Fortuna DüsseldorfKaraman: „Ich kann die Kritik der Fans an mir verstehen“

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Kenan Karaman (Fortuna Düsseldorf) beim Spiel in Regensburg am 13. Februar 2021.

Düsseldorf – Im Sommer wollte er weg von Fortuna Düsseldorf. Im Winter bekannte er sich klar zu F95. Wie es nach der Saison weitergeht, ist offen. Kenan Karaman (26) ist umstritten in Düsseldorf. Der türkische Nationalstürmer sagt am 18. Februar im exklusiven Interview mit EXPRESS, dass bei einem Aufstieg auch ein Verbleib in Düsseldorf möglich ist.

  • Interview mit Kenan Karaman von Fortuna Düsseldorf
  • Türkischer Nationalspieler ist nicht unumstritten
  • Er spricht auch von Verbleib in Düsseldorf

Herr Karaman, Mitte Januar stand Fortuna auf dem Relegationsplatz, jetzt sind es neun Punkte Rückstand. Was ist passiert?

Ganz einfach: Wir haben nicht gut genug gepunktet – auch, wenn gute Auftritte dabei waren. In Würzburg und Regensburg haben wir Punkte liegengelassen. Das hat uns nicht in die Karten gespielt. Jetzt schauen wir nach vorne. Gegen Hannover werden wir zeigen, welche Lehren wir daraus gezogen haben.

Was heißt das konkret?

Wir müssen dem Gegner mehr unser Spiel aufdrücken. Wir waren in den beiden Spielen nicht so mutig, wie wir es zuvor gezeigt haben. Wir haben es nicht geschafft, unsere Stärken mit dem Ball zu zeigen, sondern haben uns dem Gegner und dem Stil zu sehr angepasst. Wenn wir uns auf unsere Stärken fokussieren, hat der Gegner Respekt und wir kommen zu Torchancen.

Fortuna Düsseldorf hat Offensiv-Schwächen: Karaman selbstkritisch

Fortuna hat die drittwenigsten Schüsse in der Liga abgegeben. Was muss sich da ändern?

Wir Offensivspieler sind dafür verantwortlich. Uns ist es zuletzt nicht gelungen in die gefährlichen Räume zu kommen. Wir brauchen noch mehr Willen uns im Eins-gegen-Eins durchzusetzen, in den Strafraum zu kommen und Torchancen zu kreieren.

Fühlen Sie sich als Stürmer von den Außenspielern und aus dem Mittelfeld genug mit Bällen gefüttert?

Meine Rolle ist nicht als klassischer Neuner auf Bälle zu lauern. Ich bin auch mit dafür verantwortlich, das Spiel zu gestalten und mich fallen zu lassen. Keiner darf sich bei uns verstecken. Jeder ist verantwortlich dafür, dass wir in gute Abschlusspositionen kommen. Die Qualität ist da und was ich im Training sehe, gibt mir Mut, dass wir zu mehr Chancen kommen. Wir haben es während unserer guten Serie ja schon gezeigt.

Es ist Ihre dritte Saison bei Fortuna. Sie kennen die meisten Typen im Kader. Was macht Hoffnung, dass das große Ziel Aufstieg erreicht werden kann?

Unser starker Charakter. Wir haben einen guten Mix aus erfahrenen und jungen Spielern. Viele Spieler sind schon mal aufgestiegen. Wir haben die gewisse Ruhe. Das ist wichtig – gerade, wenn es gegen Ende der Saison geht. Das kann man an Hamburg ganz gut sehen hat, die es in den letzten Jahren nicht geschafft haben. So lange es rechnerisch möglich ist, steht unser Ziel. Wir können es schaffen, da bin ich mir sicher.

Kenan Karaman mit eigener Leistung bisher nicht zufrieden

Ihre Saisonstatistik: Sieben Tore, zwei Vorlagen – sind Sie damit zufrieden?

Nein! (lacht)

Womit wären Sie zufrieden?

Da ist noch sehr viel Luft nach oben. Ich habe hohe Ansprüche an mich, möchte vorne weg marschieren. Da sollten noch einige Tore und Vorlagen dazukommen.

In Uwe Rösler haben Sie einen Coach, der auf Sie setzt. Haben Sie so ein Vertrauen schon einmal gespürt in Ihrer Karriere?

Wir verstehen uns super. Er schenkt mir viel Vertrauen und ich versuche, dem immer gerecht zu werden. Er kennt meine Stärken, steht zu 100 Prozent hinter mir. Da kann ich ihn von allen meinen Trainern schon herausheben. Das tut gut.

Wie ist der Kontakt zum türkischen Nationaltrainer Senol Günes?

