+++ EILMELDUNG +++ Holzkohle-Grills in der Weidengasse Ausgequalmt – Stadt Köln greift jetzt hart durch

+++ EILMELDUNG +++ Holzkohle-Grills in der Weidengasse Ausgequalmt – Stadt Köln greift jetzt hart durch

„Bin eine dicke Frau“„Tatort“-Schauspielerin macht Mut und erklärt wichtigen Begriff

Schauspielerin Nadja Zwanziger ("Tatort") aus Rheinbach mit ihrer Hündin Emmeline in der Bonner Rheinaue

Fröhlich – und mit klaren Ansagen: Nadja Zwanziger gut gelaunt beim Gespräch in der Bonner Rheinaue.

Die Rheinbacher Schauspielerin Nadja Zwanziger („Tatort“) setzt sich gegen die Diskriminierung mehrgewichtiger Menschen ein. Was das bedeutet, erklärt sie im Gespräch mit EXPRESS.de.

von Stefanie Monien (smo)

Nadja Zwanziger (44) aus Rheinbach ist die Frau für alle Fälle. Diejenige, die man aus pointierten Nebenrollen kennt. Im „Tatort“ ist sie auf dem besten Wege, Dauergast zu werden – in bereits sechs Folgen der Reihe spielte sie bereits unter anderem eine Mörderin oder eine Kommissarin.

Gerade hat sie für die ARD die Komödie „Landfrauen“ (Arbeitstitel) abgedreht. Höchste Zeit also für ein ausführliches Gespräch in der Bonner Rheinaue über Körpergefühl, falsche Vorbilder und eine Traumrolle im „Tatort“. Außerdem verriet die Rheinbacherin, warum sie so gern ein Landei ist und Hühner sie entschleunigen.

Nadja Zwanziger: „Tatort“ machte sie bekannt, jetzt geht’s aufs Land

In Ihrem neuen Projekt geht es um eine entnervte Städterin, die aufs Dorf zieht und dort auf Landfrauen trifft. Sind Sie Team Stadt oder Team Land?

Alles zum Thema Tatort

Nadja Zwanziger: Ich habe beides gehabt, habe in Berlin gelebt, in Hamburg, in Köln – das hat viel Schönes, weil man schnell viele Menschen kennenlernen kann. Doch ich komme immer wieder aufs Land zurück. Die Ruhe, das Grün, das Miteinander. Man lernt sich viel intensiver kennen, die Nachbarn sind nicht irgendwelche Fremden. Ich bin wirklich so ein Landei.

Kann’s nicht schnell eng werden in so einer Dorfgemeinschaft?

Nadja Zwanziger: Damit muss man umgehen können. Ich bin ländlich aufgewachsen und weiß, wie man die Leute zu nehmen hat und wie viel man von sich Preis geben darf, damit sie ruhig sind.

Sie haben im „Tatort“ gespielt …

Nadja Zwanziger: … es waren bisher sechs (lacht). Ich hatte den Wunsch ans Universum geschickt, dass ich gern mal „Tatort“-Kommissarin sein möchte und bekam diese Rolle angeboten: als eine Kommissarin im „Tatort“ (in „Alles kommt zurück“; Weihnachten 2021 – die Red.). Ich hatte selten so viel Spaß – und Detlef Buck ist einfach legendär.

Also ist der Wunsch nach einer Rolle als „Chefermittlerin“ im „Tatort“ noch größer geworden?

Nadja Zwanziger: Dieser Bereich des „Tatorts“ ist für uns mehrgewichtige Frauen nach wie vor immer noch nicht erreichbar. Wir haben jetzt die Stefanie Reinsperger als Kommissarin Rosa Herzog in Dortmund. Die geht da in meinen Augen etwas unter.

Was wäre denn für Sie die ideale Rollenbeschreibung?

Nadja Zwanziger: Ich mag, wenn eine Rolle Humor hat. Aber nichtsdestotrotz würde ich die Rolle als eine Frau erzählen, die mitten im Leben steht, die Frau sein darf, die nicht erklären muss, warum sie ein paar Kilo zugenommen hat – das fragt man sich bei den männlichen Ermittlern auch nie! Wir müssen eine Lanze brechen für mehrgewichtige Frauen und Mädchen – die müssen sich mit uns identifizieren können. Wir müssen viel mehr Sichtbarkeit bekommen und Klischees abbauen.

Welche sind das?

Nadja Zwanziger: Junge Mädchen suchen Vorbilder. Und leider ist das Bild der schlanken Frau immer noch das, was als erstrebenswert propagiert wird. Weil eine schlanke Person gleichzusetzen ist mit sportlich, schön, erfolgreich, schlau – diszipliniert. Das sind alles Dinge, die im Gegensatz zu mehrgewichtigen Frauen stehen. Da heißt es: „Die sind dumm, undiszipliniert, unsportlich, ungesund“ – all diese Dinge, die überhaupt nicht stimmen. Da wurde über Jahrzehnte ein Klischee aufgebaut.

