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Gravierende EngpässeMedikamente für Notbedürftige in der Ukraine zurück in Deutschland– NRW fordert Reform

Das Symbolfoto von 2009 zeigt ein Kleinkind mit geöffnetem Mund. Es bekommt flüssige Medizin aus einer braunen Glasflasche auf die Zunge geträufelt.

Wenn Kinder krank sind, wie auf dem Foto symbolhaft dargestellt, benötigen sie oftmals Medizin.

Apotheken schlagen wegen erheblicher Lieferengpässe von Medikamenten Alarm. Vor allem für die Behandlung von Kindern fehlen wichtige Arzneimittel.

von Lara Hamel  (hl)

Jedes Jahr werden allein in Nordrhein-Westfalens Apotheken ungefähr 100 Millionen Rezepte vorgelegt. Kein Wunder: Viele Erkrankungen erfordern eine medikamentöse Behandlung.

Aktuell gibt es allerdings ein Problem mit der Versorgung, denn immer mehr Medikamente können gar nicht oder nur in der falschen Dosierung geliefert werden.

Lieferengpass: Medikamente waren eigentlich für die Ukraine gedacht

Gegenüber der „Rheinischen Post“ sagte Thomas Preis, Chef des Apothekerverbands Nordrhein, dass der Lieferengpass momentan fast jedes zweite Rezept betrifft. Das hat zur Folge, dass auch die Versorgungsqualität insgesamt sinkt, so ein Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein.

Besonders fatal laut Preis: „Für Kinder fehlen weiter wichtige Fiebersäfte und Antibiotika, oft suchen Eltern viele Apotheken auf, um noch eine Packung zu bekommen.“ Das sieht auch Oliver Funken so, der Chef des Hausärzteverbands Nordrhein. Meistens seien es nun mal Kleinkinder, die noch keine Tabletten schlucken könnten. Sie sind auf Medikamenten-Säfte angewiesen, die aktuell oft nicht lieferbar sind.

In der Folge werden Medikamente, die eigentlich in die Ukraine gehen sollten, nach Deutschland umgeleitet, um die hiesige Versorgung zu stabilisieren – inklusive Beipackzettel auf Ukrainisch. Das betrifft unter anderem Paracetamol in Saftform, wie aus dem Artikel der „Rheinischen Post“ von Montag, den 20. Februar 2023 hervorgeht. Das Antibiotikum Cotrimoxazol wird derzeit aus Italien und Großbritannien importiert. Apotheken können zwar alternative Medikamente ausgeben, allerdings bedeutet das einen zeitlichen Mehraufwand in Höhe von 3.000 Euro pro Monat pro Apotheke. Die Alternativen müssten zudem mit Ärztin oder Arzt abgesprochen werden.

Aus aktuellem Anlass reagierte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach mit einem „Gesetz zur Bekämpfung von Lieferengpässen bei patent freien Arzneimitteln und zur Verbesserung der Versorgung mit Kinderarzneimitteln“. Chef des Apothekenverbands Nordrhein Preis zufolge ist das aber nicht genug, da sich das Gesetz nur auf Antibiotika, Krebsmedikamente und Arzneien für Kinder bezieht.

Weil viele Generika, am patentierten Original angepasste Medikamente mit identischem Wirkstoff, billig in Asien produziert werden, wenden sich einige Hersteller von der Produktion ab. Das Land Nordrhein-Westfalen fordert daher eine Reform: Generika sollen wieder vermehrt in Deutschland und Europa hergestellt werden, Apotheken müssen von übermäßiger Bürokratie befreit werden und vor allem auch angemessen für die Engpass-Mehrarbeit bezahlt werden.