Sieben Jahre HölleWas Promi-Paar sich antat, um schwanger zu werden

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Wenn man versucht schwanger zu werden und es einfach nicht klappen will, kann das ganz schön an den Nerven zerren. 

Köln – Sieben Jahre lang war sie Monat für Monat voller Hoffnung, spürte das Ziehen in der Brust, alle Schwangerschaftssymptome – und dann jedes Mal doch wieder diese Leere. Viele tausend Euro haben Julie von Bismarck und Ehemann John in künstliche Befruchtungen, Hormone und Co. investiert, bis ihnen ein Arzt die Augen öffnete.

Kein Kaffee, kein Joggen, kein Rohmilchkäse

„Sie können noch eine ganze Fußballmannschaft an Kindern bekommen“, munterte ein Arzt sie nach der Fehlgeburt auf. Und die beiden glaubten fest daran. „Ich verzichtete auf alles, was der Arzt ihr geraten hatte.“

Kein Kaffee, kein Alkohol, nicht mal Yogi-Tee mit Zimt – weil Zimt angeblich Schwangerschaften verhindert. Baden war ein Tabu, keine Sushi-Partys, kein Reiten, kein Joggen, keine körperlichen Belastungen, kein Rohmilchkäse.

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Julie von Bismarck und ihr Ehemann haben für ein Baby alles auf eine Karte gesetzt.

„Unser Leben war bestimmt von meinem Zyklus“, erinnert sie sich im Gespräch mit uns. „John hatte sogar eine Zyklus-App auf seinem Handy.“ Sie habe den Gedanken allerdings ziemlich gruselig gefunden, dass ihr Mann, der internationale Sicherheitsexperte, aus einem Meeting stürme, um auf Kommando Sex zu haben.

„Daran gehen viele Beziehungen kaputt“, glaubt sie. „Da sind Kinderwunschpraxen ab einem gewissen Punkt sicherlich die bessere Alternative.“

„Sie können jederzeit wieder schwanger werden.“

„Sie haben 1 a-Eier", sagten die Ärzte. „Keine Angst, das wird.“ Daran klammerte sie sich 84 Monate. „Jedes Ziepen bekam eine Bedeutung. Löste ein Geruch Übelkeit aus, machte ich einen Schwangerschaftstest. War der negativ, tröstete ich mich damit, dass die Dinger ja unzuverlässig seien.“ Jeder Tropfen Blut – jeden Monat aufs Neue – war wie ein kleiner Tod. 

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„Sie können jederzeit wieder schwanger werden.“, sagten die Ärzte. Julie versuchte alles. „Ungefähr fünf Jahre lang habe ich Hormone verabreicht bekommen, um bessere Eizellen zu kreieren und zum Schleimhautaufbau Tabletten, Pflaster, Spritzen. Mit schlimmen Nebenwirkungen, die nach den künstlichen Befruchtungen noch drastischer waren. Einmal wurde ich nach einer sogenannten Überstimulation sogar richtig schwer krank“, erklärt sie.

„Da waren die extremen Rücken-, Unterleibs- und Brustschmerzen, dieses Gefühl der Scheinschwangerschaft. Aber am schlimmsten war, dass ich gar nicht mehr klar denken konnte, alles wie durch Watte sah.“

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In dem Buch „84 Monate“ (Piper-Verlag, 15 €) beschreibt Julie von Bismarck ihr Martyrium. 

Die weltweit bekannte Pferdeexpertin musste beruflich kürzertreten. „Ich habe mich in den Stimulationsphasen und nach den Transfers nur vom Sofa in die Küche geschleppt und zurück. Mir ging es wirklich schlecht.“

„Dann adoptiert doch“

Sie fühlte sich von all den Freunden, die um sie herum waren und so problemlos Kinder bekommen konnten, nur noch genervt. Und umgekehrt genauso. Die wenigen verbliebenen Bekannten rieten ihnen: „Dann adoptiert doch einfach ein Kind", sagt sie traurig.

„Aber das ist längst nicht so einfach, wie man denkt. Und in meiner zweiten Heimat Südafrika wie Madonna einfach so ein schwarzes Mädchen mitnehmen, das ist noch viel komplizierter.“

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Heute sind sie zu dritt. Eine Leihmutter hat in Kalifornien das Kind ausgetragen. In Deutschland ist dieser Schritt nicht erlaubt. 

So eilte sie weiter von Ärzten zu kruden Osteopathen. „Das sah ja alles so super aus bei ihnen, das hat bestimmt geklappt“, sagt die Schwester, als ihr mal wieder Blut abgenommen wurde. Wieder keimte die Hoffnung auf, wieder rann die Hoffnung als Blut durch die Toilette.

„Wir hätten ein ganzes Dorf in Afrika bauen können“

Irgendwann habe sie nicht mehr gekonnt, einfach nur noch ihr altes Leben zurückgewollt, erinnert sie sich.

Das Paar beschloss, sich eine längere Auszeit in seiner zweiten Heimat zu nehmen und reiste nach Südafrika. „Für das Geld, das wir bereits in die Kinderwunschindustrie und die Pharmakonzerne gesteckt haben, hätten wir ein ganzes Dorf in Afrika bauen können“, dachte sie.

„Vielleicht sollten wir es einfach gut sein lassen“, meinte auch ihr Mann. Doch beide merkten schnell: der Kinderwunsch lässt sich nicht so einfach abschütteln.

Leihmutter trägt Kind aus

Deshalb setzten sie alles auf eine Karte: Julie und John verkauften ihre Autos und ihr Haus, zogen in eine kleine Mietwohnung und arbeiteten wie die Irren, um die allerletzte Grenze zu überschreiten. Sie ließen IHR Kind über eine Leihmutter in Kalifornien austragen.

Die Kleine geht jetzt in den Kindergarten, sieht mit ihren blonden Locken und blauen Augen genauso aus wie Julie in dem Alter. Ein Wildfang. „Ihre Liebe zu den Tieren und zum Wasser, das muss sie von mir geerbt haben“, sagt die stolze Mutter.

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Keine Angst vor großen Tieren. John ist happy, dass seine Tochter so ein Wildfang ist. 

Nein, sie bereue eigentlich nichts. Außer vielleicht, dass sie so viele Jahre verschwendet habe, weil sie den Ärzten einfach glauben wollte – bis ein Mediziner schließlich die Wahrheit aussprach: „In Ihrer Gebärmutter haben die Embryonen keine Chance zu überleben.“

Jedes 10. Paar ungewollt kinderlos

In Deutschland ist fast jedes zehnte Paar zwischen 25 und 59 Jahren ungewollt kinderlos. Das Bundesfamilienministerium hat die Initiative „Hilfe und Unterstützung bei ungewollter Kinderlosigkeit“ gestartet. Ziel ist es, Paaren eine ergänzende finanzielle Unterstützung und auch eine bessere psychosoziale Beratung zu gewähren.

Für immer mehr Paare eine Alternative: Die umstrittene Leihmutterschaft. Deutschland, Österreich, Italien, Frankreich und die Schweiz gehören zu den Ländern, die alle Formen der Leihmutterschaft verbieten. Die Ukraine und Russland haben die lockersten Gesetze in Europa. Hier ist es auch Ausländern erlaubt, eine Leihmutter zu engagieren.

Viele Europäer entscheiden sich mittlerweile für die Ukraine, wo die Leihmutterschaft etwa 50.000 Dollar (43.970 Euro) kostet – verglichen mit mehr als 100.000 Dollar in den USA.