Kölner HasspredigerAmtsgericht schließt Strafakte, der Grund ist kurios

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Der frühere Kölner Ibrahim Abou-Nagie

Köln – Die Kölner Justiz hat das letzte Kapitel um den als Hassprediger bekannt gewordenen Salafistenführer Ibrahim Abou-Nagie abgeschlossen. Auf Antrag von Oberstaatsanwalt Ulf Willuhn wurde ein Verfahren um üble Nachrede und Verleumdung eingestellt; Abou-Nagie soll eine Mitarbeiterin des Kölner Ausländeramtes diffamiert haben.

Ladung zum Gerichtstermin mit langem Vorlauf

Abou-Nagie, der die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, soll sich in den Vereinigten Arabischen Emiraten aufhalten, weshalb sich das Amtsgericht an das dortige Konsulat gewandt hatte. Die Ladung zum geplanten Gerichtstermin am 1. September wurde mit Vorlauf von zehn Monaten versandt. Das Konsulat in Abu Dhabi teilte mit, das Rechtshilfegesuch aufgrund der Corona-Lage nicht fristgemäß durchführen zu können.

Das Kölner Verfahren wurde aber bereits einige Tage zuvor im Hinblick auf eine frühere Verurteilung eingestellt. Dies sei sachgemäß, sagt Abou-Nagies Verteidiger Mutlu Günal. „Im aktuellen Fall drohte ohnehin die Verjährung“, so Oberstaatsanwalt Ulf Willuhn zum „Kölner Stadt-Anzeiger“. Hätte die Ladung Abou-Nagie rechtzeitig erreicht, hätte die Justiz bei Nichterscheinen des Angeklagten ein Urteil per Strafbefehl aussprechen können.

Abou-Nagie soll städtische Mitarbeiterin diffamiert haben  

Konkret wurde Abou-Nagie vorgeworfen, vor knapp vier Jahren ein Internet-Video verbreitet zu haben, in dem er eine Mitarbeiterin des Ausländeramtes als „Islamhasserin“ betitelt haben soll. Laut Anklageschrift soll Abou-Nagie in dem Video die drohende Abschiebung eines Mannes nach Tschetschenien scharf kritisiert und dabei Lügen verbreitet haben.

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Dem Tschetschenen, der sich zu diesem Zeitpunkt tatsächlich in Abschiebehaft befunden hatte, sei von Seiten des Ausländeramtes Asyl in Aussicht gestellt worden, sollte sich dieser vom „Lies!“-Projekt distanzieren; die von Abou-Nagies Vereinigung „Die wahre Religion“ organisierte Koran-Verteilaktion war die größte Werbeaktion von Salafisten in Deutschland, bis zu einem Verbot Ende 2016. 

Nach der Video-Botschaft soll die Mitarbeiterin des Ausländeramtes von Anhängern der Salafisten-Szene massiv bedroht worden sein, sodass an ihrem Arbeitsplatz Sicherungsmaßnahmen ergriffen werden mussten. 

Haftstrafe von 13 Monaten auf Bewährung wegen Betrugs

Im Februar 2016 hatte Abou-Nagie vom Kölner Amtsgericht Haftstrafe von 13 Monaten auf Bewährung wegen gewerbsmäßigen Betrugs erhalten; er hatte für sich und seine Familie zu Unrecht Hartz-IV-Leistungen in Höhe von 53.000 Euro bezogen, da er auf Einnahmen aus seiner Vereinigung zurückgreifen konnte.

Das Landgericht Köln hatte das Urteil im Juli des Jahres 2017 bestätigt, zwischenzeitlich wurde es rechtskräftig; dies gab Staatsanwaltschaft und Amtsgericht die Möglichkeit, den aktuellen Fall einzustellen, da laut Justiz eine Verurteilung in einer Gesamtstrafe nicht beträchtlich ins Gewicht gefallen wäre.