Brisante BeichteBox-Koloss Charr gesteht: „Habe wegen meinem deutschen Pass gelogen“

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Der Kölner Box-Weltmeister Mahmoud Charr hat zugegeben, bei Aussagen zu seinem Pass-Status gelogen zu haben.

von Anton Kostudis (kos)Oliver Reuter (reu)

Köln – Der „Koloss aus Köln“ legt seine Lebens-Beichte ab. Box-Weltmeister Mahmoud Charr (35) hat sich in einem offenen Brief an seine Fans und die Menschen in Deutschland gewandt. Charr entschuldigt sich, dass er bei früheren Aussagen über einen deutschen Pass gelogen hat– und erklärt in dem brisanten Schreiben, was ihn dazu getrieben hat.

Der Kölner Schwergewichtsboxer schreibt: „Zuerst möchte ich mich bei allen Menschen in Deutschland entschuldigen! Ich hatte nach meinem WM-Sieg 2017 geschworen, dass ich den deutschen Pass hätte. Ich wollte unbedingt Weltmeister für Deutschland sein. Deutschland, das Land, das mir und meiner Familie eine zweite Heimat geboten hat.“

Der „Diamond Boy“ räumt ein: Nach wie vor besitzt er keine deutsche Staatsbürgerschaft, lediglich eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung. „Inzwischen sehe ich ein, dass ich einen großen Fehler gemacht habe“, sagt er.

Mahmoud Charr spricht im EXPRESS über seine Pass-Lüge

Wir erreichten Charr am Mittwoch, er bestätigte uns: Das Einbürgerungsverfahren läuft. „Ich habe alles in Bearbeitung. Wenn alles gut läuft, erhalte ich im Oktober oder November die deutsche Staatsbürgerschaft.“

Bislang hatte ein anhängiges Steuerverfahren gegen den Schwergewichts-Weltmeister eine Einbürgerung verhindert. Der im Libanon geborene Syrer Charr soll Einnahmen erhalten haben, die am deutschen Fiskus vorbei über eine Gesellschaft in Liechtenstein geflossen sind.

Steuerverfahren verhinderte Einbürgerung

Bereits vor mehr als einem Jahr hatte der Box-Champion die Konsequenzen gezogen und sich von seinem damaligen Steuerberater getrennt. „Ich bin Boxer und wusste einfach nicht, was an Steuern abgeführt wurde. Bei mir läuft jetzt alles sauber. Ich zahle regelmäßig meine Steuern in Deutschland und habe schon einiges zurückgezahlt“, versicherte er damals.

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Auf die Zwölf: Mahmoud Charr besiegte im WM-Kampf 2017 den Russen Alexander Ustinov.

Mahmoud Charr entschuldigt sich bei seinen Fans

In seiner großen Pass-Beichte erklärt Charr jetzt auch, welche Umstände zu seinem Schwindel geführt haben. „1989, während der Wiedervereinigung Deutschlands, bin ich als Flüchtlingskind zusammen mit meiner Mutter und meinen Geschwistern aus dem Libanon nach Deutschland eingereist. Bis zu meinem 27. Lebensjahr hatte ich leider nur eine Duldung als Aufenthaltsstatus und durfte NRW nicht verlassen. Nur mit einer amtlichen Genehmigung war das möglich. So blieben mir damals viele Türen verschlossen. Ich durfte nicht einmal eine Ausbildung anfangen – und jede Arbeit und jegliche Zukunftsperspektiven blieben mir verwehrt.“

Kölner fordert Box-Legende zum Duell: Mahmoud Charr bietet Mike Tyson seinen Weltmeister-Gürtel an.

Charr sagt: „Aus meiner Sicht sind so die Parallelgesellschaften und einige Clans entstanden, mit denen auch ich eine Zeit lang zu tun hatte. Wir alle wollten auch jemand sein, den man achtet, respektiert und vor allem in die Gesellschaft aufnimmt. Unsere Unerfahrenheit und Jugendlichkeit dachte, wenn man Erfolg vorgaukelt, gehört man einfach dazu. Also mehr Schein als Sein!“

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Der Kölner Boxer Mahmoud Charr im Herbst 2017 mit dem WBA-Weltmeistergürtel in Oberhausen

Box-Weltmeister Mahmoud Charr wirbt für Integration

Charr wirbt in seinem Schreiben zudem für mehr Integration und Miteinander. „Wir alle müssen versuchen, mehr miteinander zu kommunizieren, wir alle müssen versuchen, uns gegenseitig besser zu verstehen. Wir alle müssen lernen, dass die gemeinsame Sprache hilft, Vorurteile abzubauen“, sagt er.

Der Syrer weiter: „Deshalb appelliere ich an alle Flüchtlinge der vergangenen Jahre, die deutsche Sprache zu lernen. Es ist gar nicht so schwierig und wenn wir uns gegenseitig unterstützen wird die Barriere, die durch fehlende Kommunikationsmöglichkeiten entsteht, schnell abgebaut.“

Dabei will er aktiv mithelfen und mit  Vida Rashid, der Vorsitzenden des Integrationsrat der Stadt Brühl, neue Projekte für Integration umzusetzen. „Sie bringt die Erfahrung in diesem Bereich mit und auch sie ist als Flüchtlingskind nach Deutschland gekommen. Wir haben viele Gemeinsamkeiten und dasselbe Ziel.“

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Box-Weltmeister Mahmoud Charr mit Vida Rashid, Vorsitzende Integrationsrat Stadt Brühl

Mahmoud Charr will seinen WM-Titel bald verteidigen

Sportlich will Charr unterdessen endlich seinen Titel verteidigen. Nach seinem Triumph im November 2017 gegen den Russen Alexander Ustinov (43) platzten die geplanten Pflichtverteidigungen immer wieder aus verschiedenen Gründen.

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Mahmoud Charr (r.) setzt bei der Suche nach einem Gegner für seine Pflichtverteidigung auf Promoter Erol Ceylan.

Dann legte die Corona-Krise den weltweiten Box-Zirkus still. Mit seinem neuen Promoter Erol Ceylan (48) soll es für Charr aber mit dem ersehnten Kampf klappen, sobald es die Umstände wieder zulassen.

Trennung von bisherigem Investor und Manager

Von seinem bisherigen Investor und Manager Christian Jäger hat er sich im Guten getrennt. Charr: „Ohne sein Investment und seinen Glauben an mich hätte ich es nicht geschafft, Weltmeister zu werden.“

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Box-Weltmeister Mahmoud Charr (r.) und Manager Christian Jäger präsentierten im November 2017 in der EXPRESS-Redaktion den WBA-Gürtel.

Bald will er als Deutscher sein Lebensmotto „Von der Straße zu den Sternen“ auf ehrliche Art fortführen.