Er ruft alle drei, vier Wochen an, hört nach, wie die Situation ist. Ich freue mich immer wieder, wenn er anruft. Im März stehen wieder Länderspiele an, da will ich dabei sein. Die Nationalmannschaft ist etwas ganz Besonderes für mich.

Haben Sie Ihr EM-Ticket schon sicher?

Sicher würde ich nicht sagen. Aber ich habe zuletzt gut gespielt, meine Tore und Vorlagen geliefert. Ich weiß, dass ich einen sehr guten Stellenwert beim Trainer habe. Aber bis zur EM ist noch lange hin. Ich will mit der Fortuna oben mitmischen und mit guten Leistungen zur EM fahren, am besten am Ende mit dem Aufstieg.

Karaman spricht über Traum von Fußball-EM

Was würde Ihnen eine EM-Teilnahme bedeuten?

Da würde sich ein Traum erfüllen. Für meine Familie und mich wäre das schon etwas Besonderes. Ich hoffe nur, dass ein paar Fans dabei sein werden. Eine EM ohne Fans wäre sehr komisch.

Wie ist Ihr deutsches, türkisches und schwäbisches Herz denn generell aufgeteilt?

Das ist schon sehr ausgeglichen. (lacht) Aber Spätzle gab's eher nicht, bei uns zu Hause wurde überwiegend Türkisch gekocht - darin ist meine Mama besser. Ich bin in Stuttgart aufgewachsen, zu meiner Familie zurückzukehren ist für mich immer etwas Besonderes. Bei uns zu Hause war immer ein guter Mix aus beiden Ländern vorhanden. Deutschland ist für mich genauso Heimat wie die Türkei.

Im Sommer standen Sie kurz vor einem Wechsel in die Türkei. Sie mussten bleiben, danach gab es teils harsche Kritik in den Sozialen Medien von Fortuna-Anhängern. Wie haben Sie das verarbeitet?

Ich bin damit immer offen umgegangen. Jeder im Klub kennt meinen Charakter. Ich spiele niemandem etwas vor. Ich habe im Sommer klar kommuniziert, dass ich gehen will. Aber wir hatten immer offene, korrekte Gespräche. Ich fand es schade, dass es nach außen so rüberkam, als hätte ich keinen Bock mehr auf Fortuna. Ich wurde heftig kritisiert, aber ich nehme das keinem Fan übel, ich kann das verstehen. Ich weiß, was ich an den Fortuna-Fans habe, wie sehr sie mich während meiner Lungen-Erkrankung unterstützt haben. Ich bin aber jemand, der immer offen sagt, was ist, so wie im Winter, als ich mich klar zur Fortuna bekannt habe. Ich bin meinen Weg hier gegangen und darüber auch glücklich.

Wie ernst nehmen Sie Social Media?

Ich lese keine Kommentare. Aber klar, man bekommt immer etwas mit. Ich bin aber nicht übermäßig aktiv und lese auch nicht viel – gerade wenn es um mich geht. Es geht mir als Fußballer besser, wenn ich das nicht zu intensiv an mich heranlasse.

Ihr Vertrag läuft im Juni aus. Gibt es eine Deadline, wann Sie Klarheit haben wollen, wie es weitergeht?

Ich bin relativ entspannt. Ich will vor allem die Ziele hier verfolgen. Was danach kommt, halte ich mir offen. Aber zu viel Energie an diese Gedanken zu verschwenden, tut mir nicht gut. Fortuna wird auf jeden Fall mein erster Ansprechpartner sein.

Aber Kenan Karaman wird nächste Saison so oder so Erstligist sein?

Ich habe nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass ich Ambitionen habe und das Beste für mich erreichen will und natürlich auch erstklassig spielen will.

Und der Traum von einem Wechsel in die Türkei lebt auch noch?

Auch das habe ich schon geäußert. Ich möchte in der Karriere – wann auch immer – mal in der Türkei spielen. Ich will den Fußball und das Land erleben. Wir werden sehen, wann der richtige Zeitpunkt dafür ist.

Kommen wir wieder zur Fortuna: Am Sonntag kommt Hannover 96, Ihr alter Arbeitgeber, nach Düsseldorf. Wie sind die Kontakte?

Ich kenne noch einige Gesichter im Staff. Ich habe vier Jahre dort gespielt, einiges erlebt. Ich freue mich auf Sonntag.

Es gibt eine richtige Ex-Hannover-Connection bei Fortuna: Andre Hoffmann, Felix Klaus, Edgar Prib und Sie. Schwört sich dieses Quartett noch mal extra auf Sonntag ein?

Es ist für uns einen Tick emotionaler als andere Spiele. Wir haben alle zusammen in Hannover gespielt, jetzt sind wir alle hier. Es ist witzig, so klein ist die Welt. Wir werden uns sicher noch mal extra pushen für den Sonntag.