Sven Väth und Co.30 Jahre „Warehouse“: Kölner Techno-Guru erklärt seine Kult-Party

Sven Väth legte ebenfalls am Mischpult auf.

Kult-DJ Sven Väth, hier auf einem undatierten Foto, auf einer Warehouse-Party.

2021 ist für die bekannte Partyreihe „Warehouse“ ein Jubiläumsjahr. Den Techno-Fans ist die Kölner Marke seit jeher ein Begriff. Im Interview erinnert sich Gründer Yener Kisla an die Anfänge und skizziert die Story seines „Babys“, wie er House und Techno 1991 nach Köln brachte.

von Markus Krücken (krue)

Köln. Noch heute ist er als Geschäftsmann in Köln umtriebig unterwegs. Ob Karneval, Corona-Teststationen, Messebau oder Rapper-Management: Yener Kisla kommt trotz oder vielleicht auch wegen der Corona-Pandemie eigentlich nie zur Ruhe.

Dass dies bei seinem „Baby“, der Partyreihe „Warehouse“, quasi Programm war und ist, bestätigt der stets positive Deutsch-Türke, der auch einst den heute preisgekrönten Club „Bootshaus“ baute, im Gespräch mit EXPRESS.de!

Legendäre „Warehouse“-Party: Kölner Gründer Yener Kisla im Interview

Wann und wie ist Warehouse entstanden?

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Kisla: Wir waren einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Die Idee kam 1990, ich arbeitete nebenbei als Hausmeister. Dort auf der Wilhelm-Mauser-Straße gab es einen Rockschuppen, der zunächst Empire und dann Star Club hieß. Als es dort irgendwann nicht mehr so gut richtig lief, habe ich das Lokal einfach selbst angemietet und vorerst nur untervermietet. Doch wenig später im gleichen Jahr fanden dann bereits die ersten Partys dort statt.

Wie kamen Sie auf den Namen?

Kisla: Durch eine Partyreihe in London, die ein wenig abseits in einer wirklichen alten Lagerhalle stattfand, die hieß damals auch Warehouse. Unsere erste richtige eigene Veranstaltung im Kölner Warehouse lautete: „Alk und Abfahrt mit DJ Tanith", es war ein ganz normaler Mittwoch.

Welche DJ´s haben durch „Warehouse“ ihre Karrieren gepusht?

Kisla: Die absolut größten DJ-Künstler, die wir gepusht haben, sind Sven Väth, Carl Cox, Richie Hawtin un der französische Superstar Laurent Garnier. Noch heute sind diese Acts auch nach 30 Jahren international unterwegs. Die Gagen, wenn ich bedenke, damals noch in der alten Währung DM, waren im Gegensatz zu heute Penauts.

Warehouse-Gründer: Star-DJ Laurent Garnier kostete mich 600 D-Mark

Was heißt das genau?

Kisla: Zum Beispiel bekam ein Laurent Garnier 600 Mark plus Hotel. Der war froh, dass sie mal außerhalb von Frankreich auflegen konnten.

Laurent habe ich in Paris kennen gelernt. Er legte im legendären „Le Rex“ auf und ich war hin und weg von ihm. Kurze Zeit später bot ich ihm an regelmäßig in Köln aufzulegen, was dann auch erfolgreich gelungen war.

Was waren bisher Ihre außergewöhnlichsten Events?

Kisla: Ach, wir haben schon des öfteren in verschiedenen Orten der Welt Partys gemacht: Ibiza, Istanbul, London, Moskau, Malta, es gab wirklich fast kein Stückchen Erde, wo wir keine Party gemacht haben, denn wir wollten diese Musikrichtung mit der ganzen Welt feiern.

Was für Locations waren skurril?

Kisla: In Frankreich nahe Paris sind wir mit 200-300 Leuten von Köln aus in so eine alte Ruine gefahren. Weit und breit kein Mensch. Wir hatten die Anlage im Zelt zusammengepackt und gesagt: ‚Warehouse Family, macht eine Party in Frankreich‘. Wir sind mit vier vollen Bussen und jeder Menge Pkw´s los, und in einer kurzen Zeit hatte sich das wie ein Lauffeuer rumgesprochen in Paris, so dass am Ende ca. 2000, 2500 Menschen kamen. Es war einfach mega. Ich nenne die Party heute immer noch „Die Schlammschlacht um Paris“, weil es in Strömen regnete und wir bis in den Knien im Schlamm waren. Auch das ist Techno: Ein Lebensgefühl.

Wieviele Polizei-Einsätze haben Sie verursacht?

