„Haben doch den Knall nicht gehört“Dave Davis über Politiker, die AfD und „Row Zero“ beim Kabarett

Dave Davis.

Comedian Dave Davis (hier auf einem privaten Schnappschuss) zeigt sich in Interviews auch überraschend ernst. Auf der Bühne möchte er aber wieder mehr Zähne zeigen – beim Lachen. 

Comedian Dave Davis spricht im großen EXPRESS-Interview über sein neues Soloprogramm, den Höhenflug der AfD und die Stimmung im Land, Groupies in der Comedyszene und Eitelkeit.

von Christof Ernst (che)

Eine Klobürste in der einen Hand, einen Pömpel in der anderen und ein strahlendes Lachen inklusive Zahnlücke im Gesicht: So betrat Dave Davis (50) 2008 die Kabarettbühne und hatte aus dem Stand Erfolg.

Ein schwarzer Klomann, der Kölsch und Bayerisch spricht – das gab es bis dahin nicht. Die Kunstfigur des „Motombo“ spielt Davis inzwischen nur noch im Karneval. Am 8. September 2023 hat er im Bonner Pantheon mit seinem neuen Solo-Programm Premiere. Beim Talk mit EXPRESS.de erwies er sich als eher nachdenklicher Comedian.

Dave Davis' Appell: „Lasst uns alle mehr lachen!“

Dave, „Live Is Live!“ ist dein siebtes Soloprogramm. Wie unterscheidet es sich von den bisherigen?

Dave Davis: In den letzten Programmen gab es zum Teil harten Tobak, und manchem blieb das Lachen im Halse stecken. Deshalb sollte das neue Solo etwas leichter werden. Ich hätte auch den Titel wählen können: „Dave Davis – jetzt in lustig!“ Meine Devise lautet: Lasst uns alle mehr lachen und freudig Zähne zeigen, solange wir sie noch haben.

Das ist ein ehrenwertes Unterfangen angesichts der aktuellen Lage mit Krieg in der Ukraine, Klimakrise und einer AfD im Umfragehoch ...

Dave Davis: Ich weiß noch nicht genau, wie ich das verarbeite. Ich wundere mich auf jeden Fall, dass viele Politiker sich fragen, woher der Aufwind für die AfD kommt. Die haben doch den Knall nicht gehört. Wenn das einige dann auch noch den Grünen in die Schuhe schieben wollen, wird es vollends absurd. Viel gravierender ist doch, dass uns als Steuerzahler die bescheuerten Maut-Pläne von Ex-Verkehrsminister Andreas Scheuer 280 Millionen Euro kosten, und unser Bundeskanzler Scholz seine Verwicklung im Cum-Ex-Skandal mit einem Lächeln abzutun versucht. Da fehlt es an Selbstreflexion und stärkt bei vielen die Meinung: Politiker können sich alles erlauben.

Talk mit Dave Davis

EXPRESS-Reporter Christof Ernst beim Interview mit Dave Davis.

Das reicht aus, die AfD zu wählen?

Dave Davis: Nein, natürlich nicht. Das sind in der Mehrheit Faschisten. Ein guter Spruch – leider nicht von mir – lautet: „Wenn man AfD wählt, dann ist das genauso, als wenn man sagt: Ich möchte mein Kölsch nicht von der Theke haben, weil da schlecht gespült wird, sondern ich trinke lieber aus dem Klo.“ Es haben sich aber auch an anderer Stelle einige Dinge verschoben.

Wie meinst du das?

Dave Davis: Man kann durchaus Vorbehalte gegen Polizisten haben, und Rassismusvorwürfe gegen Ordnungshüter müssen natürlich untersucht werden. Aber anderseits sind Polizisten schlecht bezahlte Menschen, die sich von Demonstranten auf das Übelste beschimpfen lassen müssen. Genauso schlimm: Unfallsanitäter und Feuerwehrleute werden an der Arbeit gehindert. Es ist nicht zu fassen.

Gleich hier an unserer Comedy-Umfrage teilnehmen:

Mal weg von der Politik: Du bist im Januar 50 Jahre alt geworden. War's schlimm?

