Vier Augen-OPsKölner Boxerin drohte Erblindung – sie will weiter Weltmeisterin werden

Die Boxerin Hanna Hansen und ihr Trainer Maurice „Mo“ Weber mit Gürtel.

Hanna Hansen präsentiert mit ihrem Trainer Maurice „Mo“ Weber den Gürtel als IBO-Champion.

Die Kölner Boxerin Hanna Hansen hat bisher eine makellose Kampfbilanz. Doch vor drei Monaten musste sie am Auge operiert werden. Nun arbeitet sie an ihrem Comeback-Traum.

von Marcel Schwamborn (msw)

Sie war in der Form ihres Lebens, freute sich auf die Verteidigung ihres Titels als IBO-Intercontinental-Champion im Superweltergewicht. Doch fünf Tage vor dem Kampf in Darmstadt gab es am 12. Dezember 2022 den Schock. Hanna Hansen (38) hatte eine etwas trübe Sicht auf dem rechten Auge.

Nachdem sie vormittags noch eine Stunde Pratzentraining gemacht hatte, fuhr sie auf Anraten einer Freundin zur Augenärztin, die sofort den Ernst der Lage erkannte. Hansens Netzhaut hatte einen Komplett-Riss knapp unterhalb der Makula und begann sich fast vollständig abzulösen – die Boxerin stand kurz vor der Erblindung.

Hanna Hansen will im zweiten Quartal 2023 wieder in den Ring steigen

„Ich hatte die Sehprobleme auf den Stress in der Kampfwoche geschoben“, sagt sie rückblickend. „Eine heimtückische Sache, weil man äußerlich nichts sehen konnte. Das war alles auf des Messers Schneide“. Noch am Abend wurde sie im St. Elisabeth-Krankenhaus in Köln-Hohenlind notoperiert. Im Anschluss gab es leichte Komplikationen mit der künstlichen Linse, weshalb zwei weitere Eingriffe nötig waren.

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Nun steht noch eine vierte OP bevor, Hansen ist jedoch schon wieder ins leichte Training eingestiegen. „Ich hatte mich noch nie so gut gefühlt und hatte so viel Saft in den Fäusten“, sagt sie zu EXPRESS.de. „Acht Wochen Blut, Schweiß und Tränen lagen hinter mir und dann so ein Schock. Natürlich steht das Augenlicht über der Box-Karriere. Aber in diesem Jahr wird das Thema WM-Titel angegriffen“.

Foto vom blutunterlaufenen Auge von Hanna Hansen.

Nach der Operation sah das rechte Auge von Hanna Hansen so aus. Ihr drohte eine Erblindung.

Ihr früherer Nachbar Maurice „Mo“ Weber (41) trainiert das frühere Topmodel, die auch sehr erfolgreich als DJane gearbeitet hatte, seit März 2021. „Es ging zunächst immer nur bergauf. Das war natürlich ärgerlich und frustrierend für mich als Coach, wir hatten zehn Einheiten pro Woche absolviert und ich habe das klare Potenzial bei ihr gesehen, Weltmeisterin werden zu können. Davon bin ich weiter felsenfest überzeugt“.

Eigentlich wollte der frühere Profi-Boxer gar keine Frauen trainieren, Hansen hat ihn mit ihrem Willen dann doch überzeugt. „Sie ist sehr sortiert, man bringt sie nicht von ihrem Ziel ab“, sagt Weber. „Sie ist prädestiniert für den deutschen Boxsport. Wenn sie Weltmeisterin wird, schreibt sie Geschichte“. Aber vorher wartet er auf den Rat der Ärzte. „Ich möchte zwei gehobene Daumen sehen. Nur, wenn die Mediziner keine Bedenken haben, vertrete ich es, dass sie wieder in den Ring steigt“.

Hanna Hansen beim Boxtraining mit Maurice Weber.

Hanna Hansen kann schon wieder leichtes Training mit ihrem Coach Maurice Weber im Sturm-Gym machen.

Nach der Geburt ihrer ersten Tochter begann das Model eigentlich aus Fitnessgründen mit Kickboxen, wurde in 22 Kämpfen fünfmal Deutsche Meisterin und einmal Weltmeisterin. Nachdem die zweite Tochter auf der Welt war, begann die Kölnerin mit dem Profiboxen.

Sechs Siege in sechs Kämpfen machten sie zur Nummer eins Europas, es gab Anfragen aus Amerika. Bodo Management kümmert sich um die Blondine. „Wenn ich mich für etwas entscheide, dann mit vollem Herzen“, sagt sie. „Ich steige immer für meine beiden Kinder in den Ring“.

Hanna Hansen: Sechs Siege in sechs Boxkämpfen

Dass sie sich auch trotz der komplizierten Augen-OP nicht vom Weg abbringen lässt, ist ihr Wesenszug. „Das möchte ich auch anderen Frauen mitgeben: Seid stark, lebt für euren Traum. Geht nicht immer nur auf Sicherheit“, sagt sie im EXPRESS.de-Gespräch. „Passieren kann im Leben immer etwas. Natürlich setze ich mich einem höheren Risiko aus. Leistungssport ist aber generell gefährlich. Im zweiten Quartal dieses Jahres will ich wieder boxen“.

Ihr Trainer freut sich schon auf den Tag, wenn die IBO-Titelverteidigung und dann sicherlich auch der WM-Kampf steigen können. „Sie haut die Linke wie ein Mann, macht oft Sparring mit Männern“, sagt Weber stolz. „Man hat schnell bei ihrer Entwicklung gemerkt, welche Fähigkeiten in ihr stecken. Jetzt drücke ich die Daumen, dass die Genesung weiter gut voranschreitet. Sie wird an ihre Form wieder anknüpfen können.“