlebenskampf geschildert.

„Über Kopfhörer können die Besucher mit Neumanns eigenen Worten nachempfinden, wie schrecklich diese 76 Stunden für ihn gewesen sind. Dehydriert, hungrig, kalt, einsam und völlig verzweifelt kämpfte er um sein Leben.“, erklärt Museumsleiterin Dr. Jenny Sarrazin.

Neumann_Burauen

1958: Oberheizer a.D. Adolf Neumann (Mitte) trifft Vizeadmiral Friedrich Ruge und Kölns Oberbürgermeister Theo Burauen (rechts)

Nach einem Tag und einer Nacht, in der sich Neumann an einem größeren Stück Holz über Wasser hielt, war der halb zerschossene Rettungskutter der „Cöln“ aufgetaucht, mit zwei Mann an Bord. Neumann und zwei weitere Seeleute kamen dazu. Doch nur Neumann überlebte die folgenden dramatischen Stunden, bis ihn ein deutsches Torpedoboot endgültig rettete.

Exponate Cöln 2

Einige Gegenstände, die von der „Cöln“ stammen, sind im Museum „Windstärke 10” in Cuxhaven ausgestellt. 

Der Rettungskutter wurde später an Land gespült. Als Mahnmal hängt das Boot heute in einem Bogen der Torburg am Eigelstein.