Paket-ÄrgerKölner Michael erhält „Medizin“ für Männer – jetzt hat er ernste Probleme

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Der Kölner Michael Schramm hat Potenzmittel aus Lettland per Post erhalten, obwohl er die Mittel nie bestellt hatte.

von Adnan Akyüz (aa)

Köln – Diese Paketsendung lässt einen vor Scham rot werden. Dem Kölner Michael Schramm (40) wurden unaufgefordert Potenzmittel und „Medizin“ zur Vergrößerung des männlichen Intimbereiches gesendet. Der Mann aus Köln-Deutz hat jetzt heftige Probleme. Ein Inkassobüro verlangt 285,39 Euro von ihm, obwohl er nie etwas bestellt hatte. Ein Fall für die SoKo-EXPRESS.

Es war an einem Samstag im Februar 2019, als der Postbote ein Paket bei Michael Schramm ablieferte. Der Absender: die Firma „Aliaz Cooperation“ mit Sitz in der lettischen Hauptstadt Riga. „In dem Päckchen waren jeweils eine Dose des Potenzmittels 'Horsepower+' und 'Tentigo' für die Vergrößerung des Intimbereichs. So etwas habe ich aber nie bestellt“, erinnert sich Michael Schramm, der im Sicherheitsdienst tätig ist.

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Das Potenzmittel „Horsepower+“ wurde unaufgefordert an den Kölner Michael Schramm per Post gesendet.

Die Sendung bereitete ihm gleich mehrere Probleme. „Erklären Sie das mal ihrer Freundin. Meine Partnerin, mit der ich zusammenlebe, war echt sauer auf mich. Dabei habe ich diese Mittel überhaupt nicht nötig. Bis heute hat sich noch keine Frau über die Größe meines Freundes beschwert“, sagt der Kölner selbstbewusst.

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Kölner bekommt Potenzmittel: „Kein Lieferschein, keine Bestellbestätigung“

Und was machte er mit den Mitteln? „Ich habe sie in den Müll geworfen“, sagt er. Merkwürdig: In der Sendung war laut Michael Schramm kein Lieferschein. „Ich habe auch vorher keine Bestellbestätigung per Mail oder eine Lieferankündigung, wie das bei Paketen ja heutzutage üblich ist, erhalten.“

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Was er aber über ein Jahr später, am 22. Juli 2020, bekommen hat, ist eine Zahlungsaufforderung von knapp 300 Euro eines Inkassobüros mit dem Namen „Inkassolution“ mit Sitz in Wolfratshausen in Bayern. In dem Brief heißt es, dass er die Rechnung begleichen soll, um eine Vollstreckung und weitere Verfahrenskosten zu vermeiden. Und: „Zeigen Sie Ihren Zahlungswillen, rufen Sie uns an.“

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Der Kölner Michael Schramm hat von einem Inkassobüro einen Brief mit einer Zahlungsaufforderung in Höhe von 285,39 Euro erhalten.

„Da habe ich mir Sorgen gemacht, weil ich gerade dabei bin, aus alten Schulden herauszukommen. Jetzt kommt dieser Mist noch dazu“, so der Kölner. Er rief mehrmals bei dem Inkassobüro an und schrieb Emails, mit dem Hinweis, dass er der Forderung nicht nachkommen werde, da er ja nie etwas bestellt habe.

Kölner bekommt unverlangt Potenzmittel: Ein Fall für die SoKo-EXPRESS

„Ich verlangte auch einen Beleg, der zeigt, dass ich etwas bestellt habe. Es kam aber nie eine Antwort“, erklärt Michael Schramm. Wie die Firma an seine Daten gekommen ist, sei ihm ein Rätsel. Hilfesuchend wandte er sich dann an die SoKo-EXPRESS.

Unsere Recherchen führten zur Verbraucherzentrale. Dort sind die Firma aus Lettland und die Mittel, die sie vertreiben, bekannt. In Baden-Württemberg und Niedersachsen gab es Anfang 2019 identische Fälle. In Stuttgart wurden die Mittel sogar in ein Flüchtlingsheim geschickt. Überall wird ausdrücklich vor der Betrugsmasche gewarnt.

Verbraucherzentrale-Juristin Iwona Husemann: „Grundsätzlich nicht bezahlen“

EXPRESS fragte bei der Juristin Iwona Husemann von der Verbraucherzentrale NRW nach. Sie erklärt: „Verbraucher können unbestellte Waren bedenkenlos vernichten. Sie müssen grundsätzlich nicht bezahlen. Allein die Annahme eines Pakets stellt keinen Kaufvertrag dar. Nach deutschem Recht besitzt Schweigen keinen Erklärungswert. Das wäre sonst und ist, wenn Leute bezahlen, ja ein tolles Geschäftsmodell.“

Die Juristin erklärt weiter: „Auch einen Brief eines Inkassobüros können Verbraucher in so einem Fall ignorieren, wenn sie wollen. Ratsam wäre, dass sie aber mitteilen, dass sie der Forderung nicht nachkommen werden.“

Potenzmittel aus Lettland in mehrere Bundesländer verschickt

Die Juristin vermutet, dass Anfang 2019 „ein großer Schwung“ dieser Mittel, die im Ausland für Cent-Beträge zu erwerben sind, versendet wurden. Daher seien sie auch in anderen Bundesländern aufgetaucht.

Müssen Verbraucher sich Sorgen machen? Die Juristin Husemann sagt: „Erst, wenn ein Mahnbescheid eines Gerichts in einem gelben Umschlag kommt, wird es ernst. Denn dadurch entsteht eine Rechtskraft. Egal, was vorher gewesen ist. Dagegen müssen Verbraucher innerhalb von 14 Tagen beim Amtsgericht Einspruch einlegen.“

Kunden berichten: „Finger weg von diesem Mist“

Übrigens: Im Internet berichten Kunden, die tatsächlich diese Mittel (Horsepower+) bestellt haben, von Enttäuschungen. Ein Kunde sagt: „Ich habe die halbe Packung Pillen aufgefuttert und nichts ist passiert, keinen Millimeter. Hätte ich Pfefferminzpillen gelutscht, dann hätte ich was mit Geschmack gehabt. Also an alle, die das hier lesen, Finger weg von dem Mist. Ist nur Geldverschwendung.“