„Rock am Ring“So fing das Kult-Festival vor 40 Jahren an – Geheimnis um zwei Top-Bands zum Jubiläum

Blick auf die Hauptbühne am Nürburgring in der Eifel.

„Rock am Ring“ im Schatten der Burg. Vor 40 Jahren fand das Festival erstmals am Nürburgring statt. Nun steht die Jubiläumsausgabe an.

Vor 40 Jahren fand erstmals das Musikfestival „Rock am Ring“ in der Eifel statt. Seitdem hat sich viel verändert. Zum Jubiläum gibt es eine vierte Bühne, anderes Bier und Überraschungs-Bands.

von Marcel Schwamborn  (msw)

In wenigen Tagen ist es so weit. „Rock am Ring“ feiert 40-jähriges Bestehen. Zur Jubiläumsausgabe des Kult-Festivals werden 100 Acts vom 6. bis 8. Juni 2025 auf vier Bühnen am Nürburgring zu erleben sein.

So früh wie nie zuvor konnten die Veranstalter ein mit 90.000 Menschen ausverkauftes Festival vermelden, obwohl es nicht einmal Tagestickets gab. Auch die Parallel-Veranstaltung „Rock im Park“ in Nürnberg, die in diesem Jahr 30-Jähriges feiert, ist mit 88.500 Fans ausgebucht.

„Rock am Ring“ und „Rock im Park“ bereits komplett ausverkauft

Eine Bühne, 17 Bands und ein Eintrittspreis von 49 Mark – bei der Premiere am 25. und 26. Mai 1985 glich das Festival auf der Südschleife des Nürburgrings noch eher einer Pop-Veranstaltung. Foreigner, Joe Cocker, Gianna Nannini, Chris de Burgh, Saga, Marillion und Marius Müller-Westernhagen waren dabei. Beim Auftritt von U2 balancierte Sänger Bono auf der Boxengasse und stimmte „Give Peace a Chance“ an.

Feste Zeltplätze gab es damals noch nicht, unterschiedliche Sektoren vor den Bühnen auch nicht. Toiletten waren Mangelware, Duschen und Wasserstellen ebenfalls. Während heutzutage die Campingplätze professionell mit WLAN, Generatoren, Kühlschränken, Mehrweggeschirr an den Essensständen und einem eigenen Supermarkt ausgestattet sind, dominierte vor 40 Jahren vor allem der Klassiker: Dosenbier mit Ravioli.

Die Anfänge waren holprig. Nachdem 1988 nur 30.000 Menschen zum Ring gepilgert waren, fiel das Festival 1989 und 1990 aus. Veranstalter Marek Lieberberg überarbeitete das Konzept, weitete das Event erstmals auf drei Tage aus und mischte Top-Stars wie INXS mit Newcomern wie Alanis Morissette. Auch die Kölschrocker von Brings waren beim Neustart 1991 dabei. Aus einem Event wurde nach und nach ein Mythos.

Auch Komiker wie Otto waren auf der Rennstrecke zu erleben. Zwischen 1998 und 2002 gab es sogar eine spezielle Bühne, das „House of Comedy“, wo Künstler wie Mundstuhl, Mario Barth und Michael Mittermeier auftraten.

Marius Müller-Westernhagen auf der Bühne bei „Rock am Ring“.

Marius Müller-Westerhagen war einer der 17 Künstler bei der Premiere von „Rock am Ring“ 1985.

Jeder, der in den vergangenen Jahren mindestens einmal am Ring gefeiert hat, wird seine besonderen Momente haben. Weil David Bowie 1987 die Bühne nicht mit anderen Bands (wie Eurythmics oder UB40) teilen wollte, wurde eigens für ihn eine „Glass Spider“ gebaut. Peter Gabriel begeisterte 1994, Rage Against the Machine rissen im selben Jahr bereits am Nachmittag ab. Bei Chris Rea sorgte 1997 ein Blitzeinschlag für einen Stromausfall und die Räumung des Geländes.

2008 lieferte Campino beim Auftritt mit seinen Toten Hosen ein unglaubliches Bild. Mit Gipsbein stieg er bei „Bis zum bittereren Ende“ auf das Bühnendach, um dort einen Bengalo zu zünden. 2011 schüttete es wie aus Eimern. Das Coldplay-Konzert wurde dadurch legendär. Im Dauerregen sangen knapp 80.000 Fans vor der Hauptbühne „Viva La Vida“. Beim Auftritt der Broilers musste Lieberberg 2017 das Festival wegen einer Terror-Drohung stoppen.

Die Toten Hosen bei „Rock am Ring“.

Die Toten Hosen gehören zu den Stammgästen bei „Rock am Ring“. 2008 lieferte Campino mit gebrochenem Knöchel eine irre Show.

Bands wie Metallica, Linkin Park, Rammstein, Depeche Mode, Die Ärzte, Kiss, die Foo Fighters oder Iron Maiden haben sich bereits in die „Rock am Ring“-Geschichtsbücher gerockt. Immer auch ein Thema: das Wetter. Der Starkregen hat in der Osteifel schon mehrmals für völlig verschlammte Wiesen und chaotische Zustände gesorgt.

Etliche Autos blieben auf den Parkflächen im Schlamm stecken.

2015 versank das Gelände auf dem Flugplatz in Mendig nach einem Unwetter im Matsch. Viele Autos steckten fest.

2015 und 2016 fand das Festival wegen Vertragsstreitigkeiten mit den Betreibern der Rennstrecke auf dem ehemaligen Bundeswehr-Flugplatz in Mendig statt. Im ersten Jahr wurden bei mehreren Blitzeinschlägen auf dem Gelände 33 Menschen verletzt. Als im Jahr drauf erneut der Blitz einschlug, verletzten sich 71 Gäste, zwei mussten wiederbelebt werden. Das Festival wurde abgebrochen.

