Vor 100 Jahren wurde Hanns Dieter Hüsch geboren. Heute können nur die Älteren etwas mit seinem Namen anfangen. Doch als Kabarettist beeinflusste er Generationen.
Die Durchreise des Hanns Dieter Hüsch und was von ihr übrig blieb

Copyright: WDR / Thomas Brill
Der Kabarettist Hanns Dieter Hüsch wurde vor 100 Jahren geboren. Der WDR erinnert an ihn und zeigt am Montag, 5. Mai, um 23.15 Uhr, das filmische Porträt „Hüsch mich! Hanns Dieter Hüsch zum 100sten“. (Bild: WDR / Thomas Brill)
Auf ihn können sich nahezu alle Vertreter des klugen Kabaretts einigen. Von ihm haben sie all gelernt. Und manchmal kopieren sie ihn auch. Was beim Publikum wunderbar funktioniert, nachdem die neue Generation gar nicht weiß, wer Hanns Dieter Hüsch eigentlich war. Wer's dennoch erfahren will, fragt Wikipedia und bekommt die brave Antwort: „Hanns Dieter Hüsch war ein Schriftsteller, Kinderbuchautor, Schauspieler, Liedermacher, Synchronsprecher und Rundfunkmoderator.“ Das stimmt natürlich, sachlich gesehen. In Wahrheit aber war der am 6. Mai 1925 in Moers geborene Sohn eines Verwaltungsdirektors auch Friedenskämpfer, Poet, Entertainer und Mahner. Keiner, der sich klamaukig am Alltag abarbeitete, so wie es heute en vogue ist. Sondern einer, der das Ganze im Blick behielt und wortspielerisch auf dessen Brüche verwies.
„Ich habe diesen Beruf nicht ergriffen, sondern er hat mich ergriffen.“ Hanns Dieter Hüsch stand mehr als 50 Jahre auf der Bühne, tourte durch die deutsche Provinz und die Großstädte, um „die Würde des Menschen zu beschreiben“ und seine Lebensphilosophie zu verkünden: „Wir sind nur auf der Durchreise.“
„Ich habe mich an die Melodie des Gedankens der Vergänglichkeit gewöhnt“, erklärte er eine Weile vor seinem Tod. Ende 1998 kam ihm diese Haltung zugute, als er mit einer schweren Krankheit konfrontiert wurde: Lungenkrebs. Aber nach etlichen Chemotherapien besiegte er zunächst den Tumor (“Ich habe 43 Jahre lang täglich 60 Zigaretten geraucht“). 85 wäre er gerne geworden, gestand er einmal in einem filmischen Porträt über ihn. 80 hat er erreicht. Mit Mühe, nachdem noch ein Schlaganfall dazukam.
„Zwischen Windmühlen und schwarzweißen Kühen“
Stets verarbeitete Hüsch seine Erfahrungen mit der Familie und auch die Personen selbst in seinen Texten. Er war ein kabarettistischer Einzelgänger, der als einer der wenigen seine Sätze nicht auswendig lernte, sondern konsequent vom Blatt ablas. Stets widersetzte er sich den Versuchen der Parteien, ihn für ihre politische Zwecke zu vereinnahmen.
Hüsch wurde 1925 im niederrheinischen Moers geboren und wuchs „zwischen Windmühlen und schwarzweißen Kühen“ auf. Wegen eines Fußleidens entkam er Wehrmacht und Krieg. 1946 zog er nach Mainz, schrieb sich für Theaterwissenschaften und Philosophie ein und beschäftigte sich hauptsächlich mit ersten Text-Entwürfen und dem Aufbau der Kabarett-Truppe „Arche Nova“. Nach deren Auflösung 1962 machte er allein weiter.
Als er 1967 zwar die Gefahr des Faschismus und des Vietnamkriegs in sein Programm aufnahm und zunehmend politisch wurde, es aber an der entsprechenden revolutionären Gesinnung missen ließ, stürmten einige Agitatoren die Bühne des bedeutenden Liedermacherfestivals „Burg Waldeck“ und buhten ihn aus. Verbittert zog er sich für einige Jahre zurück und konzentrierte sich auf die Vertonung der Filme von Laurel & Hardy (“Dick und Doof“). Als er zurückkehrte, waren es die Kleinigkeiten des Alltags, die ihn fortan interessierten. Mit seiner Orgel wies der bärtige Schnellsprecher sein Publikum „auf die fehlende Menschenliebe in der Gesellschaft hin.“ So einer tat gut. Und täte es heute auch.
Am 6. Mai wäre Hüsch 100 Jahre alt geworden. Er starb am 6. Dezember 2005. Seine letzte Ruhestätte fand er in einem Ehrengrab auf dem Friedhof seiner Geburtsstadt Moers im Stadtteil Hülsdonk. Ein Bildungszentrum ist nach ihm benannt, ein Platz ebenso wie eine Straße und eine Schule.
Der WDR erinnert sich an ihn und zeigt am Montag, 5. Mai, um 23.15 Uhr das filmische Porträt „Hüsch mich! Hanns Dieter Hüsch zum 100sten“. Es stammt ursprünglich aus dem Jahr 2005.Mit ihm würdigte der Kabarettist Jürgen Becker sein Vorbild. (tsch)