Nach SchussabgabePaukenschlag-Urteil gegen Kölner Ex-CDU-Politiker

Der ehemalige Kölner CDU-Politiker Hans-Josef Bähner (74) und sein Verteidiger Mutlu Günal stehen im Gerichtssaal.

Hans-Josef Bähner (74) wurde am Montag (10. Januar 2022) zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Das Foto zeigt ihn und seinen Verteidiger Mutlu Günal kurz vor dem Urteilsspruch. 

Sein Verteidiger wollte einen Freispruch... Gegen den ehemaligen CDU-Politiker Hans-Josef Bähner ist ein heftiges Urteil gefallen. 

von Iris Klingelhöfer (iri)

Dieses Urteil hat gesessen! Montagnachmittag (10. Januar 2022) ist der ehemalige CDU-Politiker Hans-Josef Bähner vor dem Kölner Landgericht zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden. Der 74-Jährige hatte auf einen jungen Mann (damals 20) geschossen, diesen schwer verletzt.  

Durch die Schussabgabe habe sich Bähner der gefährlichen Körperverletzung, der Beleidigung sowie des illegalen Besitzes einer Schusswaffe schuldig gemacht, so der Vorsitzende Richter.

Prozess in Köln: Staatsanwalt plädierte rund zwei Stunden lang

Zuvor hatte Staatsanwalt Sinan Sengöz nach einem rund zweistündigen Plädoyer eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten gefordert. Die Justiz müsse deutlich reagieren, sagte er. Es sei der Gesellschaft nicht vermittelbar, dass jemand einen banalen Alltagskonflikt mit Waffengewalt zu lösen versucht – statt das Ordnungsamt oder die Polizei anzurufen, wenn er sich durch nächtlichen Lärm gestört fühlte. 

Er sieht den Angeklagten vollumfänglich überführt. Bähners Einlassung sei eine unglaubhafte und konstruierte Schutzbehauptung. Spätestens als feststand, dass seine DNA am Waffengriff und an seiner Hand Schmauchspuren festgestellt worden sind, sei dem Angeklagten klar gewesen, dass seine Aussage bei der Polizei widerlegt war und er sich was anderes ausdenken muss, so der Staatsanwalt.

Angeklagter wollte späteres Opfer auf sein Grundstück in Köln locken

Hans-Josef Bähner hatte nach der Tat gegenüber der Polizei unter anderem behauptet: Erst schießen die, dann schmeißen die die Waffe über die Mauer und jetzt wollen sie es mir in die Schuhe schieben. Stattdessen aber soll der Angeklagte laut Staatsanwalt vor der Schussabgabe versucht haben, das spätere Opfer auf sein Grundstück zu locken („Komm' auf mein Grundstück, dann knall' ich dich ab“), um auf ihn schießen zu dürfen. 

Die rassistischen Beleidigungen habe der 74-Jährige ausgestoßen, weil er davon ausging, dass es bei den Lärmenden um die späte Uhrzeit nur um Personen mit Migrationshintergrund handeln könne, so der Staatsanwalt. Das spätere Schussopfer hatte gemeinsam mit zwei Freunden und einem dritten Mann an der Grundstücksmauer des Angeklagten Alkohol getrunken, sich unterhalten und Musik gehört. 

Halbautomatische Waffe jederzeit griffbereit in Nachttischschublade

Bähner sei kein Neonazi, sagte Staatsanwalt Sengöz in seinem Plädoyer, aber auf seiner Facebookseite zeige sich ein teils rechtes, migrationsfeindliches Weltbild. In der Tatnacht hatte der damals 72-Jährige seine halbautomatische Waffe, die er jederzeit griffbereit in seiner Nachttischschublade hatte, mitgenommen. Dann, beim Anblick der jungen Männer an seiner Grundstücksmauer, sei Bähner sofort in Rage geraten. Er soll unter anderem „Verpisst euch, ihr Scheiß-Kanacken“ gesagt haben. Worauf das spätere Opfer sich gedemütigt fühlte und den Rentner unter anderem als „Missgeburt“ zurückbeleidigte. 

Dass er den jungen Mann getroffen hatte, wollte Bähner nicht bemerkt haben. Dabei, so ergaben die Untersuchungen, hatte er aus einer Entfernung von nur 5 Zentimetern oder weniger abgedrückt. 

Plädoyers in Köln: Verteidiger forderte Freispruch wegen Notwehr

Verteidiger Mutlu Günal forderte hingegen einen Freispruch. Sein Mandant habe in Notwehr gehandelt, wiederholte er in seinem Plädoyer. Das spätere Opfer habe nach seinem Mandanten ausgeschlagen. In seiner Einlassung vor Gericht hatte Bähner erklärt, dass der 20-Jährige ihn gegen den rechten Oberarm geschlagen habe, er daraufhin getaumelt sei und sich dadurch versehentlich der Schuss gelöst habe. 

Die rassistischen Beleidigungen, wie „Drecks-Kanacken“, „Drecks-Ausländer“, die sein Mandant geäußert haben soll, wies der Verteidiger ab. Weder am Tatabend noch in der ersten Vernehmung hätten die Zeugen davon etwas gesagt. Stattdessen hätte das Opfer von Beleidigungen wie „Dreckspack“, „jugendliches Pack“ berichtet. Erst später hätten sich die Zeugen verabredet, in ihrer zweiten Vernehmung zu lügen und etwas von rassistischen Beleidigungen zu erzählen. Die Vier seien eine „Schicksalsgemeinschaft“ gewesen, so Günal. Nach dem Urteilsspruch kündigte er Revision an.