Bericht des NS DokKölner Oberstadtdirektor gehörte Geheim-Organisation an

Hitler Reichstag

Führer und Reichskanzler Adolf Hitler begründet in seiner Rede vor dem Reichstag in Berlin am 1. September 1939 den Angriff auf Polen. 

von Ayhan Demirci (ade)

Köln – Der späte Sturz des Kölner Oberstadtdirektors: Nach Recherchen des Kölner NS-Dokumentationszentrums zur Rolle Heinrich „Heinz“ Mohnens im Dritten Reich empfiehlt die Stadt, den Mohnen-Platz in Köln-Sülz umzubenennen (Stadt Köln zieht Konsequenzen – hier lesen Sie mehr).

EXPRESS-Berichte zur bis dahin unbekannten Mitgliedschaft Mohnens in NSDAP und SA und seiner Tätigkeit als Blockwart in Köln-Neuehrenfeld hatten 2019 den Anstoß zur Untersuchung gegeben.

Der Bericht, der auf Informationen aus vier Archiven gründet (Bundesarchiv, Historisches Archiv der Stadt Köln, Landesarchiv NRW, Archiv der Universitär Köln), liefert Informationen zu bislang weißen Stellen in Mohnens Biografie. Nach 1945 hatte Mohnen über seine Dienstzeit in der Wehrmacht „stets nur spärliche Angaben“ gemacht, heißt es im vierseitigen Bericht des NS Dok.

Heinz Mohnen gehörte zu Spezialeinheit der Wehrmacht 

Im Fragebogen zum Entnazifizierungsverfahren gab Mohnen an, von 1940 bis 1945 als Panzergrenadier dem Panzergrenadier-Regiment 168 angehört zu haben. Laut NS Dok steht diese Darstellung im Widerspruch zur Auskunft des Bundesarchivs, wonach Mohnen ab 1940 einer Sonderformation der Wehrmacht angehörte, die unter dem Namen „Brandenburger“ bekannt wurde. 

Heinz und Marilene Mohnen

Festlichkeit im Kölner Gürzenich: Oberstadtdirektor Heinz Mohnen mit Gattin Marilene, links stehend SPD-Oberbürgermeister Theo Burauen.  

Diese Spezialeinheit war laut NS Dok unter direkter Führung des Amtes Ausland/Abwehr im Oberkommando der Wehrmacht für Kommandounternehmen eingesetzt und diente als verwaltungs- und organisationstechnische Basis der Agenten und V-Leute der Abwehr.

Die getarnten Kommandokräfte agierten häufig hinter den feindlichen Linien, um mit Sabotageakten, der Einnahme strategisch wichtiger Stellen und der Sondierung von Verbündeten „das Feld zu bereiten“. 

Die „Brandenburger“ waren unter verschiedenen Tarnbezeichnungen aktiv. Anhand seiner Erkennungsmarke dokumentiert sind Mohnens Zugehörigkeiten zum Lehr-Regiment Brandenburg, dem Lehr-Regiment Brandenburg zur besonderen Verwendung und dem Verband 805 des Sonderverbandes Brandenburg. In allen genannten Regimentern gehörte der Kölner dem Stab an.

Vorbild für KSK? Eliteeinheit sorgte auch in der Gegenwart für Kontroversen

Die „Brandenburger“ galten als Eliteeinheit, es gibt leitende Bundeswehrangehörige, die die Einheit als Vorbild für die heute existierende Spezialtruppe KSK (Kommandos Spezialkräfte) betrachten (die umstrittenen Aussagen aus der Bundeswehr – hier lesen Sie mehr).

Berüchtigt sind die Einsätze der „Brandenburger“ im Partisanenkrieg in Jugoslawien. Nachgewiesen ist: Angehörige des Lehrregimentes 800 begingen in einer Ortschaft im heutigen Serbien ein Kriegsverbrechen, als Vergeltung für eigene Verluste wurden 257 serbische Männer erschossen. 

Nach Informationen des EXPRESS war Mohnen organisatorisch im Einsatz, unter anderem in Österreich und in der Stadt Bled im heutigen Slowenien. Der Kriegsverlauf rund um Bled war von heftigen Kämpfen und Exzessen zwischen den deutschen Truppen und Partisanen geprägt. 

Kölner NS Dok: Heinz Mohnen stellte sich aktiv in den Dienst des NS-Regimes

Laut NS Dok sind für die Gesamtbewertung und die Empfehlung der Umbenennung des Heinz-Mohnen-Platzes in Köln-Sülz die Befunde zu den Mitgliedschaften und Funktionen Mohnens in NS-Gliederungen entscheidend.

Das Berliner Document Center

Eine Mitarbeiterin im Berlin Document Center (BDC), das die NSDAP-Mitgliederkartei verwaltet.

Konkret heißt es: „Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Heinrich Mohnen sich aktiv in den Dienst des NS-Regimes gestellt hat. Er gehörte nicht nur formal mehreren NS-Organisationen an, sondern engagierte sich auch durch die Bekleidung von Ämtern politisch im Sinne des Regimes.“

Wie der Name Heinz Mohnen aus der NSDAP-Mitgliederkartei verschwand – hier lesen Sie mehr

Prof. Dr. Heinz Mohnen (1914-2005), Absolvent des Schillergymnasiums, hatte an der Kölner Uni in Jura promoviert. Er war nach 1945 Richter am Kölner Landgericht, Präsident des NRW-Landesarbeitsgerichts und Präsident des Kölner Amtsgerichts.

Späterer SPD-OB van Nes Ziegler holte Mohnen in die Stadtverwaltung

1964 wurde Mohnen, mittlerweile Honorarprofessor an der Kölner Universität, vom damaligen Kölner SPD-Fraktionschef und späteren Oberbürgermeister John van Nes Ziegler, der von der Nazi-Vergangenheit Mohnens wusste, dies aber vor den „Genossen“ wohl geheim hielt, in die Stadtverwaltung geholt.

1964 wurde Mohnen von der SPD-Mehrheit zum Kölner Stadtdirektor, ein Jahr darauf für zwölf Jahre zum Oberstadtdirektor gewählt.