Mit Pkw auf Bonner Polizisten zugerastAnkläger sicher: Es war Mordversuch

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Der Angeklagte mit seinem Anwalt Michael Hakner im Gericht.

Bonn – „An dem Abend habe ich nicht verstanden, was da passiert“, erinnerte sich am Montag der 24-Jährige auf der Anklagebank, der sich wegen versuchten Mordes verantworten muss. Mit gestärktem weißen Hemd und gestochen scharfen Formulierungen versuchte er zu erklären, warum er gezielt auf einen Menschen losgefahren ist.

Mordversuch: Angeklagter besaß keinen Führerschein

Am 8. November 2019 war der Angeklagte mit einem dunkelblauen Audi A6 unterwegs gewesen, den er an diesem Tag erst für 400 Euro in Köln gekauft hatte. Da er sich die Versicherungsgebühren sparen wollte, hatte er kurzerhand ein Nummernschild geklaut, es mit einem Tapeband befestigt und war nach Bonn gefahren, um einen Freund zu besuchen. Auf dem Heimweg jedoch stand der 24-Jährige, noch nicht mal im Besitz eines Führerscheins, an einer roten Ampel in der Thomas-Mann-Straße und fiel einer dreiköpfigen City-Streife der Wache Gabi auf. Nicht zuletzt weil der Fahrer des alten Autos mit einem kaputten Auspuff sehr nervös wirkte.

Also beschloss man, ihn zu kontrollieren. „Ich habe damals nicht erkannt, dass es sich um eine Polizeikontrolle handelt“, beteuerte der Angeklagte, der fünf Sprachen fließend spricht, am ersten Prozesstag. Er habe sich richtig erschrocken, als – hinter einem parkenden Bully – plötzlich zwei Personen auf die Fahrbahn gesprungen seien. Einer sei mit dem ausgestreckten Arm aggressiv auf ihn zugegangen und habe ihn mit einer Taschenlampe angeleuchtet. „Ich wusste nicht was da passiert. So was habe ich noch nicht erlebt!“

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Mordversuch: Polizist rettete sich durch Sprung in Bauzaun

In seiner Panik habe er Gas gegeben, sei auf die Gegenfahrbahn ausgewichen, um den Mann links zu umfahren. Zu seinem Schrecken jedoch habe der Polizist weiterhin mit Körpereinsatz versucht, ihn zu stoppen. Aber anstatt endlich zu bremsen, habe der 24-Jährige – laut Anklage – erneut beschleunigt und mit dem Auto auf den Beamten zugehalten. Erst in letzter Sekunde habe sich der 29-Jährige durch einen Sprung an einen Bauzaun retten können, er sei nur knapp verfehlt worden.

Der Schrecken war wohl auf beiden Seiten. Denn auch der Angeklagte sei durch die Aktion „in  Atemnot geraten.“ Das Auto habe er in einer Nebenstraße abgestellt und sei mit der Bahn nach Hause gegangen. „Ich habe mit Post von der Polizei – wegen einer saftigen Geldbuße – gerechnet“, aber nicht, dass er „wegen so eines komischen Ereignisses“ von nun an wegen versuchten Mordes an einem Polizeibeamten gesucht wird.

Mordversuch: Angeklagter tauchte mehrere Monate unter

Da er sich „vorverurteilt“ fühlte, habe er seine Sachen gepackt und war in Polen untergetaucht. Erst fünf Monate später – im März 2020 – hat er sich freiwillig der Polizei gestellt. Für den Ankläger hingegen keine Frage, dass es sich um einen versuchten Mord zur Verdeckung einer Straftat handelt. Aus Angst vor einer Polizei-Kontrolle und wegen kleiner Straftaten (Urkundenfälschung, Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz sowie Fahren ohne Fahrerlaubnis) erwischt zu werden, habe er in Kauf genommen, einen Menschen in die Gefahr des Todes zu bringen.

Mordversuch: Angeklagter war als jugendlicher Intensivtäter bekannt

„Nie im Leben würde ich wegen 2000 Euro Geldbuße, ein Leben gefährden oder verletzen“, beteuerte der Angeklagte vor Gericht. „Ich bin kein Gewalttäter.“  Der Angeklagte, der als Jugendlicher als Intensivtäter geführt wurde und bereits wegen Raub und räuberischer Erpressungen eine Jugendstrafe von über drei Jahren abgesessen hat, entschuldigte sich für sein „falsches Verhalten“.

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An der Ecke Thomas-Mann-Straße/Rabinstraße begann im November 2019 das Drama. Das Foto entstand im Mai 2020 im Rahmen der Bauarbeiten zum „Urban Soul“- Komplex in Bonn.

Seit der Entlassung aus dem Gefängnis habe er versucht, ein „straffreies, nicht kriminelles Leben“ zu führen. Neben einer Lehre als Maler und Lackierer, hatte er zuvor lukrative Jobs bei der Deutschen Telekom oder auch in der Gastronomie als Kellner gehabt.  (ucs)