„Indirekte Impfpflicht“Virologe Hendrik Streeck äußert erhebliche Zweifel bei „Markus Lanz“

Virologe Hendrik Streeck zeigte sich am Dienstagabend bei „Markus Lanz“ wenig überzeugt von der 2G-Regel.

Virologe Hendrik Streeck zeigte sich am Dienstagabend bei „Markus Lanz“ wenig überzeugt von der 2G-Regel.

Hamburgs Oberbürgermeister Peter Tschentscher war am Dienstagabend (31. August) zu Gast bei „Markus Lanz“. Dort warb er ausdrücklich für die „2G-Regel“ - und kassierte ordentlich Kritik. Virologe Hendrik Streeck äußerte erhebliche Zweifel.

von Teleschau ()

Hamburg-Altona. 2G oder 3G? Diese Frage bezieht sich längst nicht mehr auf Mobilfunkstandards, sondern auf den Kampf gegen die Corona-Pandemie. Während Hamburgs Oberbürgermeister Peter Tschentscher im ZDF-Talk „Markus Lanz“ für die 2G-Regel warb, äußerte Virologe Hendrik Streeck erhebliche Zweifel daran.

Die Coronazahlen in Deutschland steigen seit geraumer Zeit an und befinden sich auf einem deutlich höheren Level als zum gleichen Zeitpunkt im Vorjahr. Gleichzeitig sind über 60 Prozent der Deutschen vollständig geimpft und fordern Erleichterungen. In Hamburg trägt man dieser Gemengelage seit vergangenem Wochenende mit der 2G-Regelung Rechnung, soll heißen: Genesene und Geimpfte dürfen in Bars und Clubs feiern. Wirte, die sich an die 2G-Regel halten, dürfen dafür mehr Gäste einlassen.

Hamburgs Oberbürgermeister Peter Tschentscher machte am Dienstagabend zu Gast bei „Markus Lanz“ Werbung für das Vorgehen. Man dürfe die Welt nicht immer nur aus „der Sicht der Ungeimpften beurteilen“, so Tschentscher. Es sei „aus rechtlichen, aber auch aus politischen Gründen nicht zulässig, dass wir bestimmte Angebote nicht zulassen“. Außerdem nannte er die 2G-Regel, an der sich bereits 300 Wirte beteiligten, ein „wichtiges Element, das in dieser Phase der Pandemie auch angemessen ist“.

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Virologe Hendrik Streeck: 2G-Regel macht „Druck auf Ungeimpfte“

Virologe Hendrik Streeck sah die Sache anders. Zwar sagte er: „Erst einmal finde ich es richtig, aus der Warte zu denken, wie man wieder Normalität wagen kann. Da gehört natürlich die Impfung dazu.“ Dennoch merkte der Experte kritisch an: „Die Problematik, die ich an der 2G-Regel sehe, ist die Frage, was man damit erreichen will.“

Würde ein medizinischer Notstand in den Krankenhäusern vorliegen, könne er ein derartiges Vorgehen nachvollziehen, sagte Streeck. Derzeit aber wirke es nach seiner Einschätzung so, „als würde man damit den Druck auf Ungeimpfte erhöhen. Da stehen wir dann vor der Frage, ob es ein Impfdruck oder nicht sogar eine indirekte Impfpflicht wird“.

„Markus Lanz“: Virologe Streeck mit deutlicher Kritik

Abgesehen davon kritisierte der Virologe, dass die 2G-Regel suggeriere, „dass von einem Getesteten ein höheres Risiko ausgehen würde als von einem Geimpften oder Genesenen“. Wissenschaftlich sei das jedoch nicht belegt. Stattdessen drehte Streeck den Spieß um: „Man könnte auch anders herum argumentieren, dass ein Getesteter wahrscheinlich eine niedrigere Wahrscheinlichkeit hat, das Virus weiterzugeben als ein Geimpfter.“

Zwar reduziere die Impfung die Weitergabe des Coronavirus, dennoch seien Ausbrüche auch unter Geimpften möglich, wie Fälle in Israel oder in der US-Stadt Provincetown zeigen würden. „Gerade jetzt im Herbst und Winter, wo wir in einer volatilen Lage sind, da dann auf die Tests zu verzichten, finde ich schwierig“, beklagte Streeck.

Eva Quadbeck: „Es ist der Lockdown für die Ungeimpften“

Eva Quadbeck, stellvertretende Chefredakteurin des „RedaktionsNetzwerks Deutschland“, forderte derweil eine bessere Kommunikation seitens der Politik: „Ich glaube, dass man den Menschen sagen muss, die 2G-Regel ist das schärfste Schwert, das man noch hat, um mit der Bevölkerung die Pandemie zu bekämpfen. Es ist der Lockdown für die Ungeimpften.“ Das Ende der kostenlosen Tests im Oktober beurteilte Quadbeck als positiv, weil es Ungeimpften noch eine Bedenkzeit ermögliche.

Kritischer sah Quadbeck die Kommunikationsstrategie in Bezug auf die 2G-Regel: „Was ich schwierig finde, wenn man nicht über 2G spricht, wenn man es im Wahlkampf mehr oder weniger unter der Decke hält.“ Bei steigenden Inzidenzen und stärkerer Krankenhausauslastung dann zu sagen: „Und ab übermorgen haben wir übrigens 2G“, sei falsch. Dann sei es laut der Journalistin schwer, „die Menschen mitzunehmen“, gerade bei den Leuten, die generell schon skeptisch gegenüber dem Handeln der Regierung seien.

Stattdessen forderte Quadbeck ein klares Vorgehen und langfristige Ansagen. Dem pflichtete auch Hendrik Streeck bei: „Es bringt herzlich wenig, immer mehr Druck aufzubauen, sondern man muss mehr werben und aufklären, was der Impfschutz kann.“ (tsch)