+++ EILMELDUNG +++ Hausordnung wird geändert Bericht: Bahn mit neuem Verbot in allen Bahnhöfen – in ganz Deutschland

+++ EILMELDUNG +++ Hausordnung wird geändert Bericht: Bahn mit neuem Verbot in allen Bahnhöfen – in ganz Deutschland

„Niemand achtet auf niemanden”Der Kölnberg – Kampf gegen Einsamkeit und Anonymität

Frankenreiter Wohnung

Mit 28 Jahren saß Nikolaus sechs Jahre lang im Knast: Wegen seiner Exfrau kam es zur Schlägerei mit einem anderen,der Kopf des Mannes schlug dabei auf den Bordstein.

von Martin Gätke (mg)

Köln – Bei Nikolaus Frankenreiter (58) wurde eingebrochen, seitdem wohnt er hinter einer zerstörten Wohnungstür. Helfen kann ihm keiner – er sich selbst auch nicht. Wir haben den Kölnberg-Bewohner in seinem Heim besucht.

„Draußen fällt der Regen, als ob die Seele weint. Ich find nicht mehr raus aus dem Labyrinth. Hab ich nur geträumt?“ Das kleine Radio schallt blechern durch die 29-Quadratmeter-Wohnung. Helene Fischer. In ihrem Käfig hinter der Ecke des Sofas knabbert Ratte „Ralle Mäuschen“ an einem Stück Obst. Auf der anderen Seite sitzt Nikolaus Frankenreiter, umgeben vom Qualm seiner Zigarette und den Bildern seines alten Lebens.

Das neue Leben von Frankenreiter ist jetzt neun Jahre alt. Seitdem wohnt der Frührentner im Hochhaus An der Fuhr 8. Wer ihn besuchen will, steht in der 13. Etage vor einer zerstörten Tür: Die Klinke ist herausgebrochen, das Brett steht zwei Finger weit offen. „So wohne ich jetzt seit gut einem halben Jahr“, erklärt er. Eingebrochen. „Die haben mir meine Uhrensammlung gestohlen.“ Wer es gewesen sein könnte, weiß er nicht. Er weiß nur: „Die Hausverwaltung macht nichts.“

Alles zum Thema Helene Fischer

Wie genau die Hausverwaltung heißt, kann er aber nicht sagen. Und auch, ob die Nachbarn etwas gehört haben, weiß er nicht. „Mit denen hab’ ich nichts zu tun. Will ich auch nicht. Hier macht jeder sein eigenes Ding.“ Am Ende scheint es, dass er sich einfach mit seiner Tür und seinem Schicksal abgefunden hat. Offenbar ist neben dem Schloss auch der Mut verloren gegangen.

Serie: Die Menschen vom Kölnberg

Der Kölnberg – ein Stadtteil mit einem schaurigen Ruf. Gewaltverbrechen, blühender Drogenhandel, Prostitution: Themen wie diese beherrschen die Nachrichten aus Meschenich. Trauriger Höhepunkt: Eine Leiche, die von einem Balkon geworfen wurde.

Aber: In den Hochhäusern leben über 4000 Menschen aus 60 Nationen. Menschen, die hier zu Hause sind, die hier ihre Heimat gefunden haben, die sich täglich um ein würdevolles Leben bemühen. EXPRESS war vor Ort: bei den Menschen vom Kölnberg.

Frankenreiter zündet sich die nächste Zigarette an. Er redet lieber über sein altes Leben vor dem Kölnberg. In dem war er Gärtner, sagt er. Seit seinem 18. Lebensjahr hat er Unkraut entfernt, auch auf dem Melatenfriedhof. Später bildete er selbst Gärtner aus. Dann ging sein Knie kaputt. Seine Wohnung in Alt-Meschenich musste er aufgeben. Der Kölnberg – für ihn die einzig bezahlbare Alternative.

Zehn Jahre später saß Nikolaus, der als Kind mit seiner Familie umhergezogen ist, um selbstgemachte Körbe zu verkaufen, im Knast. Wegen seiner Exfrau prügelte er sich, sein Gegenüber knallte mit dem Kopf auf den Bordstein. Der Mann starb, Nikolaus wurde wegen Totschlags verurteilt. Sechs Jahre verbrachte er hinter Gittern. Seitdem ist er immer im Kölnberg geblieben.

„Ich wohne hier bis ich sterbe”

„Reinkommen ist leicht, rauskommen schwer”, sagt Nikolaus über den Kölnberg. „Jetzt werde ich hier wohl wohnen bleiben, bis ich sterbe. Auch wenn ich mir wünschte, wieder Gärtner zu sein.“

Auf einem der Bilder an der Wand ist Frankenreiter mit einem Jungen zu sehen. „Das ist mein Sohn“, erklärt er. „Den hab ich seit fünf Jahren nicht mehr gesehen.“ Er überlegt kurz. . „Müsste jetzt 29 sein. Zuletzt hab ich ihm geholfen, sein Haus zu bauen. Aber er hat keine Lust, mich hier zu besuchen.“

Das könnte Sie auch interessieren: