In der Formel 1 ist Sommerpause! Ende August geht es dann mit dem Grand Prix in Zandvoort weiter. Im Interview mit EXPRESS.de sprach RTL-Experte Christian Danner (67) über seine Prognosen für die zweite Saisonhälfte.
Die Formel-1-Prognosen von Experte Danner„Zwischen Norris und Piastri wird's knallen“

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RTL-Experte Christian Danner, hier bei der Formel 1 in Spanien, spricht über seine Prognosen für die zweite Saisonhälfte.
Die Formel 1 hat uns in der ersten Saisonhälfte wieder viele verrückte Geschichten geliefert: Die McLaren-Piloten Lando Norris (25) und Oscar Piastri (24) liefern sich einen „Krieg der Papayas“. Weltmeister Max Verstappen (27) reibt sich im Kampf um seinen fünften WM-Titel in Folge auf, muss aber (noch) bei Red Bull bleiben. Das warf Teamchef Christian Horner (51) ein Jahr nach seiner Intimfoto-Affäre nun doch raus.
Rekordchampion Lewis Hamilton (40) bezeichnet sich bei Ferrari als „nutzlos“ und soll laut Ex-Formel-1-Boss Bernie Ecclestone (94) aufhören. Und Nico Hülkenberg (37) fährt im Sauber im 239. Rennen erstmals aufs Podium. Für EXPRESS.de stellt RTL-Experte Christian Danner (67) seine Prognosen für die zweite Saisonhälfte auf.
Danner über Verstappen: „Ich würde ihn nicht unterschätzen“
Herr Danner, was war Ihre Top-Story der ersten Saisonhälfte?
Christian Danner: Da waren viele irre Dinge dabei. Der Horner-Abgang natürlich. Der Hamilton, der sich selbst geißelt und sagt, er kann nichts mehr. Sowas hat man auch noch nie gehört. Aber am emotionalsten war für mich das erste Podium für Nico Hülkenberg, das hat mich sehr für ihn gefreut. Die Formel 1 zeigt sich einmal mehr von ihrer besten Seite und bietet neben dem Motorsport beste Unterhaltung.
Hätten Sie erwartet, dass McLaren so dominant ist und auch Ferrari und Mercedes kein Land sehen?
Danner: Ja, das war schon absehbar, weil die ein Auto gebaut haben, das auf allen Streckentypen und bei jedem Wetter wunderbar funktioniert. Und wenn es mal nicht ganz optimal ist, landen Norris und Piastri immer noch auf dem Podium. Was mich aber wundert ist, dass Mercedes mal komplett in die falsche Richtung gegangen ist.
Im WM-Kampf müssen wir jetzt den Reiz aus dem „Krieg der Papayas“ ziehen, analog zum „Krieg der Sterne“ bei Mercedes zwischen Lewis Hamilton und Nico Rosberg.
Danner: Ja, absolut. Der Druck im Kessel steigt. Die tun gerade alle noch entspannt, es seien ja noch viel Rennen. Aber wenn das so weiter geht, knallt's. Es hat ja schon mal gekracht zwischen beiden in Montréal. Wenn es um den WM-Titel geht, da ist Schluss mit lustig.
Norris krachte in Montréal Piastri ins Heck, war ein Nervenbündel und Rosberg wollte ihm schon Tipps geben. Er scheint sich aber gefangen zu haben, oder?
Danner: Das gilt für den Fahrer genauso wie für das Team. An Gewinnen muss man sich erstmal gewöhnen. Und die Abgeklärtheit zu haben, das Gewinnen dann auch umsetzen zu können Richtung Meisterschaft, ist jetzt der nächste Schritt. Ich kann im Moment nur Fortschritte sehen: beim Team, bei Norris, aber auch bei Piastri. Also die werden alle besser, drum sage ich ja: Der Druck im Kessel steigt.
Verstappen muss sich damit anfreunden, den fünften Titel in Folge nicht gewinnen zu können. Wird er es als Übergangsjahr abhaken und 2027 zu Mercedes wechseln?
Danner: Es gibt für einen Formel-1-Fahrer und speziell einen Max Verstappen kein Übergangsjahr, der will jetzt hier und heute immer gewinnen. Noch ist die Saison nicht vorbei, ich würde den Verstappen nicht unterschätzen und abschreiben. Es ist die Frage, ob die mit ihrem Auto noch mal in die Strümpfe kommen. Und dann ist der sofort wieder da. Die Chancen für ihn auf den WM-Titel sind überschaubar, aber unterschätzen würde ich ihn nicht. Was die Sache mit Mercedes angeht: Da tut er sich aktuell auch keinen Gefallen, da kann er gleich bleiben, wo er ist.
