Kampf um ParkplätzeWohnzimmer im Freien: Neues Kölner Projekt sorgt für Diskussionen

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Eine Parklücke in der Zwirnerstraße im Kölner Severinsviertel wurde zur kleinen Bibliothek umgebaut.

Köln – Ein Barfußpfad, eine mobile Theaterbühne oder ein Wohnzimmer mitten auf der Straße. Das sind nur Beispiele von den auffälligen Gebilden, die seit dem 11. August im Kölner Severins- und Pantaleonsviertel auf den Straßen zu sehen sind.

Die Aktion „Mut zur Lücke” entstand im Auftrag der Stadt Köln mit dem Bürgerverein AGORA Köln, wie die Stadt in einer Pressemitteilung berichtet. Im ehrenamtlichen Engagement konnten Kölner ihrer Kreativität freien Lauf lassen.

Kölner Verein bebaut Parklücken in der Südstadt: Meinungen darüber sind geteilt

Bei dem Projekt handele es sich um ein experimentelles Modellvorhaben, bei dem die Stadt Köln seit 2017 schwerpunktmäßig in der Altstadt-Süd Verkehrsflächen modellhaft zugunsten des Fuß- und Radverkehrs umwandeln will.

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Doch das Projekt, was doch eigentlich für alle Kölner sein soll, stößt auch auf Kritik. Denn die Gebilde wurden auf Parkplätzen errichtet. Insgesamt sechs Parklücken fallen damit bis zum 31. Oktober weg. Denn so lange soll die Aktion noch dauern.

Unter einem Beitrag des WDR zu diesem Thema auf Facebook erklären einige Kölner ihren Unmut. „Parkplätze waren schon immer Mangelware”, schreibt ein Nutzer.

„Was rauchen die?” Auch Angriff auf die OB: Stimmen zu Kölns Corona-Fußgängerzone

„Der sowieso schon knappe Parkraum, welcher durch Homeoffice noch knapper wird, weil manche Pkw fast gar nicht mehr fahren, wird jetzt umfunktioniert zu Grünoasen? Sorry, da kann man nur den Kopf schütteln”, beschwert sich ein Kölner.

„Ich hätte lieber ein geparktes Auto als sich unterhaltende Menschen vor meinem Fenster”, findet ein weiterer Nutzer.

Projekt „Mut zur Lücke” in Kölner Südstadt soll Anwohner zusammenbringen

Martin Herrndorf, Sprecher von AGORA Köln, kann die Bedenken auch verstehen. „Vereinzelt gibt es Diskussionsstoff, aber man kann immer darüber sprechen", sagt er.

Dem Verein gehe es um die Gestaltung von wohnortsnahen Begegnungsorten für die Nachbarschaft. Deswegen konnten sich die Anwohner auch mit ihren Ideen in das Projekt einbringen.

Also weniger Autoverkehr und mehr Fußgänger und Radfahrer. Die direkten Anwohner der Veedel sehen in einer EXPRESS-Blitzumfrage keine Bedenken.

„Ich finde, das ist eine sehr gute Idee. Ich habe schon länger kein Auto mehr und hoffe, das regt die Menschen zum Nachdenken an”, findet Frau Stachowiak. Sie ist Mitarbeiterin der OGS-Zwirnerstraße, wo ebenfalls eine Parklücke bebaut wurde.

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Die Bebauung einiger Parklücken in der Kölner Südstadt werden stark diskutiert. Diese Sitzgelegenheit entstand vor der Kartäuserkirche.

Simon V. aus dem Veedel: „Das ist eine gute Idee. Ich finde es toll, wenn Parkplätze so auf eine andere Weise genutzt werden. Ich kann aber auch beide Seiten verstehen.”

Michael Mertens: „Ich bin Anwohner, habe aber meinen eigenen Stellplatz. Mich betrifft es also nicht, aber ich habe mir schon gedacht, dass sich manche Anwohner beschweren könnten. Ich finde die Idee aber sehr kreativ. Ich frage mich nur, ob das auch wirklich genutzt wird,” sagt er und spricht dabei über den angelegten Barfußpfad am Trude-Herr-Park auf der Dreikönigenstraße.

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Auf der Dreikönigenstraße am Trude-Herr-Park wurde ein Barfußpfad angelegt.

Zwei Besucherinnen der Parklücke im Martinsfeld im Pantaleonsviertel freuen sich über die Möglichkeit, sich treffen zu können, ohne gleich in einem Café etwas bestellen zu müssen. „Die Gastronomen dürfen wegen Corona auch Parkplätze nutzen und wir dürfen das jetzt ebenfalls.” Sie hoffen, dass solche Plätze bald in der ganzen Stadt zu finden sind.

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Auf einem Parkplatz im Martinsfeld im Pantaleonsviertel entstand das „Martinsplätzchen”.

Weitere Projekte entstanden in Form einer gemütlichen Sitzmöglichkeit an der Kartäuserkirche sowie eine kleine Thaterbühne, die als einziges Bauwerk mobil ist.

Bänke, Beete und Barfußpfad auf Kölner Parkplätzen

Martin Herrndorf erklärt, warum gerade Parkplätze für dieses Projekt am besten geeignet waren: „Hier können alle Regeln eingehalten werden – es gibt genügend Fluchtwege und es wird niemand behindert.”

Außerdem können hier die Corona-Maßnahmen eingehalten werden. „In Zeiten, wo man sich lieber draußen und nicht in geschlossenen Räumen aufhalten sollte, gewinnt unser Projekt einen neuen Stellenwert.”