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„Deutschland will stehlen“Putins Staatsfernsehen sagt: Bei uns spielt sich Dramatisches ab

Die russische Moderatorin Olga Skabejewa berichtet im Fernsehsender „Rossija 1“ in der Show „60 Minuten“ am 1. Juni über Olaf Scholz.

Die russische Moderatorin Olga Skabejewa berichtet im Fernsehsender „Rossija 1“ in der Show „60 Minuten“ am 1. Juni über Olaf Scholz.

Wer sich im russischen Staatsfernsehen umsieht, der sieht weder einen Krieg in der Ukraine noch sieht er Kritik an Putin. In der Propaganda-Maschinerie spielen auch Nachrichten aus Deutschland eine entscheidende Rolle. EXPRESS.de wirft einen Blick auf Putins Fernsehprogramm – mit den Augen eines durchschnittlichen russischen Fernsehzuschauers.

von Martin Gätke (mg)Yuliia Dysa (yd)

Das russische Staatsfernsehen ist seit langem für seine Übertreibungen, offensichtlichen Lügen und die Verdrehungen der Fakten bekannt. Putins Krieg in der Ukraine macht besonders eindrücklich sichtbar, wie das Fernsehen in Russland die Wirklichkeit der Zuschauerinnen und Zuschauer verzerrt. Es wird nicht gezeigt, was ist – sondern wie es gebraucht wird.

Die Sicht auf Deutschland ist dabei ein ganz entscheidendes Rädchen in der Propagandamaschine. Das Land ist ein Teil von Putins Ideologie, der Konfrontation, die dringend benötigt wird, um die russische Bevölkerung von der Notwendigkeit des Krieges zu überzeugen.

EXPRESS.de hat das Staatsfernsehen in dem Land genauer unter die Lupe genommen, um zu zeigen, wie Berlin, wie Deutschland und die Deutschen in den russischen Medien gesehen werden.

Alles zum Thema Russland

Lassen wir uns einen Blick werfen auf eine der beliebtesten und gleichzeitig populistischsten Shows des Landes: „60 Minuten“ auf dem Sender „Rossija 1“. Am 31. Mai war hier die Ankündigung von Kanzler Olaf Scholz das große Thema, der erklärte, die deutsche Armee zu einer der schlagkräftigsten in Europa machen zu wollen. Die Show bezeichnete das als „eine sensationelle und bahnbrechende Nachricht“.

Russland: Putins Propaganda setzt Scholz mit Hitler gleich

Gastgeberin Olga Skabejewa ließ mit bitterbösem Gesichtsausdruck einen Experten zu Wort kommen, der nicht zögerte, in dieser „Militarisierung“ Deutschlands Parallelen zu Hitler zu ziehen. Am Ende seiner Ausführungen behauptete er, diese „mächtige deutsche Armee“ habe schon immer eine Sicherheitsbedrohung für Russland dargestellt.

Deutschland mit dem sogenannten Dritten Reich, Adolf Hitler und der Zeit des Zweiten Weltkrieges zu vergleichen, ist übrigens recht beliebt in der russischen Propaganda. In derselben Sendung sagte der russische Militärexperte Iwan Konowalow wenige Tage zuvor, Scholz sei „ein kleiner Führer mit Minderwertigkeitskomplex“.

Russland: Bizarre Herleitung mit der Zahl „88“

Das ist längst nicht alles: Ende April wurde es noch bizarrer. Ein Gast brachte in der Sendung die Zahl der Panzer, die Deutschland an die Ukraine liefern sollte, mit dem angeblichen Wiederaufleben des Faschismus in dem Land in Verbindung. Denn 88 sollten geliefert werden – in der Zahl 88 sah er den Beweis: Er sah eine klare Verbindung zu Hitlers „Mein Kampf“. „88“ steht auch für die verbotene Grußformel „Heil Hitler“.

