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Urkölsche JungMann am Fensterbrett gehört zum Veedels-Inventar – das ist Herberts Geschichte

Herbert Niemeyer lehnt sich aus seinem Fenster und schaut in die Kamera.

Herbert Niemeyer, 76, an seinem Fens­ter­platz im Wohn­zim­mer. Er schaut lieber raus statt fern. Und ist lieber drin als draußen.

Er gehört in der Riehler Boltensternstraße schon fast zum Inventar: Herbert, Kiebitz genannt, steht am liebsten an seinem Fenster und schaut heraus – und das schon Jahrzehnte lang.

von Philipp Meckert (pm)

Viele Menschen sind oft in Eile, meistens online, gefühlt ständig unter Strom. Da fällt es auf, wenn ein Mann einfach nur aus dem Fenster schaut. Ruhig, freundlich, gemütlich auf ein Kissen gestützt.

Jeden Morgen, Tag für Tag, Monat für Monat, Jahr für Jahr. EXPRESS.de war neugierig: Wer ist dieser bär(t)ige Typ von der Boltensternstraße?

Urkölscher Herbert am Fensterbrett erzählt seine Geschichte

Auf jeden Fall ein urkölscher Jung. Das hört jeder, der da bei ihm am Fensterbrett steht. Und da es solche Typen wie Herbert, so sein Name, natürlich nur in Kölle jitt, bilden wir die Zitate des 76-Jährigen natürlich auch in dessen originalem kölschen Singsang ab. „Jebore bin ich in Ihrefeld in der Takustraße 49, zweite Stock. Ävver in Riehl bin ich groß jeworde“, erzählt er.

„Minge Vater war bei der Post, ich war Jerüstbauer. Drießig Johr, davon sind minge janze Knochen kapott. Guckens he“, sagt er und zeigt seine breiten, krummen Handgelenke, die übersät sind von Tätowierungen.

„Die han ich von üverallher. Ich war vill auf Montage, dat schlimmste war Hamburg. Jeden Tag haben wir zehn Stunde am Freihafen jearbeitet, und dann ab auf die Reeperbahn. Ohweioweiowei!“ Okay, verstanden.

Kölner Herbert: Einst im Milieu, heute hilfsbereit im Veedel

Irgendwann wurde der alte Boxer, der sich im Dunstkreis von Milieugrößen wie Schäfers Nas’ durch Kneipen prügelte („Dat war früher so. Wenn de usjejange bist und häst dich nich jeschlaje, dann war dat nix“) und dafür mehrmals in die JVA wanderte, sesshaft.

Aber warum schaut er so gerne raus – und nicht fern oder mal in einer Kneipe vorbei? „Dat bringt’s sich ja mit sich, wenn die Lück ‚Morgen!‘ sagen. Dann kumme mer ins Jespräch. Da sin viele Frauen, die frajen mich immer, ob die för mich ein bisschen mit einkaufen sollen. Und die machen dat och.“

Aber er bietet dafür ebenso Hilfe an: „Ich bin he de Paketdienst vom Hus, wenn die Lück arbeite sin. Mache ich jerne.“ Plaudern, die Weltlage diskutieren, Freude oder Kummer der Nachbarschaft teilen, dazu der berühmte Klaaf aus dem Veedel und mit Seniorinnen und Senioren von den Riehler Heimstätten gegenüber – da lebt der „Kiebitz“, so Herberts Spitzname, richtig auf.

Mit einem freundlichen „Hallo!“ kommt auch eine nette Nachbarin mit Hund vorbei. Sofort greift er zur Seite und steckt der kleinen Fellnase Leckerchen zu. „Manche vermissen mich schon, wenn ich mal nit an de Fenster lieje“, schmunzelt er. „Wie der Hungk he. Die bliebe ston und gucke, wo ich ben.“

Köln: „Kiebitz“ Herbert wurde einst zum Lebensretter

Er sei nun mal gerne alleine in der Wohnung, mit seinem „verdötschten Papagei Amadeus“, der ihn immer so gerne auslache, erzählt Herbert. Fernsehen findet er langweilig. „Ich könnt ja do in die Kneipe jonn, immer wenn de FC spielt, ävver da han ich keinen Bock drop. Da sin 30 Mann drin und dat sind allet Trainer. Da rege ich mich op!“

Deshalb schaut er lieber aus dem Fenster – und das, wie er erzählt, schon seit rund 20 Jahren. Gut, dass er 2014 aber doch mal vor der Tür war, am nahe gelegenen Rheinufer. Dort rettete er mit anderen Augenzeugen eine junge Frau, die sich samt Baby ertränken wollte.

Vom Polizeipräsidenten und der NRW-Ministerpräsidentin gab’s dafür eine öffentliche Belobigung. Ach so – und was hat es noch mit dem Spitznamen „Kiebitz“ auf sich? „So heiße ich ming Levve lang. Wie der lustige Vogel. Weil ich so vürwitzich bin.“