Danner weiter: „Das nächste Jahr mit dem neuen Reglement gibt ihm eine gute Chance, erstmal zu gucken, wer hat denn die Hausaufgaben am besten gelöst und wo geht es vorwärts. Vielleicht ist ja auch Red Bull das Team, wo man sein muss, vielleicht ist es Mercedes oder vielleicht ist es Aston Martin mit Adrian Newey. Denn eins ist klar: Wenn ein Verstappen möchte, kann er überall fahren, bei jedem Top-Team. Aktuell ist er in einer Warteposition, ohne seinen Siegeswillen zu verlieren.“
Danner: „Man hat Horner mit der Wirklichkeit konfrontiert“
War der Horner-Abgang mit einer gewissen Schamfrist nach seinem Intimfoto-Skandal oder die Summe seiner Versäumnisse mit dem Verlust von Konstrukteur Adrian Newey, Teammanager Jonathan Wheatley und dem Speed des Autos?
Danner: Ich glaube, man hat Horner mit der Wirklichkeit konfrontiert, dass sein Chef Oliver Mintzlaff heißt und nicht er selbst entscheidet. Da ist eine Liste von Dingen zusammengekommen, wo man bei Red Bull inklusive der Inhaber gesagt hat: Das ist nicht mehr das, was wir uns unter Führung vorstellen, wenn auch vom Timing her überraschend. Man hat jetzt erstmal für Ruhe gesorgt, der Laurent Mekies macht das gut. Allerdings ist jetzt die Technik die nächste Baustelle, und ob die das auch so hinkriegen ohne den Newey, ist fraglich.
Horner haben einige schon als neuen Ferrari-Teamchef gesehen, weil Fred Vasseur angezählt war. Jetzt hat der einen neuen Vertrag, aber das Auto ist weiterhin schwierig zu fahren, vor allem für Hamilton. Ist der dadurch entzaubert oder liegt es am System Ferrari?
Danner: Da bin ich eher bei der ersten Variante. Solange ein Leclerc auf die Pole-Position und mehr oder weniger zuverlässig aufs Podest fahren kann und der Hamilton da nicht in die Gegend kommt, ist eher Hamilton derjenige, der mit dem System seine Schwierigkeiten hat. Ich bleibe dabei: Wenn man ein Leben lang in englischen Rennteams gefahren und die Arbeitsweise gewöhnt ist, dann versucht man das natürlich auch bei Ferrari zu bekommen, denn dann wird man in gewisser Weise erhört. Das klappt beim Hamilton aber nicht, das interessiert in Maranello niemand. Und deshalb glaube ich, dass das Gerede im Fahrerlager, ob er das Handtuch wirft, auf jeden Fall mal etwas ist, das passieren kann. Da werden wir sehen, wie sich das entwickelt. Also Bäume ausgerissen hat Hamilton nicht, aber zwei, drei Zehntel hinter Leclerc ist auch nicht die Welt. Man muss da schon fair bleiben.
Wie erklären Sie sich, dass Hülkenberg im schon als Traktor verspotteten Sauber im 239. Rennen plötzlich aus Podium fahren kann?
Danner: Also die Rennen, die er in Melbourne und Silverstone gefahren ist, die gehen auf die Fahrerkappe, keine Frage. Aber dass das Auto plötzlich schneller ist, da hat der Fahrer nichts mit zu tun, denn der steht nicht im Windkanal. Da hat das Team mal einen ordentlichen Fortschritt erzielt. Dass das so lange gedauert hat, ist ein bisschen blöd, aber sie haben es auf die Reihe gekriegt und fahren jetzt dauerhaft um Punkte. Der Bortoleto hat den Hülk ja zuletzt im Qualifying ordentlich abgeledert. Der fährt mal locker unter die ersten Zehn mit dem Ding, das ist schon klasse.
Nächstes Jahr kommt das Team Cadillac, wo ja viele schon Valtteri Bottas und Sergio Perez in den Cockpits sehen. Oder hat Mick Schumacher noch eine Chance?
Danner: Also ganz ehrlich, die sehe ich nicht, auch wenn es mich natürlich freuen würde. Denn die Leute, die bei Cadillac an der Regierung sind, die wollen da 'ne zuverlässige Lösung und das sind Bottas und Perez. Das sind Grand-Prix-Sieger.