Weltmeister tut sich bei U21 schwerHochgelobtes FC-Talent muss sich hinten anstellen

Fayssal Harchaoui im Trikot des 1. FC Köln bei einem Testspiel.

Galt als eines der größten Talente des 1. FC Köln: der 19-jährige Fayssal Harchaoui.

U17-Welt- und Europameister, Deutscher Meister mit der U19 – Fayssal Harchaoui hat im Jugendfußball alles abgeräumt. Doch bei den Profis des 1. FC Köln erlebt das Talent jetzt die knallharte Realität. 

Es sind Worte, die wie Musik in den Ohren klingen mussten. Gerade hatte die U19 des 1. FC Köln den Erzrivalen Bayer Leverkusen im Finale um die Deutsche Meisterschaft niedergerungen, da adelte Trainer Stefan Ruthenbeck sein Juwel Fayssal Harchaoui (19).

Er sei ein „echter Leader“ geworden und habe als entscheidender Mann zwischen Abwehr und Angriff einen „großen Sprung gemacht“.

Harchaoui kommt bei U21 noch nicht zurecht

Doch Ruthenbeck warnte auch: Der Sprung zu den Profis sei groß. Eine Prognose, die für Harchaoui zur bitteren Wahrheit werden sollte. Denn obwohl der Coach ihm das Potenzial für die Bundesliga bescheinigte, sieht die Gegenwart düster aus.

Der harte Aufprall in der Realität: Statt im Profi-Kader um Einsatzzeiten zu kämpfen, drückt der hochdekorierte Mittelfeldspieler aktuell bei der U21 in der viertklassigen Regionalliga zuletzt die Bank. Beim 3:0-Sieg gegen den SC Wiedenbrück durfte er für mickrige sieben Minuten ran. Ein Schlag ins Gesicht für das Talent, dessen Frust riesig sein dürfte. Am 1. Spieltag stand er bei der 0:3-Niederlage in Bocholt noch in der Startelf, wurde in der 73. Minute gegen Stürmer Malek El Mala ausgetauscht.

Wie konnte es so weit kommen? Zu Beginn der Vorbereitung durfte Harchaoui noch bei den Profis von Trainer Lukas Kwasniok reinschnuppern. Doch dann die kalte Dusche: Vor dem Trainingslager wurde Harachaoui ausgemustert und zur U21 geschickt! Hinter vorgehaltener Hand heißt es, der Sechser sei körperlich und athletisch (noch) zu schwach für den Profi-Fußball. 

Dabei sah das im vergangenen Jahr noch alles ganz anders aus. Im Juni 2024 wurde sein Vertrag unter großem Jubel bis 2028 verlängert. Der FC, geplagt von Abstieg und Transfersperre, schmückte sich mit seinem Talent. 

Fayssal Harchaoui und Justin von der Hitz feiern mit dem WM-Pokal.

Wurden zusammen U17-Weltmeister: Fayssal Harchaoui (l.) und Justin von der Hitz. Letzterer hat den 1. FC Köln bereits verlassen und spielt für den 1. FC Nürnberg.

Andere junge Spieler wie Julian Pauli oder Damion Downs bekamen ihre Chance und überzeugten. Harchaoui, der in der vergangenen Saison aus der U21 zurück in die U19 geholt wurde, schaut dagegen in die Röhre – und er ist nicht der Einzige, dem die Perspektive fehlt.

Die Liste der Toptalente, die dem Geißbockheim den Rücken gekehrt haben, ist lang. Ob Downs, Jonas Urbig, Max Finkgräfe, Justin Diehl, Florian Wirtz oder Weltmeister-Kollege Justin von der Hitz. Bis auf Pauli ist keiner mehr da. Und bei wird über eine Ausleihe nachgedacht. Bei Downs, Urbig und Finkgräfe gab es immerhin ordentliche Ablösen.

Natürlich kann nicht jedes Talent den Sprung schaffen. Aber der Fall Harchaoui zeigt, wie steinig der Weg sein kann. Der Verein selbst hält sich bedeckt. Auf Nachfrage wollte sich gegenüber dem Kölner Stadt-Anzeiger keiner der Verantwortlichen um Sportdirektor Thomas Kessler äußern.

Intern wird nach einer Lösung gesucht, ein Leihgeschäft steht im Raum. Doch passende Angebote? Bisher Fehlanzeige. Für Fayssal Harchaoui bedeutet das: weiter warten. Eine Geduldsprobe für einen 19-Jährigen, der sich schon auf dem Sprung zu den Profis sah. (red)