Wenn Bernd P. an das denkt, was seiner Freundin passiert ist, wird dem Arzt aus Köln übel. Diese ist Lehrerin und steht kurz vor der Verbeamtung. Dafür musste sie die routinemäßige, amtsärztliche Untersuchung im Kölner Gesundheitsamt über sich ergehen lassen. 

Statt als Frau wie üblich von einer Ärztin untersucht zu werden, sei sie allerdings an einen Arzt geraten. Und der soll sie aufgefordert haben, ihren BH auszuziehen. 

Kölner Gesundheitsamt: Lehrerin von Arzt hinter Trennwand untersucht

„Im Vorhinein wurde uns bereits von einem Arzt dort berichtet, bei dem sich die jungen Damen oben ohne ‚frei machen‘ müssten“, berichtet Bernd P., der in einem Schreiben an die Stadt seinem Ärger Luft macht. Bei den anderen dort arbeitenden Kollegen würde die Frauen ihren BH hingegen anbehalten dürfen.

„Ich habe das als Witz abgetan – nicht in Zeiten von MeToo, nicht in Zeiten von Gleichberechtigung und starken Frauen“, erklärt er. 

Nun habe seine Freundin ihm berichtet, dass aber genau das bei ihrer Untersuchung am Donnerstag (6. Oktober 2022) passiert sei. Zwar war neben dem Arzt noch eine Kollegin anwesend, diese sei aber bei der Untersuchung hinter einer Trennwand nicht dabei gewesen. 

Nackter Oberkörper nötig? Kölner Arzt mit wütenden Fragen an die Stadt

„Ist es nötig, dass junge Frauen zu Beginn der Untersuchung ihren BH ausziehen müssen, um mit gänzlich nacktem Oberkörper untersucht werden zu können?“, fragt Bernd P. wütend. Auch, ob es Einfluss auf die Untersuchung des Unterleibes habe, wenn der BH getragen wird oder ob es wirklich nötig ist, beim Gleichgewichtstest  (Stehen auf der Stelle mit geschlossenen Augen) nackt sein zu müssen?

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Er arbeitet selbst als Arzt in einem Kölner Krankenhaus. Bernd P.: „Ich kann sagen: Keine dieser Untersuchungen erfordert einen gänzlich entblößten Oberkörper einer jungen Frau.“ In seinen Augen missbraucht ein Mann seine Rolle in einem fraglichen Abhängigkeitsverhältnis.

„Keine der dort zu Untersuchenden weiß, was wirklich nötig ist, keine der Frauen wird widersprechen, um ihre Verbeamtung nicht zu gefährden“, erklärt er und verlangt von der Stadt eine Aufklärung dieser Vorkommnisse.

Untersuchung mit nacktem Oberkörper: Das sagt die Stadt Köln

EXPRESS.de bat die Stadt um Stellungnahme. „Die Untersuchung ist einzelfallbezogen und abhängig von der angestrebten Tätigkeit. Je nachdem, werden mögliche Fehlstellungen der Wirbelsäule mit besonderer Aufmerksamkeit begutachtet“, so eine Sprecherin.

Grundsätzlich sei es so, dass Klientinnen von Fachärztinnen und Klienten von Fachärzten untersucht werden. 

In dem Fall seien mit dem Facharzt und der hospitierenden Fachärztin bereits Gespräche geführt worden. Die Sprecherin: „Das Gesundheitsamt wird es zum Anlass nehmen, das vorgebrachte Unbehagen neu zu bewerten. Es handelt sich hierbei um die erste Beschwerde seit Jahren, dennoch nehmen wir diese sehr ernst.“

Angehende Beamtinnen und Beamte müssen sich vor ihrer endgültigen Verbeamtung zur Feststellung ihrer gesundheitlichen Eignung untersuchen lassen. Neben dem Ausfüllen eines Fragebogens, unter anderem zur Krankengeschichte oder des Nikotin- oder Alkoholkonsums, erfolgt ein Check der körperlichen Verfassung.