Kisla: Ehrlich gesagt hatten wir außer der Großen Razzia im Juli 1994, da hattet ihr als Express ja berichtet, keine großartigen Polizei-Einsätze, denn die Leute kamen ja, um zu feiern und die neue Musikrichtung Techno zu hören. Generell herrscht in dieser Szene gegenüber anderen wie Rock, Pop oder Rap einfach keine Gewalt. Wir alle haben ein Ziel: Tanzen, feiern, alles nicht so ernst nehmen. Jeden das machen lassen, worauf er Lust hat.

Gibt es eine besondere Anekdote, die Ihnen typisch erscheint?

Kisla: In den Neunzigern war ich meiner Freundin in Miami Urlaub machen. Da ich ein Nachtschwärmer bin, wollte ich mir ein paar Clubs anschauen und wollte in den Club „Velvet“. Dies war ein reiner Gay-Schuppen. Ich wollte mir diesen Laden einfach mal anschauen, um zu sehen: Was ist der Trend, was läuft da für Musik.

Und dann?

Kisla: Als ich vor der Türe stand, waren ca. 200 Leute draußen und alle wollten rein, die Schlange war sehr lang. Ich habe noch nie meine Visitenkarte gezückt, um irgendwo reinzukommen, weil ich es selber nicht mag, wenn jemand mir sagen möchte, wer er ist. Aber in diesen Cub musste ich rein. Ich ging nach vorne mit meiner Freundin und dort stand ein super hübscher Junge im Bananen-Höschen. Ich zückte meine Karte, versuchte zu erklären, dass ich nur für ein paar Minuten rein möchte und direkt wieder raus gehe. In dieser Sekunde kam ein Typ raus aus dem Club, es war der DJ, der schnell nur nach jemandem schaute. Er warf einen Blick auf meine Visitenkarte und sagte: ‚Warehouse? Warehouse Germany Cologne ?‘ Ich sagte: ‚Yes‘. Er wiederum: ‚You are the owner?‘ Ich sagte: ‚Ja‘. Er schnappte mich am Arm und schon war ich mit meiner Freundin im Club.

Nun ja...

Kisla: Er brachte mich duch die Menschenmassen und zeigte mir den Plattenspieler, auf dem ein Warehouse-Aufkleber drauf war und nahm mich mit zum DJ-Pult und kramte eine Platte raus mit Roland Casper. Das war die allererste LP, die wir damals gemacht haben. Er sagte, er hatte drei Monate in Köln gelebt und war jedes Wochenende bei mir im Club. Die Nacht war so was von exzessiv, das werde ich nie vergessen.

Wieviel Besucher ca. sind in all den Jahren auf die Parties gekommen?

Kisla: Wir hatten in den Neunzigern nicht das Problem, ob der Laden Leer bleibt oder keiner kommt, sondern eher das Problem, ob wir nicht weniger machen können, denn ich war 24 Stunden im Dauereinsatz. Es war vorprogrammiert: Jeder Tag, den wir aufmachten, auch mitten in der Woche, kamen die Menschen in Strömen. Die neue Art von Musik wollte jeder hören. Techno war in aller Munde. Ich dachte das sei alles normal, Der Laden fasste ca. 1300 Leute.

Wie haben Sie damals die Werbung gemacht, es gab ja nicht die sozialen Medien wie heute?

Kisla: Ehrlich gesagt hieß es für uns jede Woche für jedes Event Plakate und Flyer drucken, da waren wir mal so schnell bei 20-25 Events im Monat. Da kann man sich überlegen, was für eine Materialschlacht das damals war. Das ging in die Tausende jeden Monat.

Ich hatte noch die Idee, das wir einfach mal Plakate und Flyer ins Ausland in verschiedene Clubs verschicken - Limelight New York, Le Rex Frankreich, Cherrymoon Holland, oder das MOS in London -, nur um hier mal einige zu nennen. Das lag so um die 1000 Mark Extrakosten jeden Monat. Meine Mitarbeiter hielten mich für verrückt und sagten: ‚Wer um Himmelswillen soll denn aus New York nach Köln ins Warehouse kommen?‘ Ich sagte: ‚Es geht mir nicht darum wer aus New York kommt, es geht mir darum, wenn unsere Gäste mal in andere berühmte Clubs gehen dort das Warehouse zu sehen‘. Am Ende hat es gefruchtet und das Warehouse war weltweit in aler Munde.

Inwiefern ist es bis heute Trend gebleben?

Kisla: Schauen Sie sich das Kölner Nachtleben an. Ob Bootshaus, Essigfabrik, Halle Tor2, wie oft wurde die Party totgesagt und sie hat überlebt.