Stephanie Thien ist die Chefin von 1200 Steuerfahnderinnen und Steuerfahndern – von denen sich eine Task Force um eine ganz bestimmte Klientel kümmert.
Stephanie ThienVor ihr zittern die Schönen und Reichen

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Juristin Stephanie Thien, Dienststellenleiterin des Landesamts zur Bekämpfung der Finanzkriminalität (LBF), steht im Eingangsbereich ihrer Behörde.
Mit dem Luxus, den sogenannte Influencerinnen und Influencer gerne im Internet zeigen, hat das unscheinbare Bürogebäude in Düsseldorf nichts gemein: Graue Gänge, weiße Türen und einfache Schreibtische.
An einem arbeitet die Frau, vor der die Schönen und Reichen zittern: Stephanie Thien ist Chefin des Landesamts zur Bekämpfung der Finanzkriminalität NRW. Ihre „Influencer-Taskforce“ hat bundesweit Schlagzeilen gemacht.
Tatsächlich haben sie „Content Creator“ schon länger auf dem Schirm. Allein im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen laufen nach Angaben des Finanzministeriums aktuell rund 200 entsprechende Steuerstrafverfahren. Durchschnittlich geht es bei denen laut Ministerium „um einen hohen fünfstelligen steuerlichen Fehlbetrag, in Einzelfällen auch um Fehlbeträge in Millionenhöhe“.
Vor kurzem bekam Stephanie Thiens Behörde aber noch mal ein Paket mit 6000 Datensätzen – die werden jetzt nach Hinweisen auf Steuervergehen geprüft.
Woher die Daten gekommen sind, will Thien nicht verraten – aber auch alle anderen Bundesländer wurden versorgt, sodass überall Behörden Influencern und Influencerinnen auf der Spur sind. Allerdings ist keine Steuerfahndung so aufgestellt wie in NRW.
Am 1. Januar wurden alle nordrhein-westfälischen Steuerfahnderinnen und Steuerfahnder aus den verschiedenen lokalen Finanzämtern in einer Behörde zusammengezogen – eben dem LBF mit Chefin Thien. Die sagt: „Wir müssen mit der Zeit gehen, auch als Strafverfolgungsbehörde. Und dafür müssen wir uns vernetzen.“
1200 Expertinnen und Experten für die Bekämpfung von Steuerbetrug, Geldwäsche und Cybercrime arbeiten jetzt zusammen – auch wenn sie über das Land verteilt sind.
„Es macht ja keinen Sinn, wenn Teams in zehn Behörden einzeln am gleichen Phänomen arbeiten“, sagt Thien. Nun gibt es eben eine Task Force für ein Thema.
Die meist jungen Content Creators zeigen im Internet ihr Leben, kochen oder zocken Videospiele und werben dabei für Produkte. Oder zeigen ihr Hotel. Oder einen neuen Döner-Laden. „Es gibt so vieles, was da passiert, womit die Influencer Geld verdienen oder wovon sie einen geldwerten Vorteil haben“, sagt Thien. Nur: Versteuert wird davon oft wenig bis nichts. „Etliche Content Creator haben nicht mal eine Steuernummer“.
Aber wie findet man jetzt in einem Meer an Daten die dicken Fische? „Unsere Ermittlungsansätze verrate ich natürlich nicht“, so Thien schmunzelnd. Sie sagt aber: „Unsere Ermittlungsexperten verfügen über digitale Methoden, um den Influencern in ihre Welt des schönen Scheins zu folgen.“
Heißt: Die Task Force-Fahnder sind als fleißige Zuschauerinnen und Zuschauer bei Instagram oder TikTok unterwegs. Die Fotos und Videos dort werden mit der Steuer abgeglichen. Zeigt eine Influencerin die teure Handtasche, die sie von einem Hersteller geschenkt bekommen hat, muss sie auch die bei der Steuer angeben. Wenn nicht, sucht man bei ihr nach vergleichbaren Fällen. „Denn das ist oft kein Ausrutscher, sondern die Spitze des Eisbergs“, weiß Thien.
Geballte Macht gegen Steuerbetrug
Die Steuerfahndung in Bonn war schon während der Pandemie auf dieses Phänomen gestoßen, inzwischen geht das LBF mit seiner geballten Macht dagegen vor. „Wir können Lieschen Müller doch nicht erklären, warum die im Internet im Luxus schwelgen und bei der Steuer davonkommen. Unser Auftrag ist es, für Steuergerechtigkeit zu sorgen“, sagt Thien.
Apropos Luxus: Zahlreiche Influencerinnen und Influencer haben sich inzwischen offiziell nach Dubai abgemeldet. In dem Wüstenstaat zahlt man keine Einkommenssteuer. Das LBF ist auf Agenturen gestoßen, die den Umzug nach Dubai als Dienstleistung anbieten – wobei man oft nicht so sicher sein kann, ob die Leute wirklich ihre Zelte in Deutschland abreißen. Oder ob das Auswandern – wie so vieles in ihrer Welt – nur Fake ist. „Wer seinen Wohnsitz nach Dubai verlegt, muss auch dort leben. Und nicht in Wahrheit die meiste Zeit des Jahres weiter in NRW sein“, betont Thien.
Auch darauf haben die Fahnder ein Auge: Sind das Palmen unter der arabischen Sonne oder filmt sich jemand im heimischen Garten in Köln? Auch das ist der „schöne Schein“, von dem Thien bei Influencern und Influencerinnen spricht. (dpa)