Blutspenden jetzt noch dringender benötigtBrauchen Spender jetzt einen Geldanreiz?

Köln – Blutspenden könnten in Zeiten von Corona eine ganz neue Bedeutung bekommen. Genesene mit Antikörpern sind vielleicht eine Hilfe für Schwerkranke. Doch bei Blutspenden gibt es Engpässe, nicht nur durch Kontaktbeschränkungen. Sollte Solidarität besser vergütet werden als bisher?

In Hessen und Baden-Württemberg war es Pfingsten schon knapp. Im Ernstfall hätten die Blutreserven keine 24 Stunden gereicht, so das Deutsche Rote Kreuz (DRK) zum Weltblutspendetag am Sonntag. Auch in anderen Regionen schwinden Puffer, weil Spender ausbleiben.

Neuer Inhalt (1)

Blutspenden werden gerade jetzt wieder dringend gebraucht, die Vorräte sind in vielen Regionen nahezu aufgebraucht.

Wofür werden Blutspenden gebraucht? „Das meiste wird für Patienten mit bösartigen Erkrankungen, vor allem bei der Blutbildung verwendet. Und bei Tumorerkrankungen“, so Hubert Schrezenmeier, Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie. Dazu komme die Versorgung von Verletzten nach Unfällen sowie die Behandlung chronischer Erkrankungen.

Alles zum Thema Corona

Wie viel Blut wird benötigt? Hubert Schrezenmeier: „In Deutschland benötigen wir pro Tag etwa 15.000 Vollblutspenden.“ Im Schnitt spenden aber nur drei Prozent der Bundesbürger Blut. „Rund ein Drittel könnte das grundsätzlich tun.“ Es fehle an Bereitschaft und Motivation. Das solle aber kein Vorwurf sein. Vor dem Hintergrund wirklich kaum zu begreifen: Bundesgesundheitsminister Spahn will  weiterhin verbieten, dass homosexuelle Männer Blut spenden.  Das bekräftigte er erst vor zwei Wochen. Ausnahme: Sie bestätigen, dass sie zwölf Monate keinen Geschlechtsverkehr mit einem anderen Mann gehabt haben. Diskriminierend und komplett sinnfrei.

Welche Bedeutung könnte dem Blut in der Corona-Pandemie zukommen? Die Berliner Charité sucht darin nach biologischen Merkmalen. Es scheint möglich, dass die Menge verschiedener Proteine im Blutplasma von Infizierten als Biomarker eine Vorhersage des Erkrankungsverlaufs erlaubt. Schrezenmeier arbeitet in Ulm an einer Studie mit, ob das Blutplasma von Genesenen mit Antikörpern schwerkranken Covid-19-Patienten helfen kann. Es wird stark vermutet, Belege gibt’s noch nicht, weil Vergleichsgruppen fehlen. „Wann Ergebnisse vorliegen, ist schwer zu sagen. Nur sehr schwere Covid-19-Fälle werden mit Genesenen-Plasma behandelt. Schwere Fälle gibt es im Moment aber nur wenige.“

Neuer Inhalt (2)

So funktioniert eine Blutspende.

Wie wird der Blutbedarf gedeckt? Die Solidarität in Sachen Blutspende hat nicht erst in der Corona-Krise nachgelassen. „In manchen Regionen ist die Spende-Bereitschaft stark rückläufig“, sagt Patric Nohe, Sprecher der Blutspendedienste des DRK. Das DRK deckt über zwei Drittel des Bedarfs an Blutkonserven in Deutschland. Die Spender bekommen dort – anders als bei privaten Anbietern oder Kliniken – keine Aufwandsentschädigung. Das solle so bleiben.

Sollte man doch Geld zahlen? Georg Marckmann, Professor für Medizinethik an der Ludwig-Maximilians-Universität München, sagt: „Es wäre durchaus angemessen, die wertvolle Ressource Blut mit einer Aufwandsentschädigung zu vergüten. „Marckmann hält 25 Euro für angemessen. Blut sei eine knappe und wertvolle Ressource, Blutspendedienste und nachgeschaltete Firmen verdienten damit Geld. „Daher ist es nur fair, wenn die Menschen, die diese Ressource zur Verfügung stellen und dafür Zeit aufwenden, auch eine angemessene Aufwandsentschädigung bekommen.“

Warum gibt es gerade jetzt einen erhöhten Blutbedarf? Da viele Kliniken verschobene OPs nachholen, sind mehr Spenden nötig. Auch die Haltbarkeit der Präparate spielt eine Rolle. Blutplasma lässt sich zwei Jahre lang einfrieren. Das Konzentrat aus roten Blutkörperchen ist nur 42 Tage verwendbar. Blutplättchen sind sogar nur 4 bis 5 Tage haltbar. „Es ist nicht möglich, große Vorräte aufzubauen. Wir brauchen regelmäßige Spenden.“

Wird das Blut auf Sars-CoV-2 getestet? Nein. Das Virus ist weder im Blut nachweisbar noch dadurch übertragbar. Blutspenden böten mit Antikörper-Tests aber die Möglichkeit, ein breites Screening auf durchgemachte Infektionen aufzusetzen. Bisher sei das aber nicht vorgesehen, sagt Schrezenmeier.