Kommentar zur VersammlungDer Wandel beim FC ist spürbar – aber eine Entwicklung beunruhigt

Dr. Christian Keller (Geschäftsführer 1. FC Köln GmbH & Co.KGaA) bei der Mitgliederversammlung des 1. FC Köln.

Besonders der Vortrag von Geschäftsführer Christian Keller beeindruckte die Anwesenden bei der Mitgliederversammlung des 1. FC Köln am 20. September 2022.

Finanziell geht es dem 1. FC Köln schlecht. Die Geschäftsführer schlagen Alarm. Das Präsidium erhält klare Rückendeckung. Ein Kommentar zur Mitgliederversammlung in der Lanxess-Arena.

von Marcel Schwamborn (msw)

Viele Fans rieben sich verwundert die Augen. Eine Mitgliederversammlung, die weit vor Mitternacht endet. Ein Abend ohne wüste Pöbeleien und Skandale. Alle Gremien wurden entlastet, der Vorstand mit überwältigender Mehrheit wiedergewählt, die Satzungsänderung klar bewilligt.

„Das ist nicht mehr mein 1. FC Köln“, sagte ein Anhänger nach der fünfstündigen Sitzung scherzhaft. In der Tat war am Dienstagabend (20. September 2022) in der Lanxess-Arena so einiges „spürbar anders“, auch wenn ein Fan noch einmal leidenschaftlich für die Abschaffung des Slogans votierte.

1. FC Köln: Philipp Türoff und Christian Keller stehen für neue Sachlichkeit

Unvergessen, wie auf früheren Versammlungen schon mal unter dem tosenden Jubel der Menge Trainerentlassungen verkündet wurden. Wie dem Volk irgendwelche Ziele aus Wolkenkuckucksheim präsentiert wurden, um für Stimmung zu sorgen. Oder wie Präsidiumsmitglieder abfällige Gesten und Bemerkungen Richtung Volk losließen.

Beim FC ist inzwischen eine neue Sachlichkeit an der Tagesordnung. Die Vorträge der beiden Geschäftsführer Philipp Türoff (46) und Christian Keller (43) waren klar und überzeugend. Schonungslos offen skizzierten beide die Probleme und Defizite im Verein. Zudem zeigten sie aber auch Wege in eine bessere Zukunft auf.

Die Formulierungen, der Verein sei ein „Sanierungsfall“ und „strukturell defizitär“, klingen hart, helfen aber, künftig kluge Entscheidungen zu treffen. Die Geschäftsführer richten den Blick nach vorn und beschäftigen sich nicht mit Nachkarten.

Auch, dass der Verein derzeit für viel positivere Dinge als für die Nizza-Schande steht, wurde beim Aufmarsch der Frauen- und Herren-Teams deutlich. Steffen Baumgart (50) verkörpert mit seiner schroffen, ehrlichen Art sinnbildlich den Wandel im Klub. Da malt keiner Luftschlösser oder lässt sich von einzelnen Erfolgen blenden. Der Weg hin zum stabilen Bundesligisten ist immer noch weit.

1. FC Köln: Nur noch 779 Mitglieder blieben bis zur Vorstandswahl

Eins sollte dem Präsidium um Werner Wolf (66) jedoch zu denken geben. Der FC rühmt sich gerne damit, ein von Mitgliedern bestimmter Verein zu sein und lehnt jegliche strategische Beteiligung ab. Mehr als 123.000 Mitglieder sind inzwischen registriert. Dass dann am Ende bei der Vorstandswahl aber nur noch 779 Anwesende und somit 0,7 Prozent der Mitglieder in der Halle waren, ist doch dürftig.

Es kann nicht sein, dass nur dann Interesse an einer Versammlung herrscht, wenn der Verein in der Krise steckt, wenn es darum geht, den Verantwortlichen einen Denkzettel zu verpassen oder wenn der Klub Hoodies verspricht.