Schockverliebt! Vor 45 Jahren kamen Vic & Mathieu ins Kino. Und es hat „La Boum“ gemacht, denn der Fetenzauber hält bis heute.
45 Jahre „La Boum“Was wurde aus Vic, Mathieu und Pénélope?

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„Met you by surprise, I didn't realize, that my life would change forever ...“ Eine der unvergessenen Szenen aus „La Boum“ ist die, in der Vic (Sophie Marceau) mit verklärtem Blick „engtanzt“.
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„Was hat sie denn nur?“ „Sie ist Dreizehn!“ In diesem Mini-Dialog des Ehepaars Beretton ist das Wesen von „La Boum“ perfekt zusammengefasst. Kaum ein anderer Teenie-Film hat sich Charme und Kultstatus so lange bewahrt wie der Streifen, der am 17. Dezember 1980, kurz vor Weihnachten, in die französischen Kinos kam und der ein Jahr später auch bei uns für schmachtende Herzen und sehnsüchtige Schieberstunden auf der Tanzfläche gesorgt hat.
Sollte es tatsächlich jemanden geben, der noch nie von „La Boum – Die Fete“ gehört hat (alle unter 13 sind entschuldigt), hier in aller Kürze der Inhalt: Vic, Tochter des Zahnarztes François und der Cartoon-Zeichnerin Françoise Beretton, zieht mit den Eltern nach Paris. Dort freundet sie sich mit der kessen und „jungserfahrenen“ Pénélope an, verliebt sich in Mathieu, erlebt die schwere Ehekrise ihrer Eltern und findet stets pragmatische Hilfe bei ihrer extravaganten, harfespielenden Uroma Poupette.
Das Ganze hat Regisseur Claude Pinoteau (87) derart einfühlsam und respektvoll erzählt, dass „La Boum“ auch 45 Jahre nach dem Kinostart kaum etwas von seinem Zauber verloren hat – und uns noch immer umhüllt wie eine warme Kuscheldecke. Ein Stück Kinogeschichte, so famos gealtert wie die Hauptdarstellerin nämlich so gut wie gar nicht.
„La Boum“: Magere Gage für späteres Bond-Girl Sophie Marceau
Der Film war und ist übrigens nicht nur was für (junge) Damen, europaweit verzehrten sich die Herren der Schöpfung in den Kinosesseln nach Sophie Marceaus Schmollmund und ihren rehbraunen Augen. Mit gerade mal 13 Jahren nahm Sophie Danièle Sylvie Maupu, wie die Tochter einer Verkäuferin und eines Lkw-Fahrers damals noch hieß, Anlauf zu einer Weltkarriere unter dem Namen Sophie Marceau.
„Ich hatte gerade angefangen zu rauchen, auszugehen, Jungs zu küssen. Eine sehr kurze, glückliche Zeit war meine Jugend. Denn dann lief La Boum an“, erzählt sie Jahre später der „SZ“. Und berichtet auch, dass sie sich für Ruhm und Ehre buchstäblich nichts kaufen konnte: „Ich bekam nur um die 2000 Euro Gage, und die waren auf einem Sperrkonto.“
Dass die Jugendliebe einer ganzen Generation später Hollywood („Braveheart“, „James Bond – Die Welt ist nicht genug“) und „Highlander“ Christopher Lambert (68) erobern sollte, war in den ganz frühen 80ern noch nicht abzusehen. Da fühlten sich Millionen Teenager nach dem Kinobesuch in erster Linie auf unterhaltsame Weise verstanden, ernstgenommen und getröstet „abgeholt“, wie man heute sagen würde: Die Kämpfe mit den Eltern um den Besuch der ultimativen Party (frz. „Boum“). Die Schmetterlinge im Bauch, wenn man nur an seinen Schwarm denkt. Die Frage, die zwar totales Klischee ist, sich trotzdem wohl auch heute noch viele weibliche Wesen stellen: „Was soll ich nur anziehen?!“ Und natürlich die Kunst, sich ohne Verhakeln mit Zahnspange zu küssen – damals wie heute wohl recht typische Pubertäts-Problematiken.
Bei aller Teenager-Träumereien gehört aber auch zur Wahrheit, dass einige Sequenzen heute leicht befremdlich anmuten könnten die Weisheiten der leicht frivolen Uroma Poupette (verkörpert von Denise Grey, die 1996 kurz vor ihrem 100. Geburtstag starb), zum Beispiel: „Eine Frau, die sich hingibt, muss ein Geschenk sein und keine zusätzliche Belastung“. Nun ja …

