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Kai Wiesinger„Nichts für Weicheier“: TV-Liebling verrät, warum er sich auf Montage freut

16.09.2022: Kai Wiesinger in Köln

Kai Wiesinger beim Interview am 16. September 2022 in Köln. Er genießt den Ausflug in die schreibende Zunft, das Schauspiel bleibt aber weiterhin wichtig in seinem Leben.

Kai Wiesinger wurde mit „Kleine Haie“ zum Star, heute ist er eines der bekanntesten Kino- und TV-Gesichter Deutschlands. Mit EXPRESS.de hat Wiesinger auch über Ehrlichkeit und Familie gesprochen.

von Horst Stellmacher (sm)

Großes Kino macht er schon lange, großes Fernsehen auch: Kai Wiesinger (56) hat als Schauspieler das erreicht, von dem andere nur träumen. Doch jetzt hat der in Berlin lebende Norddeutsche ein Buch über Familie und Familienglück veröffentlicht.

In „Liebe ist das, was den ganzen Scheiß zusammenhält“ (Fischer Verlag, 18 Euro) beschreibt er in 20-Jahres-Kapiteln das Leben eines Paares und das ständige Auf und Ab des Familienlebens. Im Interview mit EXPRESS.de spricht der Publikumsliebling über Stress und Spaß mit Kind und Kegel.

Kai Wiesinger spricht über Familie und „den ganzen Scheiß“

Worum geht’s Ihnen in „Liebe ist das, was den ganzen Scheiß zusammenhält“? Kai Wiesinger: Um Ehrlichkeit. Vor allem sich selbst gegenüber. Ich wollte vom ganz normalen Wahnsinn eines Familienalltags berichten, vom Leben der Eltern, die mit ihren Kindern wundervolle, aber auch kräftezehrende Zeiten erleben, und sich dabei bemühen, ein Liebespaar zu bleiben.

Das Wort „Scheiß“ ist nicht die feine Art, wenn man über Familie & Co. erzählen möchte … Kai Wiesinger: Wir haben auch lange diskutiert, ob ich das Wort nehmen sollte. Je länger ich drüber nachdachte, desto passender schien es mir, vor allem mit dem Zusatz „Familie ist nichts für Weicheier“. Man hat nicht immer Lust, das zu tun, was die Familie erfordert.

Kennen Sie das Gefühl auch? Kai Wiesinger: Ich kenne es gut. Ich habe mich gewundert, dass ich bei der Abholung der Kinder von der Kita am Freitagmittag anscheinend der Einzige war, der sich nicht nur aufs Wochenende freute, sondern mindestens genauso auf den Montag, wenn die Kinder wieder in die Schule/Kita gehen. Ich finde die Wochenenden nicht weniger anstrengend als die Woche. Ich liebe meine Kinder wahnsinnig – aber ich freue mich auch, wenn sie wieder in die Schule gehen, ich in Ruhe meine Arbeit machen kann.

Sehr berührend ist das letzte Kapitel, in dem die Eltern allein zurückgelassen werden. Schon mal überlegt, wie es bei Ihnen sein könnte, wenn „der Pfeil abgeschossen ist“? Kai Wiesinger: Ich bin jetzt 56, mein jüngster Sohn wird 7, da kann man sich ausrechnen, wie lange ich noch mit Kindern zu Hause wohne. Ich werde bis zu meinem 69. Lebensjahr an Sommerferien gebunden sein. Meine Idealvorstellung ist es, dass wir Eltern dann gemeinsam weiter für die Kinder da sind, dass wir als Paar zusammenbleiben, weil die Liebe zwischen uns überlebt hat.

Sie sind nicht verheiratet. Glauben Sie, dass eine Beziehung „danach“ besser hält, wenn man verheiratet ist? Kai Wiesinger: Nein. Ich wüsste nichts, was uns mehr zusammenschweißt als die vier Kinder, die wir durch dick und dünn begleiten. Für sie ist es absolut erstrebenswert, dass die Eltern als eine Basis und Einheit immer da sind – auch wenn sie erwachsen sind. Wenn es natürlich für die Eltern unerträglich wird, und sie sich völlig aus den Augen verloren haben, ist es wahrscheinlich für alle besser, sie gehen getrennte Wege. Aber ich wünsche mir das nicht für mich. Ich wünsche mir, dass wir gemeinsam alt werden und ein Zuhause bieten können, in das alle Kinder gern zurückkommen möchten.

Wie war es bei Ihnen, als Sie Ihre Eltern zurückgelassen hatten? Ging es bei denen gut? Kai Wiesinger: Ich habe meinen Vater gefragt, wie es war, als ich ging. Und natürlich empfanden meine Eltern eine große Leere, als kein Kind mehr im Haus war, aber sie haben ja normal weiter gearbeitet, tatsächlich auch die zurückgewonnene „Freizeit“ für sich genutzt.