Dave Davis: Der Opa von Klomann Motombo sagt immer: „Junge, wenn etwas klug ist, ist es nicht unbedingt weise.“ Mit dem Alter habe ich gemerkt, dass das stimmt. Wer klug ist, weiß viel, aber weise ist man erst, wenn man etwas emotional kapiert hat. Ich merke auch an anderer Stelle, dass ich älter geworden bin. Neulich habe ich nach einem Auftritt im Hotelzimmer in einen Verkaufssender gezappt, und dort wurde die Musik von Nena als Oldie angepriesen. Nena? Ein Oldie? Geht's noch?

Du bist oft in der Öffentlichkeit zu sehen. Ist dein Aussehen für dich wichtig?

Dave Davis: Ich bezeichne mich gerne als gelegenheits-eitel. Wenn ich Klamotten brauche, achte ich schon darauf, dass die Sachen, die ich mir kaufe, modisch sind. Aber dann merke ich, dass einige Modetrends wiederkommen. Jugendliche tragen zum Beispiel heutzutage weiße Tennissocken und richtige Turnschuhe. Ja, wo sind wir denn? Noch schlimmer sind die vielen Anglizismen.

Comedian Dave Davis alias Motombo Umbokko beim Comedypreis 2010 in Köln

Als Klomann Motombo gewann Dave Davis den Comedypreis 2010, Motombo gibt es aber nur noch im Karneval.

Was hast du gegen englische Ausdrücke?

Dave Davis: Es ist ja okay, dass unsere Sprache globaler wird. Aber muss man eine Performance erst einmal greenlighten, ehe wir etwas checken? Performance! Dabei ist Darbietung doch so ein schönes Wort.

Welchen Kollegen magst du besonders?

Dave Davis: Dieter Nuhr schätze ich sehr für seine Art, gesellschaftlich heikle Themen humoristisch überspitzt anzusprechen und seine Entschlossenheit, auch bei Gegenwind für seine Ansichten einzustehen. Ein Kabarettist überspitzt und überzeichnet von Berufs wegen. Keiner ist überrascht, wenn nach einem Friseur-Termin die Haare anders aussehen.

Dave Davis: „Row Zero“ wie beim Rammstein gibt's beim Kabarett nicht

Gibt es in der Comedy-Szene eigentlich Groupies?

Dave Davis: Eine „Row Zero“ wie bei Rammstein gibt es bei Kabarettisten nicht. Frauen stehen auf Musiker, nicht auf Humoristen. Bei uns beschreibt „Row Zero“ bestenfalls die Anzahl der Zuschauer. Und ich bin 50 Jahre alt. Außerdem sagt meine Frau, dass ich etwaige Groupies an der Theater-Garderobe abgeben muss.

Du hast bis Ende des Jahres 26 Tournee-Auftritte, hinzu kommen die Karnevals-Termine als „Klomann Motombo“. Wie schaffst du das?

Dave Davis: Ich genieße es, denn Corona war echt böse – für alle. Deshalb war ich so happy, dass es dieses Jahr wieder losging. Die Leute waren richtig hungrig nach Unterhaltung und sind großartig mitgegangen.

Deine Eltern kommen aus Uganda, du bist in Köln geboren und lebst in Bonn. Wie würdest du dich selbst bezeichnen?

Dave Davis: Das muss ich gar nicht selbst machen, das hat das Statistische Bundesamt für mich erledigt, wie ich vor ein paar Jahren erfahren habe. Für die bin ich ein Deutscher mit Migrationshintergrund, aber ohne eigene Migrationserfahrung. Später habe ich mitbekommen, dass die Ossis nicht Ossis genannt werden wollen. Deshalb sind die für mich Bürger mit Grenzbefestigungshintergrund.

Dave Davis: Eltern flohen aus Uganda

Dass Dave Davis mit seinem neuen Solo-Programm am 8. September im Bonner Pantheon Premiere hat, ist kein Zufall. Zum einen lebt der am 30. Januar 1973 in Köln geborene Komiker seit vielen Jahren in Bonn. Zum anderen gehörte er zum Ensemble der Bonner Kleinkunstbühne und gewann 2009 gleich zweimal den „Prix Pantheon“. Davis' Eltern flohen vor dem Diktator Idi Amin aus Uganda und bekamen in Deutschland Asyl.