Olaf ScholzKanzler stellt sich den Fragen: Bei einem Thema reagiert er wortkarg

Der Druck auf den Bundeskanzler wächst. Der Ukraine-Krieg, Inflation, Energie-Krise und ein drohender Corona-Winter. Zu diesen und weiteren Themen äußerte sich Olaf Scholz in der Sommerpressekonferenz.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat seit der Übernahme der Regierungsverantwortung Ende vergangenen Jahres viele Premieren erlebt – nun kam eine weitere hinzu: Erstmals stellte sich der SPD-Politiker an diesem Donnerstag (11. August, 11 Uhr) als Kanzler in einer Sommer-Pressekonferenz den Fragen der Hauptstadt-Journalisten.

Er setzte damit die Gepflogenheiten seiner Vorgängerin Angela Merkel (CDU) fort, die jedes Jahr direkt vor oder nach ihrem Sommerurlaub in die Bundespressekonferenz ging. Traditionell werden dort Fragen zu zahlreichen Bereichen der Innen- und Außenpolitik gestellt. Ein beherrschendes Thema in diesem Jahr ist der Krieg in der Ukraine und seine Folgen sowie die Cum-Ex-Affäre.

Bundeskanzler Olaf Scholz stellt sich den Fragen

Das weiße Oberhemd am Hals aufgeknöpft, ohne Krawatte trat Olaf Scholz vor die Journalisten. In seinen verschiedenen Funktionen, unter anderem als Finanzminister und Erster Bürgermeister der Stadt Hamburg, war Scholz bereits in der Bundespressekonferenz zu Gast.

Alles zum Thema Olaf Scholz

Mit einem mehrminütigen Statement eröffnete Scholz die Bundespressekonferenz. Die wichtigsten Aussagen von Olaf Scholz lesen Sie hier:

  • Scholz zur Energiekrise:
  • „Wir sorgen dafür, dass die Gasspeicher voll werden.“
  • „Es wird ein weiteres Entlastungspaket geben.“
  • „You'll never walk alone. Wir werden alles dafür tun, dass die Bürgerinnen und Bürger durch diese schwierige Zeit kommen.“
  • Dies gelte für Menschen mit geringen, aber auch mit normalen Einkommen, für Rentnerinnen und Rentner oder auch Studierende. Ziel sei, dass „niemand vor unlösbare Probleme gestellt wird“.
  • „Wir haben alle Chancen, gut durch die Zeit zu kommen.“
  • „Wir arbeiten sämtliche Versäumnisse der letzten Jahre ab, die in dieser Hinsicht wirklich groß waren.“ Es habe zwar gemeinsame Entscheidungen gegeben über Ausstiege aus Kohleverstromung und Atomenergie, aber keine Entscheidungen, die ein großes Tempo für eine industrielle Modernisierung Deutschlands mit sich gebracht hätten.
  • Scholz nannte die industrielle Modernisierung und die Sicherung des Wohlstands Deutschlands das zentrale gemeinsame Reformvorhaben der Ampel-Regierung. Es sei schon eine ganze Reihe von Gesetzespaketen auf den Weg gebracht worden, etwa für einen schnellen Ausbau der Windkraft in Deutschland an Land und auf hoher See.
  • Mit jeder Windmühle, mit jeder Solaranlage, mit jeder neu in Betrieb genommenen Stromtrasse sinke die Abhängigkeit Deutschlands von fossilen Ressourcen, die aus aller Welt importiert werden müssten, sagte Scholz. Er versprach der Industrie bezahlbare Energie in großer Menge, insbesondere Strom und Wasserstoff aus erneuerbaren Quellen.
  • Scholz über soziale Unruhen:
  • „Nein, ich glaube nicht, dass es zu Unruhen kommen wird, weil Deutschland ein Sozialstaat ist (...) Dieser Sozialstaat muss es in dieser Zeit wirksam sein.“
  • „Die Bürger und Bürgerinnen sind schlau. Sie machen sich nichts vor.“
  • Scholz zum Krieg in der Ukraine und zu Wladimir Putin:
  • „Das ist ein verbrecherischer Krieg, darüber gibt es keine Zweifel. Daher bin ich überzeugt davon, dass wir all diese Verbrechen aufklären werden.“
  • „Der russische Präsident trägt die Verantwortung.“
  • „Das ist ein Krieg, der beendet werden muss.“
  • Scholz zum Cum-Ex-Skandal
  • Was wissen sie über das Geld von Kahrs? Scholz: „Nichts.“
  • „Ich habe die Auskünfte gegeben, die möglich sind.“
  • „Es gibt keine Erkenntnisse darüber, dass es eine politische Beeinflussung gab.“

