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Erkannt?Kölner Musik-Original: Meine wilden Anfangsjahre auf der Straße

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Der junge Detlef mit einem Motorrad-Kumpel. Das Foto entstand Mitte der 80er Jahre.

von Markus Krücken (krue)

Köln – Musiker in der Corona-Zeit. Mangels Auftritten haben einige Künstler der Szene nun unfreiwillig Zeit, an die Anfänge zu denken.

Nicht wenige hatten ein ganz anderes Leben vor der Musikkarriere. Zum Beispiel Detlef Vorholt (62). Dem Paveier-Urgestein wurde wirklich nichts geschenkt. Im EXPRESS schildert er erstmals seine wilden Jahre als Taxi Driver.

Und wie er auf der Straße fürs Leben lernte ...

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Detlef Vorholt: So wurde ich Taxifahrer

„Ich war Elektriker im Krankenhaus Kalk, hatte da einen sicheren Job. Bubi, Micky und ich haben immer Musik gemacht. Mit den Colonia Rangers, der Vorläuferband der Paveier, sind wir aber auf die Schnauze gefallen. Aber der Weg zum Profimusiker sollte schon sein. In dieser Zeit, 1981, lernte ich jemanden kennen, der Taxi fuhr“, beginnt er zu erzählen.

Vorholt gefiel, dass man als Taxiunternehmer seine Zeit selbst bestimmen konnte. „Ich brauchte eine Selbständigkeit. Ich setzte mir in den Kopf: Das mache ich auch. Ich wollte direkt ein eigenes Taxi haben. Ich nahm mir drei Wochen Urlaub, habe die Prüfungen durchgezogen. Das Geld für die Konzession kostete 50.000 D-Mark. Mein Vater war Beamter und ich bat ihn, als Bürge zu fungieren. Ich nahm einen Kredit auf.“

Ein alter Mercedes, der schon 600.000 Kilometer auf dem Buckel hatte, war das Vehikel. Und in dem fand sich der 22-Jährige an seinem ersten Tag als Fahrer wieder.

„Am ersten Tag traute ich mich nicht, loszufahren. Ich hatte von Funk und nichts eine Ahnung, war mit 22 Jahren der jüngste Taxiunternehmer. Es war in dieser Nacht Tanz in den Mai. Die Leute fielen mir ins Auto und am Morgen hatte ich 400 Mark auf der Uhr. Da wirst du reich mit, dachte ich.“

Doch Pustekuchen. Schon in der nächsten Nacht gab es keine 50 Kröten. Nach einem halben Jahr zwischen Elektriker-Job am Tag und im Taxi in der Nacht war Vorholt körperlich und psychisch am Ende.

Dann ertappte ihn auch noch sein Chef im Krankenhaus im Taxi und forderte ihn auf, den Nebenjob aufzugeben. Vorholt entschied sich fürs Taxifahren und kündigte. Inzwischen waren die Paveier auch gut im Geschäft.

Detlef Vorholt: Ich studierte im größten Hörsaal der Welt

„Aber die Gagen waren noch nicht hoch. Von den Auftritten konnte ich noch nicht leben“, erinnert er sich, „Nach den Karnevalsauftritten bin ich dann bis zum Morgengrauen gefahren. Und habe die Leute, die vorher noch klatschend vor mir standen, nachts zum Würstchen Willi gebracht. Ich habe unheimlich viel erlebt. Du meinst, du kennt eine Stadt, aber du kennst sie überhaupt nicht. Sie sieht nachts um 2 Uhr anders aus.

Ich bin immer noch dankbar, dass ich das gemacht habe. Ich habe auf der Straße studiert, im größten Hörsaal der Welt. als Taxifahrer musst du innerhalb kürzester Zeit eine Menschenkenntnis entwickeln. Du musst das riechen können, wenn die Tür aufgeht.“

Heute lacht er, wenn er erzählt, was für verschiedene Gestalten er auf dem Rücksitz hatte.

