Köln setzt ZeichenAm Dom heulten die Sirenen – viel Musik und deutliche Worte am Heumarkt

Hendrik Wüst sprach auf dem Roncalli-Platz zum Jahrestag des Ukraine-Krieges.

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst sprach bei der Kundgebung am 24. Februar 2023 im Schatten des Doms.

Am Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine traten viele bekannte Bands am Heumarkt bei einem Benefizkonzert auf. Zudem fand eine Demo mit anschließender Kundgebung am Dom statt.

von Marcel Schwamborn (msw)

Vor wenigen Tage schunkelten noch die Jecken beim Karneval bunt kostümiert in der Kölner Innenstadt. Am Freitag (24. Februar 2023) zeigte sich die Innenstadt wesentlich ernster – auch wenn wieder kölsche Töne auf dem Heumarkt erklangen.

Um kurz nach 19 Uhr heulten am Dom die Sirenen. Es waren Sirenen, die in der Ukraine seit einem Jahr zu hören sind, wenn russische Angriffe stattfinden. Rund 3000 Menschen hielten kurz den Atem an. Viele hatten blau-gelbe Fahnen um sich gewickelt. 

Köln: Rund 3000 Menschen bei Kundgebung auf Roncalliplatz

Ein Jahr nach dem Einmarsch der russischen Armee in die Ukraine fanden gleich zwei große Veranstaltungen unter dem Motto „Köln ist solidarisch“ statt. Der deutsch-ukrainische Hilfsverein „Blau-Gelbes Kreuz“ hatte zur Kundgebung auf den Roncalliplatz eingeladen. Fast zeitgleich fand am Heumarkt ein Benefizkonzert statt.

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Viele kölsche Größen wie die Paveier, die Bläck Fööss, Stephan Brings, Jürgen Zeltinger oder Björn Heuser hatten spontan ihre Teilnahme zugesagt. Am Jahrestag des russischen Terrors war auch viel Raum für ukrainische Klänge und mahnende Worte. Kristine Shon sang ihren ersten Titel kniend, im Gedenken an die Opfer des Krieges. „Seit 2014 sterben bereits Menschen für ihr Land. Sie sind unsere Helden und verteidigen das Land mit dem Preis des eigenen Lebens“, sagte sie.

Die Paveier beim Benefizkonzert auf dem Heumarkt.

Die Paveier waren im strömenden Regen auch beim Benefizkonzert auf dem Heumarkt dabei. Leider hatte sich der Platz zu der Zeit schon sehr geleert.

Kanzler-Enkel Konrad Adenauer wählte bei seiner Ansprache deutliche Worte und erteilte dem von Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht (53) und Alice Schwarzer (80) initiierten „Manifest für den Frieden“ eine deutliche Absage.

„Wer das unterzeichnet, hat wohl beim Geschichtsunterricht nicht zugehört. Putin steht in einer Linie mit Stalin, Lenin und Hitler. Er ist ein Staatsverbrecher und Mörder. Putin ist der Inbegriff der Lüge“, sagte der 78-jährige Präsident vom Haus- und Grundbesitzerverein.

Auch Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker (66) erteilte am Dom Forderungen an Friedensgesprächen mit Russland eine klare Absage. „Allen denen, die Sorge davor haben, dass Waffenlieferungen den Krieg verlängern, denen sagen wir ganz deutlich: Es ist die einzige und es ist die richtige Möglichkeit. Es steht uns nicht zu, zu bestimmen, wann Verhandlungen begonnen werden. Verhandlungspartner, denen man nicht vertrauen kann, sind keine guten Verhandlungspartner.“

Blick auf den Roncalliplatz bei der Großdemo.

Auf dem Roncalliplatz waren rund 3000 Menschen dem Aufruf zur Großdemo zum Jahrestag des Ukraine-Kriegs gefolgt.

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (47) zeigte sich beeindruckt von der großen Resonanz der Kundgebung. „Seit einem Jahr ist die Welt eine andere. Dieses Zeichen ruft den Menschen zu: Wir sehen euer Leid, wir haben euch nicht vergessen, wir stehen an eurer Seite.“ Der CDU-Politiker blickte bereits in die Zukunft: „Diese Gräueltaten müssen eines Tages vor ein Gericht. Sie müssen bestraft werden.“

Henriette Reker sprach auf dem Roncalliplatz bei der Großdemo.

Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker richtete sich in ihrer Ansprache deutlich gegen Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht.

Wüst weiter: „Putin hat den Widerstandswillen der Ukraine unterschätzt, er hat auch den Westen unterschätzt. Die Ukraine hat ihren Stolz nicht verloren.“ Das Land könne sich auf NRW verlassen: „Heute erneuern wir hier in Köln unsere Zusage, unser Versprechen: Wer vor Putins Krieg flieht, ist bei uns in Nordrhein-Westfalen herzlich willkommen.“

Reker sagte zu den überwiegend ukrainischen Zuschauerinnen und Zuschauern: „Solange wir zusammenhalten, kann Putin den Krieg nicht gewinnen. Das muss das Ziel sein.“ Die Menschen skandierten im Schatten des Doms: „Gemeinsam für den Frieden und gegen Diktatur“.

Mit dem widrigen, nasskalten Wetter hatten auch die Organisatoren am Heumarkt zu kämpfen. Als die Paveier nach 20 Uhr endlich „Heimat es“ anstimmten, hatte sich die Fläche schon mächtig geleert. Am Nachmittag war auch die U15/U16-Mannschaft von Dynamo Kyjiw auf Einladung des 1. FC Köln dabei. „Es ist unerträglich, dass wir schon seit einem Jahr diesen Krieg haben. Die humanitäre Not ist immens“, sagte Pia Günther von der FC-Stiftung.

Die ukrainische Sängerin Kristine Shon eröffnete das Konzert.

Die ukrainische Sängerin Kristine Shon eröffnete das Benefizkonzert und dankte dem Organisationsteam für die Unterstützung.

Chorleiter Michael Kokott (62) trat mit den Lucky Kids und später auch noch mit dem Jugendchor St. Stephan auf. „Die Kinder kannten den Begriff Krieg bis vor einem Jahr nur aus Geschichtsbüchern“, sagte er. Als sein Chor dann „Unsere Stammbaum“ von den Bläck Fööss anstimmte, hatten viele Gänsehaut.

Der Verein „Kunst hilft heben“, der das fünfstündige Programm organisiert hatte, sammelte vor Ort Spenden, die Unternehmer Erich Bethe (82) verdoppelte. Dass in der Ukraine vor allem Nachtsichtgeräte benötigt werden, berichtete Sängerin Mariana Sadovska (50). „Wir kämpfen für die freie Zukunft. Ich bin so stolz, in diesem Staat zu leben und dankbar, dass meine kölsche Familie zusammensteht und alle Freunde in der Ukraine unterstützt.“