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Interview

Metzger will ins FC-PräsidiumHollweck über Mitgliederrat und Monster-Hennes

Der Countdown läuft, es sind nur noch wenige Tage bis zur Mitgliederversammlung des 1. FC Köln. Wird da ein kölscher Metzger ins Präsidium gewählt? EXPRESS.de sprach mit ihm.

Erstmals haben die Mitglieder des 1. FC Köln die Qual der Wahl: Am 27. September 2025 treten drei Teams an, die den neuen Vorstand stellen wollen.

Nachdem Ulf Sobek seine Gedanken für das Team Stobbe im Interview erläutert hatte, Tugba Tekkal über ihre Visionen für das Team Stroman sprach, traf EXPRESS.de Martin Hollweck (57) vom Team Adenauer zum Interview. Mit ihm steht ein echter Handwerker auf der Kandidatenliste: Der gebürtige Kölner arbeitet als Fleischermeister im Familienbetrieb in Müngersdorf. Das Interview:

Martin Hollweck erklärt, wie er zur Kandidatur beim FC kam

Wie viel neues Blut an der Spitze braucht der 1. FC Köln und warum tretet ihr an?

Martin Hollweck: Nach fast 30 Jahren mit rasanten Berg- und Talfahrten wollen wir im Falle unserer Wahl dazu beitragen, dass der FC wieder fester Bestandteil der Fußball-Bundesliga wird. Perspektivisch sollen die internationalen Plätze das Ziel sein. Wenn man mit der Direktive ‚Erreichen eines Nicht-Abstiegsplatzes‘ in die Saison geht, dann steckt in dem Ziel das Wort Abstieg. Das darf nicht sein. Wir sind unbelastet und wollen als Sparringspartner der Geschäftsführung frischen Wind in den Verein bringen. Wir wollen zudem die Demokratie im Verein stärken. Die Teilnahme an den Mitgliederversammlungen war in den vergangenen Jahren beschämend. Wir reden von einem Bruchteil der Mitglieder, die gekommen sind. Das entspricht nicht meinem Verständnis von einem mitgliedergeführten Verein und hat mich gewaltig geärgert.

Wie kann man das ändern?

Hollweck: Der Mitgliederrat ist eine gute Idee, wenn er wirklich aus der Mitte der Mitglieder besetzt ist. Das war er zu Beginn. Der Südkurve e.V. hat dann aber gesehen, welche Möglichkeiten der Mitgliederrat bietet und ihre Kandidaten gewählt, weil sie die Mehrheit der Teilnehmenden der Mitgliederversammlung gestellt haben. Das war clever und korrekt. Mir wurde deutlich gesagt: ‚Es gibt über hunderttausend Mitglieder, aber kaum einer kommt zur Versammlung. Wir kommen und repräsentieren damit den Verein.‘ Das habe ich mir auch angekreidet. Ich will nun beim FC etwas bewirken und gestalten.

Wie schwierig ist es, ins Handeln zu kommen und ein Team zu finden?

Hollweck: Ich habe mich am Vorstelltag des neuen Mitgliederrates, am 11. Dezember 2024, lange mit dem neuen Vorsitzenden Fabian Schwab unterhalten. Er meinte am Ende, dass ich auch Präsident werden könnte. Als ich wusste, dass man drei Prozent Unterschriften sammeln muss, ist die verrückte Idee entstanden, und ich habe darüber mit vielen Freunden und Bekannten gesprochen. Anstatt mich auszulachen, haben mich viele unterstützt, weil sie an mich glauben und dem FC helfen wollen. Über mein Netzwerk habe ich unseren Finanzexperten Thorsten Kiesewetter kennengelernt. Er litt auch darunter, dass der FC fast 30 Jahre nicht erfolgreich war. Mit ihm habe ich mich absolut satzungskonform beim Mitgliederrat vorgestellt. Leider sind wir abgelehnt worden. Uns wurde aber in Aussicht gestellt, dass wir, wenn wir einen Dritten finden, noch einmal ein Gespräch führen. Danach haben wir Sven Adenauer angesprochen, der sich zuvor allein beworben hatte. Bei Sven, Thorsten und mir hat es sofort gepasst. Wir ergänzen uns hervorragend. Eigentlich hatte uns der Mitgliederrat versprochen, dass wir uns bis Ostern nochmal zu dritt präsentieren dürfen. Dazu ist es leider nicht gekommen. Das fand ich enttäuschend. Ich bin jemand, der seine Versprechen hält. Nach Ostern wurde uns mitgeteilt, dass wir nicht ausgewählt wurden. Dann haben wir die Unterschriftenaktion gestartet.

Wie sah der Mitgliederrat das?

Hollweck: Es hatten sich rund 30 Personen beworben. Klar, dass nicht alle genommen werden konnten. Wir haben gefragt, wie das gesehen würde, wenn wir satzungskonform den Weg über die Unterschriften gehen. Einige im Mitgliederrat fanden das gut, andere nicht. Es würde den Verein spalten, hieß es. Das sehen wir nicht so. Wir haben es gemacht und, wie das Team Stroman, auch geschafft. Für uns ist es ein Erfolg, denn jetzt haben alle Mitglieder eine echte Wahl. Ich glaube, dass das auch bei künftigen Versammlungen so sein wird.

Ihr habt knapp 5000 Unterstützerinnen und Unterstützer – kommen die alle zur Wahl am 27. September 2025 ins Rhein-Energie-Stadion?

