Kult auf jeder KirmesVerblüffende Fakten über unseren Grill-Liebling Bratwurst

Bratwürste auf einem undatierten Symbolfoto

Einfach zum Anbeißen, oder? Frisch gegrillte Bratwürste liegen auf diesem undatierten Symbolfoto zum Verzehr bereit. Die Bratwurst zählt in allen Regionen Deutschlands zu den wohl beliebtesten Würsten.

Die Bratwurst – knackig gegrilltes Kulturgut, beliebt auch in den USA, die der „German Brats“ mit einem eigenen Gedenktag huldigen. Hier bekommen Sie verblüffende Fakten verbraten.

von Stefanie Monien (smo)

Wenn’s um die Wurst geht – dann sind wir in Deutschland ganz vorne mit dabei. Denn unser liebstes Grillgut mit zwei Enden ist, genau: Bratwurst. Rund 100 Sorten samt ihrer Zutat-Spielarten von Lamm über Reh bis Fasan gibt es in Deutschland – da sind so köstliche Knacker wie die italienische Salsiccia, die Merguez aus dem Mahgreb oder die baskische Txistorra noch gar nicht mitgezählt.

Die gute alte „German Bratwurst“ ist ein Exportschlager – besonders im „Land der unbegrenzten Grill-Möglichkeiten“ steht man auf „Brats“.

Vom Mittelalter zum „Wurst Case“ bei der EU: Kleine Historie der Bratwurst

Und so huldigen die US-Amerikaner alljährlich am 16. August mit dem „National Bratwurst Day“ der in den 1850er Jahren von deutschen Einwanderern populär gemachten Schlemmerei im Saitling (Darm).

Warum der Bratwursttag ausgerechnet auf den Todestag von Elvis Presley (†1977) fällt, kann nur spekuliert werden. Immerhin hatte der „King“ in seinem letzten Lebensabschnitt einen fatalen Hang zu Fettigem …

  • Ein Faible für Fett hatte auch der römische Dichter Petronius, der um das Jahr 50 von „Bratwürsten, die auf silbernem Rost rauchten“ schreibt.
  • Gemäß dem Motto „Mein idealer Lebenszweck ist Borstenvieh und Schweinespeck“ wurstelt man sich durchs finstere Mittelalter – 1313 legt der Rat der Reichsstadt Nürnberg die Rezeptur der neun Zentimeter langen Nürnberger Rostbratwürstchen fest.
  • 1432 wird für die ebenfalls legendäre Thüringer Bratwurst festgeschrieben, dass sie ausschließlich aus frischem Schweinefleisch gefertigt sein dürfe.
  • Knapp 600 Jahre später werden sowohl die „Thüringer Rostbratwurst“ als auch „Nürnberger (Rost-)Bratwürste“ unter EU-Schutz gestellt.

Ein besonderer Protegé von Wurst und „g.g.A.“-Siegel ist Uli Hoeneß (70) – der Fußballfunktionär ist auch Wurstfabrikant. Und weil man in der EU ja nicht mal eben frei Schnauze gekuttertes und gewürztes Brät in einen Schafsdarm stopfen darf, gibt’s entsprechende Vorgaben für die Nürnberger. In leicht verdaulichem Stakkato verfasst: „Beschreibung des Erzeugnisses (…): 7-9 cm lange Bratwurst im engen Schafsaitling mit mittelgrober Körnung; Stückgewicht roh ca. 20-25 g“.

Wo wir gerade bei Definitionen im Ernährungswesen sind: Der Name Bratwurst kommt nicht unbedingt von dem, was man mit der Wurst macht – nämlich braten – sondern vom althochdeutschen „brato“, was Muskelfleisch bedeutet, und von dem wiederum sich das „Brät“ (fein durchgedrehtes bzw. gekuttertes Fleisch) ableitet. Gewürzt wird mit Salz, Pfeffer, Muskatblüte (Macis), Kümmel und Majoran – bisweilen auch mit Kardamom, Knoblauch, Piment oder fein gehackter Zitronenschale.

Nach einer Studie des Deutschen Fleischer-Verbandes aus dem vergangenen Jahr werden pro Jahr und Kopf 2,7 Kilo Bratwurst verzehrt (2020 lag der Gesamtfleischverzehr pro Kopf bei 57,3 Kilo/ Jahr).

Inzwischen nennen sich auch vegetarische und vegane Produkte z.B. aus Seitan (Weizeneiweiß), Tofu oder Süßlupinen Bratwurst. Was gut für Tier und Klima ist, ist allerdings (noch) kein Klassiker, wenngleich unaufhaltsam auf dem Vormarsch.