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Was ein zungenbrecherischer Spaß, dass die Eltern im Film Françoise und François heißen. Und bei den Berretons zu Hause war immer was los, wobei die beiden Erziehungsberechtigten mit französischer Lässigkeit agierten. Meistens jedenfalls.
Trotzdem, die Irrungen und Wirrungen rund ums Erwachsenwerden, dazu der Soundtrack mit „Reality“ – „La Boum“ ist halt ein legeres, leichtfüßiges, generationsübergreifendes Gesamtkunstwerk. Warum? Weil wir zum einen „mit solchen Filmen unsere Vergangenheit noch einmal neu erleben können“, so die Psychologin Joan Harvey von der Newcastle University. Zudem sei es für junge Leute „fashionable, diese Teenie-Popkultur zu mögen“.
Die britische TV-Psychologin Honey Langcaster-James erklärt das Phänomen, dass Erwachsene immer noch auf die Filme ihrer Jugend abfahren, so: „Indem wir uns in die Charaktere hineinversetzen, erleben wir herausfordernde Gefühle. Als Erwachsene greifen wir auf einen viel größeren Erfahrungsschatz zurück, sind reifer. Das bedeutet, dass wir die Emotionen, die uns damals kirre gemacht haben, mit Abstand betrachten und aufarbeiten können.“
Kein Wunder, dass zwei Jahre später der zweite Teil des Feten-Klassikers folgte. Nicht so erfolgreich wie der erste Teil, trotz Teilnahme von Mädchenschwarm Pierre Cosso (heute 64 Jahre alt und hauptberuflich Katamaran-Skipper in Polynesien). Trotzdem bescherte der Film der damals 16-jährigen Sophie Marceau den Filmpreis César als beste Nachwuchsschauspielerin.
Zu einem dritten Teil kam es nicht mehr: Sophie Marceau, ihres Images als ewiger Teenager-Schwarm überdrüssig, kaufte sich mit 1 Million Franc (etwa 153.000 Euro) aus ihrem Vertrag frei. Und tat dann etwas, was in Frankreich einen handfesten Skandal auslöste: Sie spielte 1986 im Film-noir-Krimi „Abstieg zur Hölle“ die Ehefrau ihres einstigen „La Boum“-Filmvaters Claude Brasseur (84) explizite Liebesszenen inklusive.
Das machen Pénélope und Mathieu heute
Deutlich mehr vom Radar verschwunden als Sophie Marceau sind ihre Co-Stars. Alexandre Sterling (59; alias Mathieu): Er drehte nach den beiden Teilen von „La Boum“ eine Reihe von eher unbedeutenden Filmen, unter anderem 1986 den von Kritikern als grottenschlecht und miserabel beurteilten Trash-Sexfilm „Le couteau sous la gorge“. Auch seine Musikkarriere floppte, Ende der 90er zog er sich aus der Öffentlichkeit zurück.

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2003 traf sich das Ensemble von „La Boum 2 – Die Fete geht weiter“ zum großen Wiedersehen. Mit dabei natürlich auch Sheila o'Connor (alias Pénélope) und Alexandre Sterling, der den Mathieu spielte.
Sheila O'Connor (59; alias Pénélope) ist der Schauspielerei treu geblieben, an die Erfolge von „La Boum“ und „La Boum 2 Die Fete geht weiter“ (1982) konnte sie aber nicht mehr anknüpfen. Sie wirkte z. B. in einer Folge der auch bei uns ausgestrahlten History-Crime-Serie „Paris Police 1900“ mit und schrieb mit Christian Epanya 2006 das Kinderbuch „Nicolas hundert Pullover“ über einen Jungen, der um seinen Vater trauert.

