Fortuna-Stürmer als Kind von Zug überrolltAmputierter schießt das Tor des Monats

Fortuna-Spieler Radouane Chaanoune mit der Torjäger-Kanone für den Torschützenkönig der Bundesliga.

Fortuna-Spieler Radouane Chaanoune mit der Torjäger-Kanone für den Torschützenkönig der Bundesliga.

Ein Fortuna-Spieler hat das Tor des Monats erzielt. Ohnehin nichts Alltägliches, doch das Kunststück gelang auch keinem Spieler der Profi-Mannschaft.

von Volker Geissler (vog)

Dass ein Fortuna-Spieler das Tor des Monats erzielt, ist alles andere als alltäglich. Wenn man es dann in der Vorauswahl auch noch mit Konkurrenz wie Ilkay Gündogan (damals noch für Manchester City aktiv) zu tun hat, wird die Sache nicht zwingend einfacher.

Und dennoch geht der Titel für den schönsten Treffer im Juni nach Düsseldorf. Radouane Chaanoune (27) heißt der Mann, der die Konkurrenz ausgestochen hat und fast 50 Prozent der Stimmen verbuchen konnte. Moment mal, Radouane wer?

Unbekannter Torschütze des Monats wird zum Star

Der Torschütze des Monats ist keiner, der vor großer Kulisse in der Arena spielt und auch niemand aus dem Nachwuchsleistungszentrum. Radouane Chaanoune spielt mit Fortunas Amputiertenmannschaft in der Bundesliga, und das mehr als erfolgreich.

Mit Düsseldorf wurde er in der vergangenen Saison Deutscher Meister und Torschützenkönig, beide Titel könnte er am 2. September verteidigen. Fortuna geht als Tabellenerster in die Playoffs im heimischen Paul-Janes-Stadion, die meisten Tore hat er auch schon wieder geschossen.

Sein schönster gelang ihm im vergangenen Monat zur 1:0-Führung gegen Mainz. Eigentlich mit einem Fallrückzieher, ohne Behinderung wäre er auf dem Rücken gelandet. So konnte er sich nach seiner artistischen Einlage aber auf einer Krücke abstützen.

„Es ist toll, dass die Zuschauer mein Tor so gut gefunden haben“, freut sich der Marokkaner. „Wenn andere Spieler mit so großen Namen dabei sind, rechnet man nicht damit, dass man Erster wird. Zumal die anderen Tore auch schön waren.“

In Düsseldorf landete er eher zufällig. Bei der Amputierten-WM in der Türkei schwärmte ihm ein Kollege von Fortuna vor, er selbst nahm dann Kontakt auf.

Soweit alles wunderbar, leider ist der Rest der Geschichte sehr kompliziert. Chaanoune ist Asylbewerber, darf derzeit nur im Saarland wohnen und lediglich zu Spielen und ab und zu zum Training anreisen. Freunde und Fortuna-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter haben sich mächtig dafür ins Zeug gelegt, damit der Torjäger ins Rheinland umziehen kann. Eine Wohnung und ein Job in einer großen Düsseldorfer Hausbrauerei waren bereits organisiert, doch dann grätschten die Behörden dazwischen.

Die Hoffnung gibt er trotzdem nicht auf. Radouane, der im Alter von acht Jahren seinen linken Unterschenkel verlor, als ihn ein Zug überrollte, würde am liebsten sogar für Deutschland spielen, sollte er irgendwann den deutschen Pass bekommen. Aber erst mal steht das Nahziel im Fokus: „Fortuna wird wieder Meister und ich will dabei so viele Tore wie möglich schießen.“