Fraglich, ob solche Würste bei Norbert Abt auf den Grill kämen: Er ist erneut zum Thüringer Bratwurstkönig ernannt worden. Die Funktion als Monarch hat er seit 2018 inne – bestimmt hat er zuvor im Bratwursthotel im fränkischen Rittersbach davon geträumt. In diesem Refugium ist alles der Wurst gewidmet – von Bratwursttapete bis Bettwurst. Ein Königreich für eine Bratwurst – die inzwischen sogar museumsreif ist.

Es sind die beiden berühmtesten Bratwurst-Spezialitäten Deutschlands – und daher haben sowohl die Nürnberger als auch die Thüringer Bratwurst (www.bratwurstmuseum.de) ein eigenes Museum (in dem es freilich auch allerlei über andere Würste zu bestaunen gibt).

Auf der Homepage der Nürnberger Bratwürste gibt’s unter anderem das Rezept für Bratwurst-Sushi (aber auch für Klassiker wie Kartoffelsalat mit Bratwurst). Zum Hanswurst am Herd muss da niemand werden!

Angesichts soviel wurstiger Ehre bleibt dem geneigten Grill-Gourmet in guter Speimanes-Manier nur noch zu sagen: „Herr Präsident – die Woosch!“ Bevor kölschen Traditionalisten nun der Bissen im Halse stecken bleibt: Ja, die Woosch vom „Hänneschen- Theater“ ist eine Blutwurst. Aber unter uns: Zubereitet wie eine Bratwurst schmeckt sie ausnehmend gut ...

Gin Tonic, Red Bull, Gummibärchen: Das kann alles in der Bratwurst stecken

Sich mittags zwischen Bratwurst und Spaghetti Bolognese entscheiden zu müssen, kann mutmaßlich manchen zum Hanswurst machen. Metzger Matthias Freund aus Sailauf in Unterfranken hat die Lösung (und rund 200 Würste im Sortiment): Er schuf die Spaghetti Bolognese-Bratwurst. Und die Gin-Tonic-Bratwurst. Und die Mozartkugel in Bratwurstversion mit Schoki und Pistazien. Nicht zu vergessen Pizzabratwurst, Glühwein-Bratwurst oder Viagra-Bratwurst (nicht rezeptpflichtig, da sie Brennesseln, das laut Freund „grüne Viagra“, enthält). Und natürlich die blitzeblaue „Europa-Bratwurst“, gefärbt mit Spirulina-Algen, samt gelben Käsesternen darin.

2018 kam Freund ins Guinnessbuch der Rekorde: Dank seines sagenhaften Sortiments. Allerdings greift auch ein „Kreativmetzger“ bratwursttechnisch gesehen mal daneben: „Die Gummibärchen-Bratwurst schmeckte eher nach Red Bull, das kam nicht so gut an.“ Seiner Wurst-Wonne hat das keinen Abbruch getan: Er experimentiert munter weiter.

Von Alligator bis Gekröse: Bratwurst-Klassiker aus aller Welt

Auch rund um die Welt geht’s um die Wurst – hier ein paar mehr oder weniger appetitlich anmutende Bratwurstspezialitäten:

  • Käsekrainer: österreichischer Mix aus Brät und Kas’, Klassiker am Würstl-Grill
  • Andouillette: französische „Gekrösebratwurst“ – aus Magen und Darm
  • Sai Krok Isan: fermentierte Bratwurst aus Schweinefleisch und Klebreis aus Thailand
  • Morcilla dulce: Süße Blutwurst, wird gebraten oder gegrillt, aus Spanien mit Reis, Zimt, Pinienkernen, Rosinen und viel Zucker
  • Klebreiswurst aus Taiwan: Gebratene Schweinswurst wird in eine „Wurst“ aus Klebreis gesteckt.
  • Boerewors: Südafrikanische Bratwurst, kann auch aus Springbock sein. Wird als Riesenschnecke serviert.
  • Alligatorwurst: Auf Streetfood-Festivals in den USA, z.B. in LA, ist diese Bratwurst aus dem Fleisch von Alligatoren ein Hit.

Currywurst – scharf besungene Königin der Grillgenüsse

„Kommse vonne Schicht, wat Schönret gibbet nich, als wie Cörriwuast“. Ja, Herbert Grönemeyer hatte 1982 schon den richtigen Riecher. Currywurst, die lange Scharfe, war 28 Jahre lang das beliebteste Kantinenessen (und „anne Bude“ sowieso). Im Pandemiejahr 2020 schubste Spaghetti Bolognese die Currywurst vom Kantinenthron.

Und wo wurde sie denn nun erfunden? Die Einzige, die ein Patent auf die mit Tomatensoße garnierte Wurst (ohne Darm!) anmeldete, war die Berlinerin Herta Heuwer 1949. In Hamburg soll es allerdings schon 1947 ein ähnliches Gericht gegeben haben. Egal wo, egal von wem erfunden, Hauptsache von „Herbert“ so besungen: „Ich brauch wat in Bauch ...“