2020 und 2021 sorgte die Corona-Pandemie für eine Festival-Pause. Organisiert wird das Wochenende inzwischen nicht mehr von Marek und André Lieberberg, sondern von der Ende 2020 gegründeten Berliner Konzertagentur DreamHaus. Mit neuem Logo und neuen Bühnen-Namen ging es zunächst schleppend weiter.

Crowdsurfer während eines Auftritts bei „Rock am Ring“.

Auch das gehört zum Erlebnis „Rock am Ring“: Crowdsurfer lassen sich von der Menge tragen.

Das Gemecker über die Bandauswahl wurde lauter: zu wenig „echte Headliner“, zu viel Pop, viel zu viel Hip-Hop hieß es. „Das ist nicht mehr ‚Rock am Ring‘, das ist ‚Pop am Ring‘. Oder ‚Rap am Ring‘“, motzten treue Fans.

Die, die gerne die früheren Zeiten des Festivals glorifizieren, vergessen dabei auch, dass auch Eros Ramazzotti (1991), Zucchero (1996), Xavier Naidoo (1999), A-ha (2001) und Reamonn (2003) schon zum Line-up gehörten. 2021 kritisierte Carolin Kebekus den geringen Frauenanteil in den auftretenden Bands und organisierte als Gegenveranstaltung das DCKS-Festival in Köln.

Besucher freuen sich am Haupteingang auf „Rock am Ring“.

Das Drei-Tage-Erlebnis „Rock am Ring“ kann wieder steigen. In der Eifel findet erneut das traditionsreichste Rockfestival Deutschlands statt.

So mischt sich inzwischen auch das Publikum auf dem Gelände immer mehr. Neben den alten Rock-Freunden mit verwaschenen Band-Shirts und Kutten feiern Hipster, die sich für Social Media beim Besuch inszenieren.

Die frühere Anarchie mit Dauerbesäufnis und Gummistiefeln ist einem stylischen Wochenendtrip im „Coachella“-Look gewichen. Für viele ist die Partie Flunkyball auf dem Campingplatz mindestens so wichtig wie das Programm auf den vier Bühnen. Das Gesamterlebnis und die Instagram-Storys stehen bei einigen im Vordergrund.

Am Mittwoch öffnen sich ab 12 Uhr auf ein Neues die Campingflächen. Inzwischen kostet der Spaß inklusive Zeltplatz mindestens 300 Euro. Zum 40-jährigen Bestehen gibt es einige Neuerungen. So wird auf dem Gelände statt Warsteiner nun San Miguel als Hauptbier sowie Beck’s ausgeschenkt. LED-Säulen sollen für ein futuristisches Ambiente sorgen. Neben Utopia-, Mandora- und Orbit-Stage gibt es mit der Atmos-Stage im Bereich des ursprünglichen Haupteingangs erstmals eine vierte Bühne.

Campingplatz an der Rennstrecke bei „Rock am Ring“.

Camping gehört zu „Rock am Ring“. Direkt neben der Rennstrecke werden ab Mittwoch die Zelte aufgebaut.

Auf der neuen Bühne werden auch zwei Kölner Gruppen ihren „Rock am Ring“-Moment erleben. Am Sonntag sind ab 15.05 Uhr The Red Flags am Start. Die vier Frauen bieten Musik zwischen Grunge, Punk und Alternative Rock. Im Vorjahr durften sie beim Querbeat-Auftritt schon mal mit auf die Bühne, nun steht ein eigener 40-Minuten-Slot an.

Den Festival-Abschluss bestreiten Kasalla. Von 0.50 bis 2 Uhr gibt es in der Nacht zum Montag Kölschrock vom Feinsten. Die Band will schon an den Tagen zuvor das „RaR“-Feeling spüren und möchte mit den Fans im Schatten der Burg auf den Zeltplätzen feiern.

Die Kölner Band The Red Flags.

Die Kölner Band The Red Flags spielt am Sonntag bei „Rock am Ring“. Die Gruppe ist auf der Atmos-Stage zu erleben.

Zur Eröffnung von „Rock am Ring“ wurden für den Freitag auf der großen Hauptbühne drei Überraschungs-Auftritte angekündigt. Zum Jubiläum sollen echte Top-Bands das ohnehin schon pralle Line-up erweitern. „Könnte durchaus sein, dass wir Acts in einem Rahmen erleben, in dem man sie nie wieder erleben wird“, sagte Veranstalter Matt Schwarz im Vorfeld.

Kasalla und The Red Flags aus Köln spielen bei „Rock am Ring“

Die Spekulationen schossen sofort ins Kraut. Kraftklub, die Toten Hosen, die Donots oder die Broilers werden in Fankreisen gehandelt. Inzwischen ist zumindest bekannt, dass die US-amerikanische Hardcore-Formation Knocked Loose von 16.30 bis 17.20 Uhr spielen wird. Nun hoffen die Fans, dass nach der vollmundigen Ankündigung um 13.30 und 15 Uhr dann doch etwas namhaftere Gesichter zu erleben sind.

Ansonsten können sich die Festival-Fans auf exklusive Shows von Bring Me The Horizon und Sleep Token, Headliner wie Slipknot und KoRn sowie weitere Top-Acts wie The Prodigy, Rise Against, K.I.Z, Weezer, Beatsteaks, Kontra K, Biffy Clyro oder Tocotronic freuen. Schwarz verspricht viel mehr Licht und verbesserte Sounddesigns: „Es wird imposanter als je zuvor.“