Früher Torwart in NippesKölner Urgestein gibt Bühnen-Comeback: „Ich spiele einen Verlierer“

Portrait von Gerd Köster.

Mul­ti­ta­lent Gerd Köster steht am 11. März wieder auf der Bühne bei der Premiere von „Au­to­ma­ten­büf­fet“.

Gerd Köster ist in der Kölner Kulturszene seit Jahrzehnten nicht mehr wegzudenken. Nun hat er im EXPRESS.de-Interview über die Vergangenheit, seine Beziehung zu Stadt und seine neuen Projekte gesprochen.

von Christof Ernst (che)

Er passt in keine Schublade: Gerd Köster (65) ist Sänger, Autor, Komponist, Hörbuch-Sprecher, Poet und vor allem Durch-und-durch-Kölner. Jetzt hat er ein weiteres Talent neu aktiviert.

Köster, der 1999 am Schauspiel Köln mit „Hedwig And The Angry Inch“ Triumphe feierte, steht wieder als Schauspieler auf der Bühne: Am Samstag (11. März) hat „Automatenbüffet“ in der Volksbühne Premiere.

Kölner Urgestein Gerd Köster im EXPRESS.de-Interview

EXPRESS.de: Gerd, was sind die Gründe für das Comeback?

Alles zum Thema Musik

Gerd Köster: Mich hat die Idee überzeugt. Das ist eine Gemeinschaftsproduktion vom „Verein Freie Volksbühne“, dem Bauturm-Theater und der Volksbühne. Es geht darum, das Volkstheater wiederzubeleben. Dabei sind allerdings nicht Schwänke à la Millowitsch gemeint.

Das Stück ist von 1932. Worum geht's?

Köster: Das Automatenbüffet ist eine Erfindung von damals. Man konnte aus dem Gerät Wurst mit Brötchen, aber auch ein frisch gezapftes Bier ziehen. Ein Anglerverein und der Stadtrat des fiktiven Städtchens Seebrücken treffen sich in dem Lokal. Eine junge Frau, die Selbstmord begehen will, wird vom Betreiber des Automatenbüffets gerettet, und dann gibt es Gemaggel und Geklüngel – quasi wie im Gürzenich auf der Herrentoilette. Ich spiele einen Verlierer, der ständig gehänselt wird, aber eigentlich ein ganz kluger Kopf ist.

Und Sie singen auch, oder?

Köster: Genau, denn ursprünglich ist das ein Stück ohne Musik. Aber die Regisseurin Susanne Schmelcher wollte einige Köster/Hocker-Songs einbauen, wie zum Beispiel „Sackjeseech“. Wahrscheinlich hat sie sich als Nicht-Kölnerin unter Schmerzen in unseren Lieder-Fundus reingehört und dann die Stücke ausgesucht. Außerdem ist Buddy Sacher, der legendäre Gitarrist von „Ars Vitalis“, als Musiker mit an Bord. Wenn es nur darum gegangen wäre, dass der Köster mit auf dem Plakat steht, hätte ich das nicht gemacht. Aber die Songs sind in das Stück integriert. Die Mitspieler, wie zum Beispiel Susanne Pätzold, singen ebenfalls – wenn auch unter Schmerzen (lacht). Denn außer Susanne sind keine echten Kölner dabei.

EX­PRESS-Re­por­ter Christof Ernst (l.) und Gerd Köster beim In­ter­view.

EX­PRESS-Re­por­ter Christof Ernst (l.) trifft den ge­bür­ti­gen Nippeser Gerd Köster zum In­ter­view.

Ähnlich wie beim aktuellen Musical „Himmel & Kölle“...

Köster: Richtig. Und ausgerechnet der einzige Kölner, Mark Weigel, spielt in „Himmel & Kölle“ einen sächsisch-sprechenden Taxifahrer. Dennoch ist das Musical eine tolle Sache. Ich habe kein Problem damit, wenn nicht jeder Ton echt kölsch klingt. Es gibt viele junge Kölner Bands, deren Kölsch sicher auch nicht deren Alltagssprache ist. Ich finde es dennoch positiv und charmant, wenn sich Nicht-Kölner der Mundart zuwenden.

Sie und Tommy Engel gelten als Experten des echten Kölsch. Welches Wort wird denn am meisten falsch gesprochen?

Köster: Das ist sicher „arbigge“. Streng genommen sagt das eher die Landbevölkerung rund um Köln, wenn es um „arbeiten“ geht. In der Stadt selbst sagt man „arbeide“. Tommy kann sich richtig darüber aufregen, wenn das einer falsch ausspricht. Ich sehe das eher gelassen.

Gerd Köster zu seinen Texten: „Welcher Blödmann hat denn das geschrieben?“

Was lernen Sie leichter: Song- oder Theatertexte?

