Prozess in KölnArzt als Kinderschänder verleumdet: Opferanwältin emotional

Köln: Der Angeklagte sitzt im Gerichtssaal und verdeckt sein Gesicht mit einer Akte.

Vor dem Kölner Landgericht fiel am Dienstag (28. September 2021) das Urteil gegen einen 38-Jährigen wegen falscher Verdächtigung. Das Foto zeigt ihn und seinen Verteidiger Michael M. Lang an einem Verhandlungstag. 

Vor dem Kölner Landgericht fiel das Urteil gegen einen Mann (38), der das Leben eines Mediziners und dessen Familie fast zerstört hätte. 

von Iris Klingelhöfer (iri)

Köln. Die Vorwürfe hatten es in sich. Ein 38-Jähriger, der sich vor dem Landgericht verantworten musste, hatte bei der Polizei eine Selbstanzeige gestellt und gestanden, Kinder sexuell missbraucht zu haben. Als Absender war aber nicht erst selbst angegeben, sondern ein Arzt aus Köln. Der wurde daraufhin vorläufig festgenommen. Ein Albtraum für den unbescholtenen Mediziner und dessen Familie. 

Am Dienstag (28. September 2021) wurde der Angeklagte nun wegen falscher Verdächtigung, Freiheitsberaubung und Verleumdung zu einem Jahr und zehn Monaten auf Bewährung verurteilt. Er konnte aufatmen, denn bis zuletzt drohte ihm die Unterbringung in der Psychiatrie. 

Kölner Ermittler kamen ihm über IP-Adresse auf die Spur

Beim ersten Prozess im Mai 2020 vor dem Amtsgericht hatte der Angeklagte gestanden, dass er auch einen Twitter-Account unter dem Namen des Mediziners eröffnet und Bilder von kleinen Jungen mit anzüglichen Kommentaren online gestellt habe. Zum Motiv für die Fake-Anzeige machte er keine Angaben. Bilder und Selbstanzeige hatte er aus einem Internet-Café an der Zülpicher Straße verschickt. Über die IP-Adresse und Überwachungsbildern waren die Ermittler ihm auf die Spur gekommen. 

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Damals war der ehemalige Geografie-Student zu drei Jahren Gefängnis verurteilt worden. Das erschien selbst der Staatsanwaltschaft zu hoch, die  – wie auch der Angeklagte – in Berufung ging. Der Berufungsprozess wiederum wurde an eine Große Strafkammer verwiesen. Zwischenzeitlich war dem 38-Jährigen eine paranoide Schizophrenie attestiert worden. Rund ein halbes Jahr verbrachte er in der Psychiatrie. 

Köln: Opferanwältin wendet sich bei Plädoyer an den Angeklagten

Opferanwältin Gudrun Roth tendierte jetzt in ihrem Plädoyer auch eher zu einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus. Ihren Mandanten treibe die Angst um. „Wieso, weshalb, warum er bei Ihnen ins Visier geraten ist“, sagte sie an den Angeklagten gewandt.  Ihr Mandant und seine Frau würden nur eins wollen: ihr altes Leben zurück. Die Taten seien keine Bagatelle, so Gudrun Roth: „Als Missbrauchstäter von Kindern bezeichnet zu werden – das ist so ungefähr das Schlimmste, was einem in unserer Gesellschaft passieren kann.“ 

Gegen den Arzt war umfangreich ermittelt worden. Es gab aber keinerlei Hinweise, dass etwas an den Vorwürfen dran ist. Unter anderem konnte er die Selbstanzeige im November 2019 nicht aus dem Internet-Café gestellt haben. Nachweislich waren er und seine Frau zu der Zeit auf einer Feier in Düsseldorf. 

Der Angeklagte hatte sich schweigend verteidigt. „Sie haben uns, dem Gericht keine Chance gegeben, mal hinter ihre Fassade zu gucken“, erklärte die Opferanwältin. Der 38-Jährige nahm ihre Worte wie auch das Bewährungsurteil regungslos hin.