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Schlager-StarDJ Ötzi spricht über das schwierige Verhältnis zu seinen Eltern

DJ Ötzi läuft am Rhein entlang und blickt in die Kamera.

Gerry Friedle alias DJ Ötzi bei unserem Interview in Köln. Er hat gerade ein neues Album und ein neues Buch am Start.

DJ Ötzi über sein neues Album und seine Autobiografie, das Älterwerden und das schwierige Verhältnis zu seinen Eltern – mit denen er versucht, seinen Frieden zu machen.

von Horst Stellmacher (sm)

Köln. Wie ist es, wenn man sein Herz öffnet und sein Innerstes nach außen kehrt? Wenn man so zum Gesprächsstoff wird, in Schlagzeilen und Talkshows landet?

Der Österreicher Gerry Friedle (50), der als DJ Ötzi („Anton aus Tirol“) zum Superstar wurde, weiß es. Er hat seine berührende Autobiografie „Lebensgefühl“ (Ecowin; 16,99 Euro) geschrieben, dazu das Album „Sei du selbst“ veröffentlicht. Bei EXPRESS zieht er seine Bilanz.

Gerry Friedle alias DJ Ötzi im EXPRESS-Interview

Sie veröffentlichen Ihr neues Album „Sei du selbst“ als DJ Ötzi, ihre Biografie „Lebensgefühl“ als Gerry Friedle. Die Cover sind fast identisch – auf dem Album lachend, auf dem Buch ernst. Wo sind die Unterschiede zwischen Ötzi und Gerry?

Gerry Friedle/DJ Ötzi: Der eine ist für den Spaß zuständig, der andere ist der Mann für Nachhaltigkeit und will Mut machen. Gerry ist zurückhaltend, fast schüchtern, introvertiert, würde nie was machen, von dem er weiß, dass es nicht klappen könnte. Wenn er seine Kappe aufsetzt, wird er zu Ötzi, und dem ist alles wurscht. Gerry würde sich nicht trauen, was Ötzi macht. Trotzdem gehören die beiden zusammen – und beide zusammen, das bin ich.

Das ist der Nachteil bei Biografien – je offener sie sind, desto mehr wird man auf sein Leben angesprochen. Nervt es, wenn es immer um Details Ihrer Vergangenheit geht?

Gerry Friedle/DJ Ötzi: Ich bin noch nie für meine Offenheit bestraft worden und werde auch nicht auf die Einzelheiten meines Lebens angesprochen. Das Buch sorgt für andere Reaktionen. Ich höre, dass ich damit viele angeregt habe, über sich selbst nachzudenken, sich mehr für sich selbst zu interessieren. Ist doch toll, dass sie dadurch den Weg zu sich finden.

DJ Ötzi (l.) und Reporter Horst Stellmacher sitzen am Rhein und blicken in die Kamera.

DJ Ötzi im Gespräch mit EXPRESS-Reporter Horst Stellmacher.

Welche Biografie hat Ihnen im Leben mal geholfen?

Gerry Friedle/DJ Ötzi: Die von Bruce Springsteen, sein „Born to run!“, in der er schreibt, dass er alles gibt, bis er umfällt. Darin habe ich mich wiedergefunden, das hat mich inspiriert. Seine Botschaft für mich ist, dass man immer sein Bestes geben soll.

Sprechen wir übers Album: Sie haben so viele Hits – stehen Sie unter Zwang, den nächsten hinzubekommen?

Gerry Friedle/DJ Ötzi: So etwas passiert nur, wenn du dir selber Druck aufbaust. Doch ich kann nur mein Bestes geben. Vielleicht ist es dann genau das, was in die Zeit passt, dann ist es super und wird vielleicht ein Hit. Wenn nicht – Pech gehabt. Unabhängig davon hat jede Nummer auf diesem Album ihren Sinn.

Heißt was?

Gerry Friedle/DJ Ötzi: Jeder Song hat seine klare Botschaft. So beschreibt „Das kann uns keiner nehmen“, den mir Peter Brings geschrieben hat, die große Liebe zu meiner Frau und zu meiner Familie. Und in „Three little birds“ will ich sagen, dass nichts so heiß gegessen wird, wie es gekocht wird. In dem Video dazu sieht man den Erdball von oben – darauf ist nichts von dem zu erkennen, mit dem wir  Menschen uns gerade beschäftigen. Da sieht man, wie klein wir und unsere Probleme sind.  

Besonderer Ohrwurm ist wieder ein aufgefrischter Oldie – „Can’t take my Eyes off You!“, 1967 von Frankie Valli gesungen wurde. Wie kam’s dazu?

Gerry Friedle/DJ Ötzi: Ich habe seit vielen Jahren einen Nachfolgesong für „Hey Baby“ und „Sweet Caroline“ gesucht. Das Komische ist, dass ich „Can’t take my Eyes off you“ schon 1000 Mal gehört hatte, er mir aber nie richtig aufgefallen war…

DJ Ötzi alias Gerry Friedle (r.) mit seiner Frau Sonja auf dem Roten Teppich beim Wiener Opernball.

