Daten zum CoronavirusEinige haben den Ernst der Lage nicht verstanden

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Abholung einer Patientin von einem Altenheim in Köln-Weidenpesch.

Köln – Die Corona-Krise fordert uns alle. Diverse Experten haben in ihren Gutachten die vorliegende Datenqualität bemängelt. Der Eindruck drängt sich jedoch auf, als hätten einige den Ernst der Lage nicht verstanden. Ein Kommentar.

Eines vorweg: Die Welt befindet sich in der Corona-Krise. Niemand hat so eine Situation zuvor erlebt. Es ist völlig klar, dass möglicherweise Entscheidungen getroffen werden, die sich im Nachhinein als Fehler erweisen.

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Alles zum Thema Corona

Das kann passieren. Zumal die Menschheit immer noch viel zu wenig über Sars-CoV-2 weiß und Politiker eine unzureichende Datenqualität ohne Echtzeit-Erfassung als Entscheidungsgrundlage für Fragen hinsichtlich einer „Lockdown-Lockerung“ nutzen müssen.

Das ist im 21. Jahrhundert eigentlich schon peinlich genug. Doch wird derzeit alles getan, um diese Datenqualität nennenswert zu verbessern? Wird kommunikativ dafür gesorgt, dass wirklich alle Fakten transparent und abrufbar sind? Die bittere Erkenntnis ist: Nein. Und nochmals nein.

Ende März, also vor zwei Wochen, machte Prof. Lothar Wieler, Präsident des Robert Koch-Institut und der Mann, der „italienische Verhältnisse“ in Deutschland nicht ausschließen will, darauf aufmerksam, dass mehr als jedes dritte Krankenhaus noch nicht im Intensivregister steht.

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Das Intensivregister ist die Datenbank, in der hinterlegt ist, wie viele Intensivbetten in Deutschland zur Verfügung stehen, wie viele belegt sind, wie viele davon mit COVID-19-Fällen, wie viele davon mit Beatmung etc. Diese Zahlen sind wichtig, um anhand z.B. von Krankheitsverläufen das Virus besser kennenzulernen.

Coronavirus: Immer noch nicht alle Intensivbetten im Intensivregister gemeldet

Zwei Wochen später steht im Tagesreport des Intensivregisters vom 13. April, dass erst 789 von 1160 Krankenhäuser ihre Daten gemeldet haben. Das bedeutet, wir kommen derzeit erst auf 11.998 Intensivbetten, das ist weniger als die Hälfte, die in Deutschland existieren soll.

Nichts gegen die Ärzte, Helfer und Pfleger, die gerade auf der Intensivstation alles Menschen-mögliche geben, um Menschenleben zu retten. Aber geht's noch, liebe Krankenhäuser und Kommunen? Was ist so schwierig daran, diese Daten zu übermitteln?

Corona-Zahlen zu Intensivbetten: Stadt Bonn bittet, von Anfragen abzusehen

Es muss wohl extrem kompliziert und zeitaufwendig sein. Die Bundesstadt Bonn, die ein „Open-Data-Portal“ betreibt, dieses aber erstaunlicherweise nicht für die Corona-Krise nutzt, hat sogar die EXPRESS-Redaktion gebeten, von regelmäßigen Anfragen hinsichtlich der Intensivbetten-Belegung mit COVID-19-Patienten abzusehen. Die Bundesstadt hätte „Bauchschmerzen“, die Zahlen zu veröffentlichen. Sieht so Pressearbeit aus, wenn eigentlich sogar täglich über abgeschlossene Behandlungen und auch darin inkludierte Sterbefälle berichtet werden müsste? Ist das Transparenz? Ist allen die Situation, in der sich die Menschheit befindet, bewusst?

Corona-Krise im Rhein-Sieg-Kreis: Noch nicht mal die Zahl der Intensivbetten ist bekannt

Den Rhein-Sieg-Kreis hat EXPRESS am 23. März nach der genauen Anzahl der Intensivbetten im Gebiet gefragt. Der RSK wusste es nicht. Eine Sprecherin hat an die Bezirksregierung verwiesen. Drei Wochen später liegen die Zahlen immer noch nicht vor. Noch nicht mal dem Leiter des Gesundheitsamtes. Corona-Krise? Welche Corona-Krise?

Das RKI hat für die Stadt Leverkusen sechs Tage lang immer denselben Infizierten-Stand von 146 Menschen kommuniziert, erst am Mittwoch (14.04.) setzte der „Übermittlungsverzug“ aus. Verstößt die Kommune da etwa gegen das Infektionsschutzgesetz? Oder kommt das RKI mit dem Abtippen von Faxen nicht nach? Leider ist beides denkbar. Wobei die Kommune in diesem Fall wohl keine Schuld trifft, sie selbst und das NRW-Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS) veröffentlichten täglich aktualisierte Zahlen.

Corona-Zahlen: Ob die Stadt Köln Zahlen zu Stadtteilen veröffentlicht?

Am Dienstag hat EXPRESS übrigens die Stadt Köln gebeten, die Corona-Zahlen (Aktuelle Fälle, Tote, Genesene) bezogen auf die einzelnen Veedel oder zumindest Stadtbezirke mitzuteilen. In Hamburg werden die Stadtteilzahlen (bislang erfolgreich) verschwiegen, in Köln steht die Antwort* noch aus.

Und gleich eines vorab: Sie nicht zu veröffentlichen, wäre ein Fehler, und das nicht nur im Nachhinein. *Anm. d. Red.: Die Stadt Köln hat mitgeteilt, dass die angefragten Daten für Stadtteile und Bezirke vom Gesundheitsamt nicht erhoben wird.