Markus LanzVierte Welle durch Impfen stoppen? Streeck skeptisch: „Wissen nicht, wie lange Booster hält“

Virologe Hendrik Streeck war am Donnerstagabend, 2. Dezember in der Sendung von Markus Lanz zu Gast.

Virologe Hendrik Streeck war am Donnerstagabend, 2. Dezember in der Sendung von Markus Lanz zu Gast.

Bei Markus Lanz waren am Donnerstagabend das Boostern und eine mögliche Impfpflicht die bestimmenden Themen. „Es wird ohne eine Impfpflicht nicht gehen“, sagte der Grünen-Politiker Omid Nouripour. Der Virologe Hendrik Streeck kritisierte die Politik scharf dafür, dass es so weit kommen musste.

Auf einmal war das Wort „Boostern“ in aller Munde: Seit einigen Wochen dreht sich vieles im öffentlichen Diskurs um die Corona-Auffrischimpfungen, die man Wissenschaftlern zufolge benötigt, um den nachlassenden Schutz der ersten Spritzen wieder hochzufahren. Dass eine Booster-Impfung schon nach rund sechs Monaten nötig sei, kam für die meisten Laien eher überraschend - für die Wissenschaft allerdings nicht.

Man hätte durchaus von England oder Israel lernen können, wo schon sehr früh geboostert wurde, sagte der Virologe Hendrik Streeck nun im ZDF-Talk von Markus Lanz. „Da hat man das deutlich gesehen, dass das einen Effekt hat.“ Die Politik aber habe es hierzulande versäumt, über die Notwendigkeit der dritten Spritze aufzuklären - „wir haben ja mehr Wahlwerbung gesehen als Impfwerbung“.

In dieselbe Kerbe schlug der Intensivmediziner und Anästhesist Bernd Böttiger. „Für das Virus war die Wahl super“, merkte er sarkastisch an. Man habe nicht erst seit dem Sommer gewusst, „dass der Winter intensiv wird“. Ihm sei das schon im vergangenen Jahr klar gewesen, nur habe die Politik leider nicht auf die Wissenschaft gehört. „Ich fühle mich von der Politik im Stich gelassen.“

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Ähnlich sah das Deutschlandfunk-Journalistin Ann-Kathrin Büüsker: „Es ist den Leuten vermittelt worden: Ihr seid safe, 2G funktioniert so. Nein! Man hätte von Anfang an sagen müssen, es ist wahrscheinlich, dass eine dritte Impfung kommen wird.“ Stattdessen habe man die Impfzentren geschlossen. „Wem will man das denn erklären?!“

Und nun - eine Impfpflicht als Ausweg aus dem Dilemma, dass zu wenig Erst-, Zweit- und Drittimpfungen gesetzt wurden? Streeck wollte sich nicht festlegen, sprach frei nach Goethe von zwei Seelen in seiner Brust.

Die aktuelle vierte Welle jedenfalls könne man sowieso nicht durch eine Impfpflicht brechen, dafür sei es zu spät. Und überhaupt: Man wisse noch gar nicht, wie oft man überhaupt auffrischen müsse. „Wir wissen nicht, wie lange der Booster hält“, so der Virologe. Wichtig seien weitere Forschung - und eine Aufklärung der Bürger. Denn Letzteres sei bislang versäumt worden.

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Intensivmediziner Böttiger hingegen plädierte für die verpflichtende Impfung. Schließlich sehe er jeden Tag aufs Neue, wie gefährlich eine Infektion mit dem Coronavirus sei. Ein Drittel der Menschen, die auf der Intensivstation landeten, würden sterben, rechnete Böttiger vor. „Russisches Roulette ist viel sicherer.“ Deswegen habe er seine Meinung zur Impfpflicht in den letzten Wochen geändert und sei nun dafür. „Es wird nicht anders gehen.“

Als Vertreter der Politik ordnete Omid Nouripour von den Grünen die Lage ein. „Es wird ohne eine Impfpflicht nicht gehen“, sagte der Bundestagsabgeordnete; im Parlament gebe es dafür auch eine Mehrheit. Wenn man es durch eine Pflicht schaffe, dass 90 Prozent der Menschen geimpft würden, „dann bin ich dafür“. (tsch)