Gerry Friedle und seine Frau Sonja beim Wiener Opernball 2019. Seit 2001 sind die beiden verheiratet.

...wie „1000 Mal berührt, 1000 Mal ist nix passiert“…

Gerry Friedle/DJ Ötzi: Ja. Bis ich in der letzten Nacht vor der Vollendung des Albums ein Video gesehen habe, auf dem ein Mann aus den Besucherreihen den Song für eine Frau auf der Bühne gesungen hat – und den Chorus hat die ganze Halle mitgesungen. Da wusste ich: Das ist er!

Im Song „Nach all den Jahren“ nehmen Sie Abschied von Ihrem Vater, mit dem Sie sich erst an seinem Totenbett versöhnt haben: „Papa, wir werden uns wiedersehen/ Uns in die Arme nehmen nach all den Jahren/Und zusammen um die Häuser ziehen/Als wäre nichts geschehen“. Ungewöhnlich nach dieser zu Lebzeiten so verkorksten Beziehung, oder?

Gerry Friedle/DJ Ötzi: Ich habe mir als Kind immer gewünscht, einen coolen Papa zu haben, aber es hat nicht geklappt. Ich wollte immer seine Liebe, er hat das immer übersehen. Natürlich war das schlimm. Doch jetzt sage ich, dass ich ihm dankbar sein muss: Er hatte mit meiner Mutter einen schwachen, aber sicher schönen Moment – und mich gezeugt. Dafür möchte ich ihm Danke sagen – das ist nach seinem Tod das Einzige, was überbleibt.

Da bleibt noch die Mutter, die 17 war, als Sie zur Welt kamen, und die von der Bildfläche verschwand. Haben Sie Kontakt?

Gerry Friedle/DJ Ötzi: Ja, in der Tat, da bahnt sich was an, ein erstes Treffen ist geplant. Einerseits freue ich mich sehr drauf. Ich möchte mich bei ihr bedanken, denn sie hat mich auf die Welt gebracht. Andererseits habe ich Angst, weil ich nicht weiß, was folgt: Ist danach alles vorbei oder wird es ein neuer Anfang?

Sie sind 50 geworden. War’s schwer?

Gerry Friedle/DJ Ötzi: Nein! Das hat mein Leben nicht verändert.

DJ Ötzi (2.v.r.) steht auf der Bühne zur großen Schlagerstrandparty zum 40. Geburtstag von Florian Silbereisen.

DJ Ötzi, hier bei der Schlagerstrandparty zum 40. von Florian Silbereisen im August 2021, auf der Bühne: So kennt man ihn. Immer, Party, immer Stimmung, privat ist er aber eher introvertiert.

Angst vorm Alter?

Gerry Friedle/DJ Ötzi: Auch nicht! Ich habe auch mit dem Tod meinen Frieden geschlossen. Egal, was ich davon halte, er kommt trotzdem auf mich zu. Wenn es morgen ist, dann ist es morgen. Ich habe keine Angst, weil ich in meinem Leben das Beste gegeben habe.    

Sie sagen oft, dass Sie großer Rheinland-Fan sind. Was mögen Sie an den Rheinländern?

Gerry Friedle/DJ Ötzi: Diese gewisse Melancholie, die die haben. Peter Brings hat mir mal erklärt, das liege an der französischen Vergangenheit, diese Stimmung hätten die Franzosen an den Rhein gebracht. Ich bin deswegen auch großer ABBA-Fan, in ihren Liedern spüre ich immer auch etwas Schmerz.  

Sind Sie heute ein glücklicher Mensch?

Gerry Friedle/DJ Ötzi: Glücklich? Weiß nicht. Ich weiß aber, dass Glück schnell wieder gehen kann. Aber ich kann sagen, dass ich bei mir angekommen bin. Und dass ich mich jetzt während des Interviews am Rhein mit Blick auf den Kölner Dom sehr, sehr gut fühle. Ich glaube,das kann man glücklich nennen.  

DJ Ötzi: Harte Jugend und doch auf der ewigen Bestenliste vorn

DJ Ötzi (geboren am 7. Januar 1971 in St. Johann in Tirol (Österreich) als Gerhard „Gerry“ Friedle). Wurde nach der Geburt von seiner 17-jährigen Mutter in ein Pflegeheim gegeben. Kam mit zwei Jahren zu seinem Vater, wuchs dann aber bei seinen Großeltern auf.

Mit 16 Jahren war er obdachlos, dann machte er eine Ausbildung als Koch. 1995 wurde er bei einem Karaoke-Wettbewerb entdeckt. 1999 kam der Durchbruch mit dem Partyhit „Anton aus Tirol“. 2000 folgte „Hey Baby!“, 2002 dann „Live is Life“. 2007 landete er mit Nik P. und „Ein Stern (...der deinen Namen trägt)“ einen Megahit, war 41 Wochen in den deutschen Single-Top-10 und ist Platz 1 der „ewigen Bestenliste“.

2017 veröffentlichte er „Geboren um dich zu lieben“. DJ Ötzi lebt in Salzburg, ist seit 2001 mit der Musikmanagerin Sonja Kien verheiratet. Die beiden haben die Tochter Lisa-Marie (19).