Russland lässt im Fernsehen auch gern „Korrespondenten“ aus Deutschland zu Wort kommen, die über die Lage vor Ort sprechen. Der Chef des WGTRK-Büros in Berlin, einer staatlichen Medienholdinggesellschaft mit Sitz in Moskau, teilte am 26. Mai live auf „Rossija 1“ mit, dass es den Menschen in Deutschland seit Kriegsbeginn „merklich schlechter“ gehe. Am Ende des Jahres warte eine wirklich dramatische Situation auf sie, wenn sie die Rechnungen für ihre Gas- und Stromlieferungen erhielten, heißt es weiter.

Russland: „Deutschland will Saatgut aus Ukraine stehlen“

TV-Moderatorin Skabejewa selbst behauptet, dass Deutschland versuche, „Saatgut aus der Ukraine zu stehlen“. Das Land versuche, eine Brücke zu organisieren, um das Saatgut per Zug zu liefern. Der Chef des WGTRK-Büros stimmt ihr zu und erklärt, Deutschland wolle im kommenden Winter nicht mit einer Hungersnot konfrontiert werden.

Wird über die wirtschaftliche Situation in Deutschland gesprochen, dann fallen gern Superlative in der Berichterstattung, dann ist von dem „Schlimmsten“, dem „Gruseligsten“ die Rede, sie sei „drastisch“ oder so schlecht, dass sie Rekorde breche. Über die verheerende wirtschaftliche Situation im eigenen Land wird kein Wort verloren.

Nein, Deutschland und Europa befänden sich in einer Krise, schuld daran sei das Handeln Kyjiws, sei die „schlechte“ Sanktionspolitik. Die deutschen Bürger seien unzufrieden mit der Unterstützung der Ukraine. In Deutschland spielt sich Dramatisches ab, sagen Putins Medien.

Russland: Geflüchtete müssen nun 9 Euro für ihr Bahnticket zahlen

Die Medien in Russland scheuen auch nicht davor zurück, die Realität zu übertreiben und völlig zu verdrehen. Dann heißt es etwa, dass Europa anfange, Geflüchteten aus der Ukraine die Hilfen zu verweigern. 

Ein vermeintlicher Beweis dafür: Die „kostenlosen“ Fahrten in den öffentlichen Verkehrsmitteln würden für sie gestrichen, man stelle ihnen nun die Tickets für 9 Euro zur Verfügung.

Die ukrainischen Geflüchteten würden immer mehr „aus den Taschen“ der Europäer ernährt: „Europa, das den Geflüchteten einen herzlichen Empfang versprochen hat, geht die Geduld und das Geld aus“, behauptet ein Korrespondent des halbstaatlichen „Perwy kanal“, einem populären Fernsehsender in Russland.

Russische Propaganda dichtet Reportagen aus Deutschland um

Die russische Propaganda zögert auch nicht, Reportagen aus Deutschland komplett umzudichten, die von normalen ukrainischen Bürgerinnen und Bürgern berichten. Alles wird umgeschnitten und gefälscht, aus einem 47-minütigen Video, in dem die Geflüchteten ihr Leben in Deutschland beschreiben, wird eine kurze Episode mit reichliche negativen Zitaten: Über Warteschlangen wird sich beschwert, über den schlechten Kundenservice und den vielen Müll auf der Straße.

Perwy kanal“ gibt sogar zu, dass es sich um eine „Verzerrung der Realität“ handle, aber: „Diese Worte wurden gesagt.“ Der Korrespondent macht besonders auf die Aussage eines Mädchens aufmerksam, das gesagt haben soll: „Ich lebe nicht gerne in Berlin, da Berlin nicht die Ukraine ist.“ Kein Wort darüber, warum das Mädchen ihre geliebte Heimat überhaupt verlassen musste.

Nicht immer funktioniert die Propagandamaschine geschmiert: Der russische Ex-Offizier Mikhail Khodarenok ließ mit seinen Ausführungen im russischen Fernsehen auch westliche Beobachter und Beobachterinnen aufhorchen: „Die Situation für uns wird schlimmer werden“, sagte er, die „ganze Welt ist gegen uns“, mahnte er. Moderatorin Skabejewa unterbrach ihn immer wieder, versuchte, seine Aussagen zu relativieren. Nur wenige Tage später gab er sich wieder linientreu – zumindest vor der Kamera.