Olaf Scholz kündigt Entlastungen für Bürger und Bürgerinnen an

Bundeskanzler Olaf Scholz kündigte weitere Entlastungen der Bürger und Bürgerinnen angesichts der hohen Inflation an. Man werde über die schon beschlossenen Pakete hinaus weitere Maßnahmen ergreifen müssen, sagte der SPD-Politiker am Donnerstag in der Bundespressekonferenz in Berlin. „Dazu ist die Regierung auch fest entschlossen.“

Scholz betonte: „Wir werden alles dafür tun, dass die Bürgerinnen und Bürger durch diese schwierige Zeit kommen.“ Dabei gehe es ihm um diejenigen, „die ganz wenig haben“. Deshalb werde die Regierung beim Wohngeld etwas machen und das Bürgergeld einführen.

Zu einem Gesamtpaket werden laut Scholz auch steuerliche Entlastungen gehören. „Der Finanzminister hat seinen Beitrag zu den notwendigen Überlegungen dazu gestern vorgestellt. Ich finde das sehr, sehr hilfreich, weil wir ja ein Gesamtpaket schnüren müssen, das alle Bevölkerungsgruppen umfasst.“ Dieses Gesamtpaket werde die Regierung vorlegen, „damit niemand allein gelassen wird, niemand vor unlösbare Probleme gestellt wird und keiner die Herausforderungen, die mit den gestiegen Preisen verbunden sind, alleine schultern muss.“

Scholz unterstrich, dass die Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP an ihrem Anspruch einer „Fortschrittskoalition“ festhalte. „Das Thema Fortschritt in Deutschland zu bewerkstelligen, steht unverändert als große Aufgabe für uns an und das eint die drei Koalitionsparteien auch“, sagte Scholz.

Es handele sich zwar um drei unterschiedliche Parteien, die aber „klar verabredet“ hätten, die Modernisierung Deutschlands intensiv voranzutreiben, versicherte der Kanzler. Trotz der aktuellen Krisen sei es weiterhin der Anspruch der Regierung, aus Deutschland ein „in 10, 20 und 30 Jahren noch führendes Industrieland mit weltweit exportfähigen Technologien“ zu bleiben. Die Krise erfordere es sogar, dieses Ziel „noch mit mehr Tempo“ zu verfolgen. „Denn dass wir unabhängig werden müssen von dem Import von Kohle, Öl und Gas, das ist, glaube ich, für alle jetzt ganz, ganz klar“, sagte Scholz.

Olaf Scholz über russischen Angriffskrieg in der Ukraine: „Es ist eine Zeitenwende“

Mit Blick auf die russischen Machtbestrebungen betonte der Kanzler, dass er sich keine Illusionen mache. Die „Zeitenwende“, die auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine folge, habe er bewusst als solche bezeichnet, sagte Scholz. „Das ist eine Veränderung der Wirklichkeit, in der wir leben.“ Russland denke in den Kategorien der imperialistischen Machtpolitik des 17., 18. und 19. Jahrhunderts, erklärte Scholz. „Das können wir nicht ändern, indem wir da nur zuschauen, sondern nur, indem wir das tun, was jetzt unsere Sache ist. Und das ist eben die Unterstützung der Ukraine“, sagte er.

Das bedeute aber auch, Veränderungen im eigenen Land herbeizuführen - etwa zusätzliche Investitionen in die eigene Sicherheit.

Olaf Scholz: Pipeline aus Portugal und Spanien eine Alternative

Zur Erschließung neuer Energiequellen will Kanzler Olaf Scholz (SPD) sich für den Bau einer Pipeline von Portugal und Spanien über Frankreich nach Mitteleuropa einsetzen. Eine solche Leitung hätte gebaut werden sollen und werde nun vermisst, sagte Scholz am Donnerstag bei seiner Sommerpressekonferenz in Berlin. Diese würde jetzt „einen massiven Beitrag zur Entlastung und Entspannung der Versorgungslage“ leisten.

Er habe deshalb bei seinen Kollegen in Spanien, Portugal und Frankreich sowie bei EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen „sehr dafür geworben, dass wir zum Beispiel ein solches Projekt anpacken“. (dpa/susa)