Vorholt erzählt eine irre Anekdote: „Im Lauf der Jahre fährst du alles Mögliche. Vom letzten Gesocks bis zum Adeligen. Es gibt unglaubliche Blender. Einer stieg ins Auto, sah aus wie Graf Koks, mit Seidentuch und Spitzbärtchen. Der stieg am Flughafen ein, schien ein solventer Geschäftsmann zu sein. Er wollte in Richtung Westerwald.“

Statt zu bezahlen, haute der Fahrgast ab

Dann nahm das Unheil seinen Lauf: „Als wir vor dem Haus standen, sagte er: Ach ich habe nur Schecks dabei, ich springe schnell rein und hole das Bargeld. Also wartete ich. Nach sieben Minuten gehe ich raus, will die Türklinke anfassen und was war? Das war nur eine Hausfassade. Dahinter eine Wiese. Der war abgehauen.“

Foto zeigt dreiste Tat: Polizei jagt Betrüger in Bundeswehr-Uniform

Wie der erste Eindruck täuscht, lernte der Fahrer dann kurze Zeit später erneut: „Ein anderer Typ kam mit der letzten Maschine aus Frankfurt abgewrackt aus dem Flughafen. Keiner der Fahrer wollte ihn ins Taxi lassen. Ich nahm ihn mit und er wollte nach Osnabrück. Er sah aus wie ein Penner. Ich fragte nach Vorkasse. Gar kein Problem, sagte der und legte 200 Mark in die Mittelkonsole. Er schlief ein und als wir ankamen, war alles ok. Du kannst dich nie aufs Äußere verlassen.“

Auf einmal spürte ich die Knarre im Nacken

Doch freilich war nicht alles lustig in dieser Zeit. Das Paveier-Original wurde auch bedroht und fürchtete um sein Leben. „Ich hatte ab und an zwei Jungs aus dem Milieu im Taxi und sie hatten diesmal einen Kumpel dabei. Es ging nach Düsseldorf. Den dritten kannte ich nicht. Er sah komisch aus, als habe er Drogen genommen. Auf einmal spürte ich das kalte Metall im Nacken. 'Und haste jetzt Schiss?', fragte er, als er mir die Knarre an den Kopf hielt. In den Sekunden geht dir das ganze Leben durch den Kopf. Die anderen kriegten den Typ nicht in den Griff.“

Vorholt weiß es noch wie heute: „Wir fuhren 120 km/h und ich gab Vollgas und habe den Sicherheitsgurt umgelegt. Ich ging voll in die Eisen, das Auto kam auf der Standspur zu stehen, und die beiden konnten ihn überwältigen. Die beiden Milieu-Jungs legten mir 500 Mark in die Konsole als Entschädigung. Aber da hatte ich tagelang noch mit zu tun.“

Legendär auch die Verfolgungsjagd am Klapperhof, seinerzeit Keimzelle und Epizentrum des Kölner Zockermilieus.

Die Fahrt zur Polizei war umsonst

Vorholt: „Am Hildemer Platz sprang mir ein Typ durchs Fenster aufs Lenkrad und schrie nur: Fahr, gib Gas. Was der verbockt hatte, weiß ich nicht. Er war wohl Zocker und wurde verfolgt. Kurz bevor die Verfolger am Außenspiegel hingen, kamen wir davon und ich brachte ihn zur Polizeiwache am Weidmarkt. Der hatte Todesangst. Ich sagte ihm: 'Die Fahrt war umsonst, ich will mit nix was zu tun haben'. Den sah ich auch nie wieder“.

Weil er von der Musik inzwischen leben konnte, verkaufte er das Taxi 1987. Doch die Zeit hinter dem Steuer, durch die Nacht von Köln wird er nie vergessen, schildert er: „Sie hat mich geprägt und mir für mein weiteres Leben geholfen.“