CDU-Frust vor der NRW-Wahl: Der Merz-Effekt bleibt aus.
Vor NRW-WahlCDU enttäuscht von Merz

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NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) beim Antrittsbesuches von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU, r).
Aktualisiert07.09.2025, 12:56
Statt Aufwind aus Berlin, herrscht Frust in NRW! Kurz vor der wichtigen Kommunalwahl blickt die CDU mit Sorge auf den Wahlsonntag.
„Vom Merz-Effekt hatten wir uns eigentlich deutlich mehr erwartet“, klagt ein Vertrauter von Ministerpräsident Hendrik Wüst. Die Enttäuschung über den neuen Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) ist riesig.
Bei der Wahlparty im Düsseldorfer Lambertus-Saal wird Wüst am Sonntag nach 18 Uhr vor die Kameras treten. Vor fünf Jahren holte die CDU noch starke 34,3 Prozent. „Damals hatten wir guten Rückenwind aus Berlin“, erinnert sich der Insider. Doch davon ist diesmal nichts zu spüren.
Der holprige Start der neuen Bundesregierung in Berlin frustriert die Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfer an den CDU-Ständen in ganz NRW. Viele sind sauer. Ministerpräsident Wüst selbst hatte schon öffentlich zugegeben, dass er sich einen leiseren Start von CDU und SPD im Bund gewünscht hätte.
Paul Ziemiak, Generalsekretär der NRW-CDU, versucht die Stimmung zu retten. „Wir heben als CDU NRW den CDU-Bundestrend“, sagte er dieser Zeitung. Die Umfragewerte für Wüst und sein Kabinett seien „sehr, sehr gut“.
Trotz fehlenden Rückenwinds hofft die CDU auf Siege in den Großstädten
Trotz des fehlenden Rückenwinds hofft die CDU auf Siege in den Großstädten. In Düsseldorf (Stephan Keller) und Essen (Thomas Kufen) sollen die Oberbürgermeister ihre Ämter verteidigen. Im Kreis Euskirchen will man dem SPD-Politiker Markus Ramers das Landratsamt wieder abnehmen. Im zweiten Wahlgang schielt man sogar auf die Rathäuser in Aachen und Bonn, die aktuell von den Grünen regiert werden.
Auch bei der SPD ist die Stimmung angespannt. Das Ergebnis von 2020 (24,3 Prozent) zu wiederholen, wird schwer. Die große Hoffnung liegt auf Köln. Ein Sieg von Kandidat Torsten Burmeister könnte dort zum „Game-Changer“ werden und eine „Renaissance der Sozialdemokratie“ einläuten, träumen einige Genossen und Genossinnen.
Die größte Sorge bei allen demokratischen Parteien: ein starkes Ergebnis für die AfD. 2020 lag die Partei bei nur 5,1 Prozent, doch nun könnten ihre Kandidaten und Kandidatinnen sogar in Stichwahlen einziehen und im Ruhrgebiet Bezirksbürgermeister stellen.
SPD-Fraktionschef Jochen Ott warnt
SPD-Fraktionschef Jochen Ott warnt eindringlich vor den Folgen: „Man muss den Menschen viel klarer machen, was es bedeutet, wenn sie AfD wählen“, sagte der Kölner. „Dann gibt es keinen Mindestlohn, keine Tariflöhne, keine kommunalen Wohnungsbaugesellschaften – also weniger bezahlbaren Wohnraum.“ Sein klares Fazit zur Familienpolitik: „Mama macht zu Hause das Mittagessen. Dessen müssen sich alle bewusst sein.“
Auch die Grünen blicken mit gemischten Gefühlen auf den Wahlsonntag. Vorbei sind die Zeiten, in denen die Partei auf einer Welle der Sympathie surfte. Ein Regierungs-Insider meint wehmütig: „Das war wohl die beste Zeit von Robert Habeck und Annalena Baerbock.“ Eine Niederlage in der grünen Hochburg Bonn würde schmerzen, und in Köln ist für Kandidatin Berivan Aymaz die Stichwahl Pflicht.
Im Tal der Tränen befinden sich die Liberalen. Für die FDP kommt die Wahl nach der verlorenen Bundestagswahl einfach zu früh. Ein Bezirksvorsitzender beißt auf die Zähne und hofft auf die Zukunft – mit einem bitterbösen Seitenhieb auf den Kanzler: „Wenn Merz seine Schlagzahl beim Brechen von Wahlversprechen beibehält, kann das zur Frischzellenkur für die FDP werden.“ (red)