AmiensSchwimmende Gärten und ein legendäres Vorbild für den Kölner Dom

Reiseseite Amiens

Die schwimmenden Gärten von Amiens – mitten im Fluss wird Gemüse gezogen. 

Pikantes in der Picardie: Die Stadt Amiens lockt nicht nur mit der weltberühmten Kathedrale, sondern auch mit kulinarischen Genüssen und Historischem – mit Strahlkraft bis nach Köln.

von Christof Ernst (che)

Bald werden wieder Kinder mit ihren Laternen durch die Straßen ziehen, Martinslieder singen und einen Weckmann bekommen. Was hat das mit Amiens, der Stadt im Nordwesten Frankreichs, zu tun? Sehr viel sogar. Denn vor 1688 Jahren, an einem kalten Wintertag im Jahr 334, saß ein zerlumpter Bettler vor dem Stadttor Amiens und fror erbärmlich. Da näherte sich ein römischer Soldat auf seinem Pferd...

Erraten – es war der gerade mal 18 Jahre alte römische Soldat Martinus. Als er den armen Mann sah, nahm er das Schwert, teilte seinen mit Schaffell gefütterten Offiziersmantel und gab dem Bettler eine Hälfte. Später wurde der hilfsbereite Martin Bischof von Tours. Heute erinnert in Amiens leider nichts mehr an die gute Tat des späteren Heiligen. Viel eher ist die Hauptstadt der Picardie, in der Frankreichs Staatspräsident Emanuel Macron geboren wurde, für seine schwimmenden Gärten berühmt.

Amiens in Frankreich: Kultur, Kirchen und ein Hauch vom Kölner Dom

  • Unbedingt machen: Eine Kahnfahrt durch die Gärten. Die sogenannten „Hortillonnages“ gab es schon zu Lebzeiten des Heiligen Martin. Es sind verschieden große Inseln, die in den Flussarmen der Somme und der Avre im Norden Amiens liegen. Früher bauten die Bauern auf einer Fläche von 10 000 Hektar (entspricht der Größe Jerusalems) Obst und Gemüse an. Aktuell werden nur noch rund 25 Hektar von zehn Gärtnern bewirtschaftet. Viele Parzellen dienen den Bewohnern von Amiens zudem als „Datsche“. Touristen (bis zu 100.000 pro Jahr) können sich in den flachen Kähnen, die früher von den Bauern genutzt wurden, durch die Kanäle fahren lassen.
Die Stadt Amiens in Frankreich - Blick vom Fluss Somme auf die weltberühmte Kathedrale.

Vom Fluss Somme aus hat man einen schönen Blick auf die Altstadt und die Kathedrale.

  • Unterwegs sein: Empfehlenswert ist es, mit dem Fahrrad durch die schwimmenden Gärten zu fahren. Aber unbedingt immer wieder absteigen, um Seerosen, Schilf oder Pfeilkraut zu sehen. Mit etwas Glück sichtet man auch Haubentaucher, Wasserhühner und Hechte.
  • Bummeln und Sightseeing: Aber Amiens hat noch mehr zu bieten: Zum Beispiel das mittelalterlich anmutende Viertel Saint-Leu direkt an der Somme. Man nennt es wegen seiner vielen Kanäle auch das „Venedig Frankreichs“. Eine attraktive Fußgängerzone mit vielen kleinen Läden führt zur Kathedrale „Notre-Dame d’Amiens“. Die Kirche mit dem höchsten Mittelschiff Frankreichs (42,3 Meter) war übrigens architektonisches Vorbild für die Baumeister des Kölner Doms. Zwei Besonderheiten gibt es: Im Boden in der Mitte der Kathedrale kann man an einem Labyrinth aus Fliesen entlanggehen. Weltruhm erreichte der „Weinende Engel“ (L’Ange pleureur) auf der Rückseite des Hauptaltars. Im Ersten Weltkrieg wurden Hunderttausende Postkarten mit dem Engel – besonders von britischen Soldaten – in die Heimat geschickt.
  • Kultur auf den Spuren von Jules Verne: Der große Schriftsteller („In 80 Tagen um die Welt“) ist zwar nicht in Amiens geboren, lebte aber mehr als drei Jahrzehnte bis zu seinem Tod 1905 in der Stadt – und liebte sie. Gut 2,5 Kilometer lang ist der Stadtrundgang, auf dem man zwölf Stationen Jules Vernes besuchen kann. Mehr Infos gibt es im gut sortierten Office de Tourisme ganz in der Nähe der Kathedrale.
  • Essen und Trinken: So vielfältig wie die Stadt ist auch ihre Küche: Mal deftig, mal raffiniert. Der richtige Gaumengenuss für eine Zwischenmahlzeit ist eine Ficelle Picardes. Die besteht aus einem herzhaften Crêpes-Teig, aus dem Vierecke geformt werden, die z. B. mit Schinken, Hackfleisch und einer Käse-Sahne-Soße gefüllt werden. Lecker! Kostet 14 bis 15 Euro und lohnt sich.
  • Übernachten: Die Angebote an Pensionen und Hotels sind reichhaltig. In der aktuellen Nebensaison bekommt man schöne Zimmer schon für 75 bis 90 Euro. Der „Camping des Cygnes“ in der Nähe von Amiens ist ganz okay, kostet aktuell 26 Euro für ein Wohnmobil mit zwei Personen.
  • Das nervt: Dass selbst im schönen Jardin des Plantes die Papierkörbe aussehen wie kleine Müllhalden.
  • Das bleibt: Die überaus freundlichen Kellner in den kleinen Bistros der Innenstadt, die sich auch von den leider grantelnden Touristen nicht aus der Ruhe bringen lassen.