Köster: Die Theatertexte lerne ich ganz gut, da bin ich etwa im Mittelfeld, was die Schnelligkeit angeht. Dagegen tu ich mich ausgerechnet bei einigen meiner eigenen Songs etwas schwerer. Da denke ich manchmal: Welcher Blödmann hat denn das geschrieben?

Anderes Thema: Vor kurzem sind Sie 65 geworden. War’s schlimm?

Köster: Nö, ich habe das zur Kenntnis genommen. Es gibt ja nur zwei Optionen: Entweder man stirbt oder man wird älter. Weitere Möglichkeiten sind nicht vorgesehen. Im Gegensatz zu manch anderem sage ich jetzt auch nicht: „Super! 65! Ich habe die Rente durch.“ Nein, solange es nicht peinlich wird, habe ich noch Lust, etwas zu machen. Ich will und werde weiterhin in verschiedenen Bereichen künstlerisch tätig sein.

Gibt’s musikalisch was Neues?

Köster: Ich arbeite mit Frank Hocker, mit dem ich seit über 40 Jahren zusammenarbeite, an neuen Songs. Aber das kommende Programm wird auch Lieder enthalten, die wir noch nie live gespielt haben. Der Titel des Programms ist übrigens „Stabil nervös“. Und das werden Frank und ich so lange machen, bis wir stabil unter der Erde sind.

Köln: Gerd Köster spricht über seine Cousine Gaby

Werden Sie eigentlich oft auf Ihre Cousine Gaby Köster angesprochen?

Köster: Früher war das viel häufiger der Fall, Anfang der 2000er Jahre, als Gabys Karriere so richtig durch die Decke ging. Da haben Leute oft zu mir gesagt: „Hey, Gerd, wie jeit et dinger Schwester.“

Sie haben mit ihr in den 1980er Jahren in der Kneipe „Out“ hinterm Tresen gestanden. Wie war das?

Köster: Auf jeden Fall spannend. Seit der Zeit weiß ich: Ich habe durchaus das Talent zum Wirt. Allein: Es fehlt mir am passenden Nervenkostüm. Meine Söhne Florian und Johnny haben später auch in Kneipen gearbeitet. Ich sagte denen: „Macht das, denn das ist eine gute Schule. Aber macht es nicht zu lange und seht zu, dass ihr wieder den Absprung schafft.“ Denn das ist ähnlich wie der Job als Regie-Assistent.

Wieso das?

Köster: Du lernst alle Bereiche kennen, kriegst mit allen Krach und versöhnst dich wieder. Du lernst zwar, wie Theater funktioniert. Aber wenn du das zu lange machst, kommst du da nicht mehr raus.

Kölner Gerd Köster: „Mit Impfgegnern rede ich nicht mehr“

Sie sind geimpft und geboostert. Wie gehen Sie mit Impfgegnern um?

Köster: Es gibt drei Menschen in meiner Bekanntschaft, die so denken. Ich mag die, das sind keine doofen Leute. Aber ihr Denken finde ich asozial, denn sie schädigen damit ihren Mitmenschen. Deshalb habe ich für mich beschlossen, mit denen nicht mehr zu reden. Vielleicht renkt sich das mal wieder ein. Ich weiß es nicht.

Sie haben fast ausschließlich in Köln gelebt. War die Stadt immer gut zu Ihnen?

Köster: Da fehlt mir der Vergleich, weil ich nie länger an einem anderen Ort war. Es gab und gibt sicher auch vieles nicht so Schöne hier. Aber ich habe mit Köln meinen Frieden geschlossen. Bei allem Driss ist die Stadt schon in Ordnung. Ich wohne seit 37 Jahren mit meiner Frau in der Südstadt. Und selbst sie, die eigentlich Berlinerin ist, hat hier Wurzeln geschlagen. An der Aachener Straße, wo wir gerade sitzen, möchte ich allerdings nicht so gerne wohnen. Aber in meinem Veedel kann ich’s schon sehr gut aushalten.

Gerd Köster: Vom Torwart in Nippes zum Rock-Star

Köln pur: Gerd Köster, geboren am 5. Januar 1957, wuchs in Nippes auf. Wenn es nach dem Vater gegangen wäre, hätte er Karriere als Fußballprofi gemacht, aber für den jungen Gerd war nach zehn Jahren als Torwart bei Grün-Weiß Nippes Schluss.

Nach Abi und Zivildienst wurde die Musik zum Lebensmittelpunkt: Auf die „Schroeder Roadshow“ folgte „The Piano Has Been Drinking“ und die heute noch andauernde Kreativ-Kooperation mit Ausnahmegitarrist Frank Hocker. Ende der 1990er Jahre stand Köster in der Ära Günter Krämer/Torsten Fischer mehrmals bei Produktionen des Kölner Schauspiels auf der Bühne. Köster ist seit 37 Jahren verheiratet und hat zwei Söhne.