Von der U16 bis zur U19Vorzeige-Jugend des FC steckt in der Krise – das sind die Gründe

Etienne Borié im Zweikampf mit Schalkes Yannick Numbisie.

Die U19 des 1. FC Köln (hier im Spiel gegen Schalke 04 am 4. Februar 2024) läuft den Ansprüchen in dieser Saison weit hinterher.

Die Nachwuchsmannschaften des 1. FC Köln laufen den Erwartungen in dieser Saison hinterher. Die Krise zieht sich von der U16 bis zur U21. Die Gründe für die Misere sind vielfältig.

von Uwe Bödeker (ubo)Jürgen Kemper (kem)

Die fetten Jahre sind erstmal vorbei. Die Vorzeige-Jugend des 1. FC Köln, die in den vergangenen Jahren prestigeträchtige Titel wie die B-Jugendmeisterschaft 2019 und den DFB-Pokal der A-Jugendlichen 2023 geholt hat, läuft der Musik aktuell nur hinterher.

Die U21 ist nach toller Hinrunde seit acht Spielen ohne Sieg. In der U16 ist der FC hinter Bayer Leverkusen, dem Bonner SC und Viktoria Köln nur die vierte Macht am Rhein, nachdem man vergangene Saison niederlagenfrei Meister wurde.

Die U17 dümpelt als Siebter im Tabellen-Niemandsland herum und die U19 würde gar in akuten Abstiegsnöten stecken, wenn der Abstieg nicht wegen einer Neustrukturierung im Jugendbereich ausgesetzt wäre. Von den letzten sieben Spielen hat die A-Jugend sechs verloren, dazu gab es noch ein 0:0 gegen den Vorletzten Wuppertaler SV.

Ein herber Aufprall, nachdem die Mannschaft von Stefan Ruthenbeck (51) in der vergangenen Saison fast alles gewonnen hatte. Die Ruthe-Elf holte sensationell den DFB-Pokal und erreichte das Halbfinale um die Deutsche Meisterschaft. „Es ist ein komisches Gefühl, dass wir nach dem letzten Jahr im Moment Probleme haben, Spiele zu gewinnen“, sagte Ruthenbeck nach dem verlorenen Derby gegen Bayer Leverkusen (25. Februar 2024, 0:2) im Gespräch mit EXPRESS.de.

Transfersperre hat die Jugend des 1. FC Köln hart getroffen

Die Gründe für den momentanen Durchhänger sind vielfältig. In erster Linie hat die Transfersperre nicht nur die Profis, sondern auch die Jugend hart getroffen. Viele Transfers konnten im Sommer, aufgrund der damals herrschenden Ungewissheit, nicht so umgesetzt werden wie geplant. Es hagelte – wie auch bei den Profis – Absagen. Viele Talente flutschten den machtlosen Verantwortlichen durch die Finger.

Und als dann im Winter nachjustiert werden sollte, machte die Fifa-Sperre alle Pläne zunichte. Der FC musste möglichen hochkarätigen Anwerbungen viele bittere Absagen über die Weihnachtstage erteilen. Nun sind die männlichen Nachwuchs-Mannschaften U21, U19, U17 und U16 bis Januar 2025 praktisch handlungsunfähig.

Erschwerend kommt hinzu, dass Winterwechsel im Nachwuchs während einer laufenden Saison aufgrund von nötigen Schulwechseln und frei verhandelbaren Ablösesummen für Vereine wie den FC kaum zu realisieren sind, sodass am Ende die Fifa-Sperre den Kölner Nachwuchs volle zwei Spielzeiten trifft.

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Und während der FC tatenlos zusehen muss, hat vor allem die zahlungskräftige Konkurrenz aus dem Bundesliga-Westen, allen voran Bayer Leverkusen, national und international extrem aufgerüstet. Alles auf die aktuelle Sperre zu schieben, wäre aber zu einfach. Die klammen FC-Kassen und die Corona-Pandemie haben schon zuvor wenige Top-Transfers zugelassen.

Verletzungs-Probleme machen FC-Junioren zu schaffen

Ein weiterer Grund ist eine außergewöhnliche Verletzten-Misere im NLZ. Das bekommt vor allem Pokalsieger Ruthenbeck zu spüren. Exemplarisch: Bei der Niederlage gegen Leverkusen fielen gleich drei von fünf Mitgliedern aus dem Mannschaftsrat verletzt aus, ein weiteres war gesperrt. Dazu muss der Coach langfristig auf die beiden U17-Weltmeister Justin von der Hitz (Syndesmoseband) und Fayssal Harchaoui (Schulter) verzichten.

Toptorjäger Jaka Cuber Potocnik war aus bekannten Gründen monatelang zum Nichtstun verdammt, und Leistungsträger wie Matti Wagner werden bereits in der U21 gebraucht. Auch der Shootingstar der ersten Spiele, Potocnik-Sturmpartner Youssoupha Niang, fällt seit Monaten aus. Insgesamt fehlen der U19 seit Wochen bis zu zehn Spieler im Training. „Das ist dann schon schwierig“, sagt Ruthenbeck: „Wir haben da Themen, die wir so die Jahre vorher nicht hatten.“

Saison 2023/2024

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Neben der Sperre und den vielen Verletzten gehört zur (unbequemen) Wahrheit aber auch, dass nach den Top-Jahrgängen (2002 - 2004) der vergangenen Jahre aktuell in der Breite eher schwächere nachrücken. Die steigende Erwartungshaltung durch den Druck, den letzten Nachwuchs-Erfolgen nacheifern zu müssen, scheint einigen Talenten zusätzlich schwer auf den Schultern zu lasten.

„Wir wissen die aktuelle Situation richtig einzuschätzen. Bei der Analyse der einzelnen Teams können wir keine Schablone anlegen, es gibt unterschiedliche Gründe für die aktuellen Ergebnisse. Unabhängig davon liegt der Fokus auf der Entwicklung der Spieler“, sagt NLZ-Boss Lukas Berg.

Ruthenbeck kann dem aktuellen Durchhänger aber auch durchaus etwas Positives abgewinnen. Er sagt: „Es gehört zur Ausbildung dazu, dass wir auch mal unten drinstecken. Die aktuelle Situation ist so viel näher dran am Profifußball beim FC als letztes Jahr, wo wir alles gewonnen haben. Es ist zwar unser Anspruch als 1. FC Köln jedes Jahr oben mitzuspielen. Unter dem Strich geht es aber um die bestmögliche Ausbildung. Wir müssen die Jungs, die Thema für die U21 oder die Profis sind, besser machen.“