Riesen-Shitstorm gegen OttoKunden drohen jetzt mit Abwanderung – schuld ist ein kleines Wort

Sendungen von Otto liegen in unserem Archivbild von 2015 in einer Auspackstation in Hamburg: Das Unternehmen bemüht sich seit einigen Wochen um eine gendergerechte Sprache. Und sorgt für Unmut bei einigen Kunden.

Sendungen von Otto liegen in unserem Archivbild von 2015 in einer Auspackstation in Hamburg: Das Unternehmen bemüht sich seit einigen Wochen um eine gendergerechte Sprache. Und sorgt für Unmut bei einigen Kunden.

Seit einigen Jahren schon bemüht sich der Versand-Gigant Otto um eine gendergerechte Sprache – sehr zum Unmut von einigen Kunden. Ein Wort sorgte nun auf Twitter für eine Welle der Entrüstung. Otto reagierte darauf entspannt.

Köln. Ein einziges Wort reichte – und schon waren viele Twitter-Nutzer auf dem Baum. Als Otto dann betont entspannt auf die Kritik reagierte, war die Wut umso größer.

Die Gender-Debatte hat nun auch einen der größten Online-Shops in Deutschland erreicht.

Eigentlich wirkt der Tweet, den das Social-Media-Team von Otto am 28. Oktober 2021 postete, sehr unproblematisch: „Immer mehr Kolleg*innen arbeiten wieder im Büro – aber eben nicht alle. Hybride Zusammenarbeit wird unausweichlich“, heißt es darin. Zu sehen ist Mitarbeiter Sebastian, aus dem sogenannten „FutureWork-Team“, der über Herausforderungen und die hybride Zusammenarbeit spricht. 

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Otto: Gendersprache sorgt für wütende Tweets

Doch das Wörtchen „Kolleg*innen“ lässt bei einigen Twitter-Nutzern die Hutschnur hochgehen. Ein User verschaffte seiner Wut Luft, indem er unter dem Tweet von Otto kurzerhand antwortete: „Wer gendert, kriegt keine Bestellung. So einfach ist das – und Amazon freut sich.“ 

Otto aber zeigte sich daraufhin cool und verteidigte die Gender-Sprache in seinem Tweet. Die Antwort des Social-Media-Teams: „Stimmt, so einfach ist das: Wir gendern. Und du musst nicht bei uns bestellen.“ Rumms.

Die Folge: Eine Flut der Entrüstung auf der einen, viel Lob für den Konzern für seine eiskalte Antwort auf der anderen Seite.

Otto: Nutzer drohen mit Abwanderung, Konzern reagiert cool

„Ich hab früher gerne bei euch bestellt. Aber solange ihr lieber weiter woke seid und meint, ihr müsstet den Gender-Unsinn mitmachen, der nachgewiesen andere Menschen ausgrenzt, bestelle ich bei euch kein einziges Produkt mehr“, meint ein Kunde dazu. Auch andere Nutzer drohen unter dem Tweet mit Abwanderung zu Konkurrenten.

„Seit über 19 Jahren beschaffe ich Büromaterial und Betriebsausstattung für unsere Firma über Otto-Office. Dann werde ich jetzt auch mal einen Wandel einleiten. Bin mir sicher, dass sich ein anderer Lieferant über den 5-stelligen Jahresumsatz freuen wird“, schreibt ein weiterer Nutzer.

„Gendern bei Otto bedeutet Paris, Athen auf Wiedersehen. Erledigt, abgehakt! Wo muss ich mich melden, damit meine Daten DSVGO konform gelöscht werden?“, erklärt ein weiterer Nutzer. Otto wiederum gibt sich gelassen und kundenfreundlich zugleich: „Hallo, du kannst die Datenlöschung direkt in deinem Online-Kundenkonto unter ‚Meine persönlichen Daten‘ auswählen.“

Otto: Nutzer befürworten auch klares Auftreten des Konzerns

Andere Nutzer wiederum befürworten das klare Auftreten des Konzerns. „Da ich als Frau nicht nur ‚mitgemeint‘ sein möchte (solange es in den Kram passt, dass ich vermeintlich oder tatsächlich mitgemeint bin), bestelle ich gerne bei Unternehmen, die sprachlich nicht in den 1950ern hängengeblieben sind. Wie zum Beispiel bei Otto.“ 

Ein weiterer Nutzer meint: „So ist das halt: die einen schätzen Gleichstellung und Fortschritt, die anderen bestellen bald nirgends mehr, weil bald niemand mehr in der rückständigen Vergangenheit übrig bleibt.“

Der Hashtag „#Otto“ und „#Gendern“ war am Dienstag über längere Zeit auf Twitter in den Trends zu finden.

Sternchen, Doppelpunkt oder Unterstrich - die Debatte um geschlechtergerechte Sprache ist seit vielen Monaten in vollem Gange. Der Versand-Gigant selbst hat schon 2019 erklärt: „Otto setzt sich für gleichberechtigte Sprache für Männer, Frauen und alle weiteren Geschlechter ein.“ Man habe sich daher vorgenommen, die Sprache dementsprechend zu verändern. Linda Gondorf, die Chefin vom Dienst in der Unternehmenskommunikation, führt auch die unternehmenseigene Projektgruppe „Gendergerechte Sprache“.

Gendern ja oder nein? Großteil der Deutschen dagegen

Einer aktuellen Befragung des Instituts für Generationenforschung zufolge lehnt die Mehrheit der Deutschen aber das Gendern ab. In der repräsentativen Umfrage wurden bundesweit 2398 Personen befragt. 65 Prozent fanden „die aktuelle Genderdebatte nicht gut geführt“. Mehr als drei Viertel aller über 40-Jährigen würden „eine offizielle Gender-Vorgabe falsch finden“. Bei Jüngeren stimmten dieser Aussage immer noch etwa die Hälfte der Befragten zu.

Die Gruppe mit den meisten Gender-Befürworterinnen sei laut Studie weiblich, lebe in Westdeutschland mit einem Hochschulabschluss und sei in einer Altersspanne von 30 bis 45 Jahren zu verorten. Nicht nur Otto hat mit Anfeindungen wegen der gendergerechten Sprache in Kommentarspalten zu kämpfen. Entgleisungen zu dem Thema gibt es auf Twitter immer wieder. Gerade in den sozialen Medien werden die Grabenkämpfe unerbittlich ausgetragen. (mg)