Nadja Zwanziger: „Tatort“-Schauspielerin sagt, warum sie „mehrgewichtig“ ist

Sie nutzen oft den Begriff „mehrgewichtig“. Warum?

Nadja Zwanziger: „Übergewicht“ signalisiert: Es ist zu viel. Und hält sich am BMI fest. Sobald der eine gewisse Zahl erreicht hat, heißt es gleich: „Du hast Übergewicht!“ Ich habe überhaupt kein Problem damit zu sagen: „Ich bin eine dicke Frau“. Das ist nicht schlimm, das ist so. Aber generell sagt Übergewicht doch: „Du bist drüber: zu laut, zu bunt“.

Sie haben einen Sohn. Spielt das Kilo-Thema auch bei Jungs eine Rolle?

Nadja Zwanziger: Auf jeden Fall. Er neigt auch dazu, schnell was drauf zu kriegen. Ich versuche, meinem Sohn zu sagen, dass er schon weiter ist als die, die über ihn lästern. Dass es nichts über das Innere aussagt, wie er ausschaut. Ich hoffe wirklich, dass wir da einen guten Job machen und einen selbstbewussten jungen Mann in die Welt hinaus lassen, der verstanden hat, dass man hinter die Fassade gucken sollte.

Was müsste sich in der Film- und TV-Branche ändern?

Nadja Zwanziger: Meine persönliche Meinung ist, dass schon viel passiert. Aber die Besetzungen müssen anders werden. Die Malisa-Stiftung von Maria Furtwängler und ihrer Tochter beschäftigt sich mit der Aufteilung der Rollen vor und hinter der Kamera. Ich habe darum gebeten, mal zu untersuchen, wie es mit dicken Frauen im deutschen Kino aussieht. Wir waren von 2017 bis 2022 mit 0 Prozent vertreten…

Hört Diversität beim Gewicht auf?

Nadja Zwanziger: Mehr als die Hälfte der Frauen in Deutschland sind mehrgewichtig, das ist doch keine Minderheit mehr! Aber Dicke sind im Antidiskriminierungsgesetz gar nicht vorhanden. Man darf Menschen (zu Recht!!!) nicht aufgrund ihrer Hautfarbe, ihres Geschlechts, ihrer Religion diskriminieren – offenbar aber wegen ihrer Körperformen.

Sie brennen für das Thema „Body Positivity“...

Nadja Zwanziger: … und wie! Einer meiner Leitsätze ist: „Du darfst dir gerne eine Meinung bilden über meine Person, meinen Körper. Du darfst aber nicht werten.“ Wir Frauen sind diesen wertenden Blicken auch untereinander so schlimm ausgesetzt. Eine Bewertung über einen fremden Körper abzugeben, steht niemandem zu.

Dann müssten ja Shows wie „Germany’s Next Topmodel“ einpacken, oder?

Nadja Zwanziger: Das ist eine der schlimmsten Produktionen, die ich kenne! Die Gruppe der vergangenen Staffel fand ich auch nicht divers. Es war diverser als sonst, okay, aber so „erträglich“ divers.

Sprechen wir lieber wieder über Sie. Selbst wenn Sie sich wie gerade ärgern, strahlen Sie viel Positives aus. Sind Sie immer so ein Sonnenschein?

Nadja Zwanziger: Ich habe das wahnsinnige Glück, dass das in mir steckt. Menschen, die mich von früher kennen, sagen: „Du warst immer schon so eine zufriedene, glückliche, fröhliche Maus. Du hast immer ganz viel gelacht“.

Gibt es neben Ihrer Familie etwas, das Sie erdet?

Nadja Zwanziger: Tiere entspannen mich total, ich sehe zum Beispiel sehr gerne Hühnern zu. Ich treibe gern Sport, Wasser ist mein Element, außerdem habe ich früher Volleyball gespielt, heute wandere ich. Und ich schlafe ja grundsätzlich beim Fernsehgucken ein!

Nadja Zwanziger: Von der Waldorf-Schule zum „Tatort“

Nadja Zwanziger wird am 15. Dezember 1977 im baden-württembergischen Mühlacker als jüngstes von drei Geschwistern geboren. Ein Jahr später zieht die Familie nach Kerpen. 1977 macht sie ihren Abschluss auf der Freien Waldorfschule Bonn. Sie lernt Friseurin, bricht dann aber die Ausbildung zugunsten der Schauspielerei ab.

Ihre erste Hauptrolle war 1998 in „Ran an den Speck“, seither war sie in mehreren „Tatort“-Folgen präsent (unter anderem als Mörderin in „Schwanensee“ aus Münster). Mit Michael Kessler und Petra Nadolny spielt sie von 2019 bis 2021 in „Die Läusemutter“ (Sat.1 und Joyn). Nadja Zwanziger, die sich seit Jahren für Bodypositivity einsetzt, lebt in Rheinbach mit Mann, Sohn und Hund Emmeline (12).