Hollweck: Ich bin mir sicher, dass sie kommen. In den zahlreichen Gesprächen in den vergangenen Wochen und Monaten haben uns die Mitglieder gesagt, dass sie eine echte Wahl haben wollen. Und einige haben uns auch mitgeteilt, dass sie für beide Teams unterschrieben haben. Das finde ich gut. Ich begrüße einen fairen Wettbewerb. Uns geht es darum, dem Verein zu helfen. Ich habe gehört, dass bereits über 6000 Mitglieder beim FC bekundet haben, dass sie kommen. Ich hoffe, dass es über 10.000 werden. Das wäre ein starkes Zeichen für die Demokratie im Verein und damit würde der FC auch ein Signal weit über die Grenzen Kölns setzen.

Sie sind seit früher Kindheit FC-Fan – wie stehen sie zu Pyro und Spruchbändern?

Hollweck: Pyrotechnik ist nicht das, was uns stört. Pyrotechnik ist grundsätzlich verboten, gehört aber zur Fankultur. Wir müssen in Zukunft einen gemeinsamen Weg mit allen Beteiligten finden. Dazu gehören Ordnungsbehörden, Gesetzgeber, Vereine, DFB, DFL und Fans. Uns ist ein Dorn im Auge, dass einige Choreografien Grenzen überschreiten. Gewaltverherrlichende Darstellungen sind mit den Werten des FC nicht vereinbar. Das wirft bundesweit ein schlechtes Licht auf den Verein. Das darf nicht sein. Die Außendarstellung ist zudem kontraproduktiv bei der Sponsorensuche. Wie es anders geht, zeigt zum Beispiel der SC Freiburg. Die bauen ein Stadion aus eigenen Mitteln. Wie können die das machen? Unter anderem, weil sie ein durchweg sympathischer Verein sind und Sponsoren wie zum Beispiel den Europa Park gewinnen. Wenn der SCF aber als chaotischer Klub bekannt wäre, würde kein Familienpark ihn unterstützen. Wir haben in Köln außergewöhnliche Fans. Aber Slogans wie ‚Europa auffressen‘ fand ich auch nicht glücklich. Wir müssen nicht aus unserem Maskottchen Hennes ein Monster mit Klauen machen. Das geht kreativer, freundlicher und ohne Krawall.

Ihr seid als Team unheimlich offen und teils auch knallhart ehrlich – braucht der FC eine Spitze, die das Herz auf der Zunge trägt?

Hollweck: Ich habe einen Standpunkt, den ich vertrete und damit trete ich zur Wahl an. Wenn bei einer hoffentlich gut besuchten Mitgliederversammlung nur 20 Prozent sagen, dass sie das Team Adenauer gut finden, dann ist unsere Idee nicht mehrheitsfähig. Wir haben nicht versucht, es allen recht zu machen. Wir haben eine klare Haltung. Und wir wollen der Vorstand für die Fans sein, die das auch so sehen. Wir stehen für die Fans, die eine friedliche Stimmung wollen und für Werte wie zum Beispiel Fairplay.

Wären sie als Metzger einer der ungewöhnlichsten Personen in einem FC-Vorstand?

Hollweck lacht: Ich wäre sicherlich außergewöhnlich. Ich bin kein Doktor, kein Professor, kein Studierter. Es wäre schon ein Novum und würde mich wahnsinnig stolz machen.

Ein Punkt in ihrem Programm ist durchaus heikel: ein neues Stadion …

Hollweck: Wir wollen das Thema angehen – ohne Denkverbote. Die erste Option ist: Ausbau in Müngersdorf auf 75.000 Plätze. Das muss jetzt geplant werden, denn der Pachtvertrag läuft nur noch neun Jahre. Es geht immer etwas, wenn man will und alle Beteiligten sich an einen Tisch setzen. Und da setze ich insbesondere auf die politische Kompetenz von Sven Adenauer. Wenn in den Gesprächen mit Stadt, Anwohnern oder Verkehrsplanern trotzdem rauskommt, dass nichts möglich ist, dann denken wir an einen Neubau. So ehrlich sind wir. Zum Beispiel in Marsdorf – quasi in Sichtweite von Müngersdorf. Der Druck ist da, weil viele keine Karten für die Spiele bekommen. Unsere Vision wäre als Alternative zum Standort Müngersdorf – natürlich unter Einbeziehung der Mitglieder – der Bau eines neuen ‚grünen‘ Stadions mit mindestens 80.000 Plätzen. Ein Stadion, das nicht nur klimaneutral, sondern einmalig in der Welt ist, das positiven Einfluss auf das Klima hat, das CO₂ filtert und die Umgebungstemperatur senkt. Ein Stadion in einem aufgeforsteten Wald, mit einem künstlichen See – ähnlich wie der Adenauer Weiher – sowie begrünten Nebengebäuden und Parkplätzen. Möglichst ohne Anwohner, die sich beeinträchtigt fühlen. Wenn der FC ein eigenes Stadion hätte, wäre das für die Weiterentwicklung des Vereins ein Meilenstein.

Wer würde das Stadion finanzieren?

Hollweck: Wir können doch nicht jetzt schon mit potenziellen Geldgebern sprechen. Erstmal muss alles unvoreingenommen geprüft werden. Fakt ist: Wir wollen in Müngersdorf bleiben. Und wenn das nicht geht, müssen wir mit den Mitgliedern sprechen und Alternativen bieten. Und die werden Geld kosten.

Falls sie nicht gewählt werden, würden sie trotzdem mit ihren Ideen am Ball bleiben und dem FC helfen?

Hollweck: Ich werde mich immer für den Effzeh engagieren. Wenn einer vom FC kommt und mich fragt, bin ich da. Thomas Kessler wird meine Expertise nicht brauchen (lacht). Er macht den Job hervorragend. Aber ich werde mich nicht zurückziehen oder zu einem anderen Verein wechseln, weder nach Offenbach noch nach Hamburg. Für mich gibt es nur den FC. Ich habe aber auch Respekt vor jedem anderen Verein.