Kai Wiesinger: Ich hab' mal ein halbes Jahr lang Party gemacht

Wie haben Sie diesen ersten großen Abschied erlebt? Kai Wiesinger: Ich war 20, als ich von Zuhause wegging, habe Rotz und Wasser geheult. Ich fand den ersten Schritt schrecklich. Das hat sich schnell geändert. Ich bin nach München gefahren, ging auf die Schauspielschule, habe ein halbes Jahr Party gemacht. Ich kam Heiligabend zurück: Ich stieg aus dem Zug, wankte ordentlich angeheitert meinen Eltern entgegen, habe zwei Tage Weihnachten gemacht und bin zurück in mein neues Leben. Das mit den Abschieden ist bis heute so geblieben: Erst will ich nicht weg, dann will ich nicht zurück.

Nach „Der Lack ist ab“ haben Sie jetzt einen zweiten großen Bestseller. Erfüllt sich da ein Kindheitstraum – wollten Sie mal Schriftsteller werden? Kai Wiesinger: Früher gab es für mich nur die Schauspielerei. Aber da meine Eltern Journalisten waren, bin ich mit dem geschriebenen Wort groß geworden, das hat bei uns große Bedeutung gehabt. Das Lesen war ein zentraler Punkt unserer Kultur, in unserem Umgang zueinander. Das ist für mich ganz wichtig. Deswegen bekamen und bekommen unsere Kinder immer viel vorgelesen. Die lieben das.

Wie kam’s zur Schauspielerei? Kai Wiesinger: Als ich 14 war, habe ich in der Schule gehört, was Schillers „Räuber“ bei seiner Uraufführung bei den Leuten ausgelöst hatte. Da wurde mir bewusst, dass es möglich ist, durch Kunst den Horizont von Menschen zu erweitern. Hat mich fasziniert. Ich habe noch am Abend meiner Mutter gesagt: „Ich werde Schauspieler!“

Sie könnten jetzt ein kleines Jubiläum feiern: Vor 30 Jahren – im Sommer 1992 - wurde Ihnen wohl endgültig klar, dass es der richtige Berufswunsch war: Sönke Wortmann engagierte Sie für den Kultfilm „Kleine Haie“ … Kai Wiesinger: Das ist in der Tat ein Grund zum Feiern. Es war mein erster großer Film und wurde einer der wichtigsten meines Lebens. Ich habe natürlich vorher schon versucht, als Komparse ein Bein in die Tür zu kriegen und zu gucken, wie es alles geht. Ich hatte einen Auftritt bei „XY“ als ein Bankräuber mit Strumpfmaske und Pistole, dachte, das sei das ganz große Ding. Dann kam „Kleine Haie“, und mein Leben wurde total auf den Kopf gestellt.

Wie meinen Sie das? Kai Wiesinger: Als sich rumsprach, dass ich dabei war, wurde es für mich wie in einem Film. Vorher stand ich in einer Disco rum und habe geguckt, was die anderen machen. Jetzt standen die Leute um mich rum und haben geguckt, was ich mache. Agenturen, die mich vorher abgelehnt hatten, fragten an, ob sie mich vertreten könnten. Und das alles, obwohl ich noch nicht einen Drehtag absolviert hatte! Es war allein Sönkes Name – wer bei ihm die Hauptrolle spielte, war ein Star.

Lassen Sie uns noch mal träumen: Wenn Sie wählen könnten – lieber der Oscar für die Schauspielkunst oder der Nobelpreis für Literatur? Kai Wiesinger: Gemeine Frage. Ich liebe die Schauspielerei. Aber mich macht das Schreiben auch dermaßen glücklich! Mein absoluter Traum ist es, was zu schreiben, was ich dann verfilmen kann wie „Der Lack ist ab“ – nur etwas größer (lacht).

Kai Wiesinger: In Kino und TV immer eine sichere Quoten-Bank

Kai Wiesinger (geboren am 16. April 1966 in Hannover) bekam sein erstes Engagements 1990 beim Bayerischen Staatsschauspiel am Prinzregententheater München. 1992 dann das Kinodebüt in Sönke Wortmanns „Kleine Haie“. Zu seinen Filmerfolgen zählen „Comedian Harmonists“ (1997), „14 Tage lebenslänglich“ (1997), „Nichts als die Wahrheit“ (1999), „Dresden“ (2006) und „Die Gustloff“ (2008). Hauptrolle in der Serie „Die Anwälte“ (2008).

Von 1998 bis zu ihrem Tod 2013 war er mit Schauspielerin Chantal de Freitas verheiratet (zwei Töchter stammen aus der Ehe). Heute lebt Wiesinger mit Schauspielerkollegin Bettina Zimmermann (47) in Berlin. Die beiden haben einen gemeinsamen Sohn (6).