Geheim-DealStadt Köln will Fort X loswerden – und hat jecken Interessenten

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Das denkmalgeschützte Fort X am Neusser Wall gammelt vor sich hin.

von Chris Merting (mert)

Köln – Im Kölner Rathaus wird hinter verschlossenen Türen ein spektakulären Deal eingefädelt. Die Stadt möchte ihre runtergekommene, historische Festungsanlage Fort X loswerden.

  • Stadt Köln möchte historische Festungsanlage loswerden
  • Interessent für Fort X ist bekannt
  • Festung am Neusser Wall ist marode

Die Verwaltung hat sich einen Abnehmer ausgeguckt: Die Nippeser Bürgerwehr soll ins Fort einrücken. Und die Karnevalisten haben große Pläne für die komplette Anlage am Neusser Wall 33.

Fort X in Köln:  Festungsanlage in schlechtem Zustand

Die Stadt ist mit dem historischen Erbe der Preußen nicht gut umgegangen: Die denkmalgeschützte Festungsanlage befindet sich inzwischen „in einem sehr schlechten baulichen und teilweise nur noch bedingt verkehrssicheren Zustand“, lautet der aktuelle Befund der Fachverwaltung.

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Vereinzelt werden Räume von Vereinen wie den „Ratsbläsern“ und von Pfadfindergruppen gemietet und genutzt. Damit der Kasten über ihnen nicht zusammenkracht, müsste dringend saniert werden. Allein für Dach, Fassaden, Fenster und Treppen hat die Stadt bereits 2018 Kosten in Höhe von 4,4 Millionen Euro berechnet. Hinzu kämen Kosten, um veraltete Wasser- und Stromleitungen sowie einen eingebrochenen Kanal auf den neusten Stand zu bringen.

Fort X in Köln: Nippeser Bürgerwehr hat Interesse

Fazit: „Die Sanierung des Forts ist für die Stadt wirtschaftlich nicht darstellbar.“ So heißt es in für Ratspolitiker bestimmte Sitzungsunterlagen. In denen wird für den nicht öffentlichen Teil folgender Deal vorgeschlagen: Die Nippeser Bürgerwehr soll die gesamte Anlage per Erbbaurechtsvertrag übernehmen.

Die Karnevalsgesellschaft hat großes Interesse und noch größere Pläne: Die Bürgerwehr will das gesamte, 2400 Quadratmeter große Ensemble nicht nur für Jecke wiederbeleben, sondern nach und nach zu einem Event- und Treffpunkt für alle Bürger im Norden von Köln ausbauen.

Fort X in Köln: Gastronomie, Bürgertreff, Veranstaltungen möglich

In ihrem Nutzungskonzept umreißt die Bürgerwehr die Möglichkeiten: Räume für weitere Karnevalsgesellschaften, Bürgerbüro und Treff für alle, Gastronomie – auch Außen, Veranstaltungsräume für andere Vereine als Mieter, Nutzung der Außenfläche mit Bühne für Konzerte und Theater, historischer Raum für Trauungen.

„Weiter denkbar ist, jahresabhängig diverse »Märkte« anzubieten - zum Beispiel einen Weihnachtsmarkt“, heißt es dort weiter. Und natürlich karnevalistische Events: Genannt werden etwa der Fackelzug der Bürgerwehr am 11.11, eine gemeinsame Nubbelverbrennung für den Kölner Norden und eine Kulisse für den Zapfenstreich der „Apfelsinenfunken“.

Die Politiker werden erstmals im Liegenschaftsausschusses des Rates am 19. April darüber beraten und möglicherweise abstimmen – im nicht öffentlichen Teil.

Fort X in Köln: Teil des preußischen Festungsrings

Das Fort X als Teil des preußischen Kölner Festungsrings wurde zwischen 1819 und 1825 errichtet. Die Anlage gehört zu den ursprünglich elf um das linksrheinische Köln angelegten Forts. Sie waren als Verstärkung der Stadtverteidigungsanlagen (Stadtmauer) gedacht. 1825 besuchte der Preußen-König die Stadt, Fort X hieß nun „Prinz Wilhelm von Preußen“.

Nach dem Ersten Weltkrieg sah der Friedensvertrag von Versailles von 1919 eigentlich die Schleifung aller Festungen bis 50 km östlich des Rheins vor. Bereits im Jahre 1912 wurde das Fort X aber zweckentfremdet genutzt und Wohnungen hierin eingerichtet. Das Ensemble wurde von der Sprengung verschont.

Später wurde dort ein Rosengarten eingerichtet, was maßgeblich auf den Rosenliebhaber und damaligem Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer zurückging. 1930 wurde im Reduit ein Büro des städtischen Gartenamtes eingerichtet, 1939 nutzte es die SS als Kameradschaftshaus. Fort X erhielt im Zweiten Weltkrieg zwei Volltreffer. Der Keller war Luftschutzraum. Nach Ende des Krieges wurde das Fort X durch ausgebombte Familien bewohnt.

Heute werden einzelne Räume von einigen Vereinen gemietet und genutzt. Aber der Bau ist völlig marode.