Frauenfußball-KolumneBundesliga-Klub verwundert mit fragwürdiger Trainer-Entscheidung

Stephan Lerch gibt seinen Spielern Anweisungen auf dem Rasen.

Stephan Lerch, hier am 5. November 2022 bei einem Junioren-Spiel der TSG Hoffenheim, trainiert ab März die Frauen-Auswahl des Klubs.

Stephan Lerch ist längst als neuer Trainer für die Frauen-Abteilung der TSG Hoffenheim verkündet worden, doch der Einstieg zieht sich noch Monate hin. Das wirft Fragen auf.

von Annika Becker  (abe)

Die TSG Hoffenheim hat noch im letzten Jahr – wie hier auch bereits kommentiert – Gabor Gallai als Cheftrainer entlassen, als Nachfolger für das Team in der Bundesliga der Frauen steht seit letzter Woche Stephan Lerch fest. Allerdings übernimmt dieser erst ab März und das irritiert.

Lerch ist seit 2021 Trainer im Nachwuchsbereich der Männer in Hoffenheim, nachdem er zuvor vier Jahre lang Cheftrainer der Frauen des VfL Wolfsburg war.

TSG Hoffenheim: Neuer Trainer kommt erst im März

Mit den Wölfinnen gewann er dreimal das Double und erreichte 2018 das Finale der Champions League. Der VfL wollte vor der Saison 2020/2021 mit Lerch verlängern, der bevorzugte es aber, den Vertrag auslaufen zu lassen. Wolfsburg gewann auch in der Saison den Pokal, die Meisterschaft aber ging an den FC Bayern München und Lerch wechselte zur TSG.

Dort trainiert er aktuell die U19 der Männer und das wird auch bis zum 13. März 2023 so bleiben. Denn die Abteilung der Frauen, die Nachwuchsabteilung der Männer und Lerch selbst haben sich darauf geeinigt, dass dieser die Saison mit seiner Juniorenmannschaft zu Ende bringen soll.

In der Zwischenzeit leiten Nadine Rolser (vorher Co-Trainerin) und Rico Weber (Co-Trainer des 2. Frauenteams) das Training der Frauen in der Bundesliga. Die Hoffenheimerinnen bekommen also ab Mitte März einen Cheftrainer, der bereits sehr erfolgreich gearbeitet hat, die Bundesliga der Frauen bestens kennt und sich vermutlich in den letzten beiden Jahren in seiner Arbeit entwickelt haben dürfte.

TSG Hoffenheim: Riskantes Spiel mit Stephan Lerch?

In der Bundesligatabelle steht die TSG Hoffenheim bei noch zwölf ausstehenden Partien nur sechs Punkte hinter dem dritten Platz, der zur Teilnahme an der Qualifikationsrunde der Champions League berechtigt.


Annika Becker ist freie Autorin bei EXPRESS.de und kümmert sich in ihren Kolumnen um das Thema Frauenfußball. Sie ist Mitglied von FRÜF - Frauen reden über Fußball.


Zudem konnte die vormalige Stamm-Innenverteidigerin Michaela Specht nach nur einem halben Jahr von Real Sociedad zurückgeholt werden, weil sie dort nicht viel Spielzeit bekam und nicht dortbleiben wollte. Vor diesem Hintergrund erscheint die Prioritätensetzung innerhalb der TSG Hoffenheim in Bezug auf die Personalie Lerch fragwürdig.

Bei keiner Männermannschaft in der Bundesliga würde es ähnlich gehandhabt werden, wenn die gewünschte A-Lösung für das Trainer*innen-Amt in der eigenen Jugend arbeitet und der internationale Wettbewerb noch in Reichweite ist.

Die Winterpause wäre eigentlich der perfekte Zeitpunkt für Team und Trainer gewesen, einander kennenzulernen und über einen längeren Zeitraum an Inhalten zu arbeiten. Eine Aufholjagd innerhalb der Liga ist durchaus möglich, so aber verpasst Lerch fünf der ausstehenden 12 Partien, weil die U-Mannschaft stärker gewichtet wird als die Arbeit in der höchsten deutschen Spielklasse der Frauen.