„Sieht schlecht aus“Neue Epidemie bricht in Nordkorea aus – Land steht kurz vor einer Katastrophe

Dieses Bild, das am 15. Juni 2022 aufgenommen und am 16. Juni 2022 von Nordkoreas offizieller Nachrichtenagentur KCNA veröffentlicht wurde, zeigt den nordkoreanischen Führer Kim Jong-un und seine Frau Ri Sol-ju, wie sie Medikamente in die Stadt Haeju schicken. Die westliche Hafenstadt leidet derzeit unter einer neuen Epidemie.

Dieses Bild, das am 15. Juni 2022 aufgenommen und am 16. Juni 2022 von Nordkoreas offizieller Nachrichtenagentur KCNA veröffentlicht wurde, zeigt den nordkoreanischen Führer Kim Jong-un und seine Frau Ri Sol-ju, wie sie Medikamente in die Stadt Haeju schicken. Die westliche Hafenstadt leidet derzeit unter einer neuen Epidemie.

Nordkorea befindet sich in einem ohnehin schon harten Kampf gegen Covid-19, da belastet eine weitere Epidemie das Land. Die chronische Nahrungsmittelknappheit sowie die mangelhafte medizinische Versorgung setzen dem isolierten Land zusätzlich zu. Expertinnen und Experten fürchten: Das Land steht kurz vor einer Katastrophe.

von Martin Gätke (mg)

Erst Covid-19, jetzt das: Am Donnerstag (16. Juni) meldet Nordkorea den Ausbruch einer bislang nicht identifizierten Epidemie in einer landwirtschaftlich geprägten Region, wie die staatliche Nachrichtenagentur KCNA berichtet. Es handle sich um eine Darmepidemie.

Sie belastet die Menschen in Nordkorea nun zusätzlich. Seit Wochen kämpft das Land gegen die zunehmenden Covid-19-Infektionen und Nahrungsmittelknappheit. Expertinnen und Experten befürchten das Schlimmste.

Führer Kim Jong-un habe am Mittwoch Medikamente in die westliche Hafenstadt Haeju geschickt, um den Patientinnen und Patienten zu helfen, die an der „akuten enterischen Epidemie“ leiden, berichtet die staatliche Nachrichtenagentur KCNA weiter. Zahlen von Betroffenen oder Erkrankten werden nicht genannt, auch die Krankheit wird nicht näher benannt, wie „Reuters“ berichtet. Klar ist nur: Der Begriff „enterisch“ bezieht sich auf den Magen-Darm-Trakt. 

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Nordkorea: Neue Epidemie verschlimmert die Lage

Die Provinz South Hwanghae, in der sich Haeju befindet, ist Nordkoreas wichtigste Agrarregion, die Nachricht von der Epidemie lässt neue Bedenken hinsichtlich möglicher Auswirkungen auf die ohnehin schon schlimme Nahrungsmittelknappheit des Landes aufkommen.

Ein Beamter des südkoreanischen Verteidigungsministeriums, der sich mit den innerkoreanischen Angelegenheiten befasst, erklärte demnach, die Regierung beobachte den Ausbruch genau, bei dem es sich vermutlich um Cholera oder Typhus handele.

Der Ausbruch kommt zu einer Zeit, als das Land mit immer mehr Covid-19-Fällen zu tun hat. Nordkorea verhängte bereits im vergangenen Monat den Ausnahmezustand, da Bedenken wegen eines Mangels an Impfstoffen und der medizinischen Versorgung bestehen.

Nordkorea: Expertinnen und Experten fürchten hohe Covid-Dunkelziffer

Die südkoreanische Spionagebehörde teilte mit, dass durch Wasser übertragene Krankheiten wie Typhus in Nordkorea bereits weit verbreitet seien – und das bereits, bevor das Coronavirus ins Land kam. „Darmkrankheiten wie Typhus und Shigellose sind in Nordkorea nicht besonders neu, aber beunruhigend daran ist, dass sie zu einer Zeit auftreten, in der das Land bereits mit Covid-19 zu kämpfen hat“, sagte Professor Shin Young-jeon vom College of Medicine der Hanyang University in Seoul. 

Südkorea sei bereit, mit Nordkorea zusammenzuarbeiten, um den Ausbruch der Krankheit zu bekämpfen, aber Pjöngjang reagiere weiterhin nicht auf die Hilfsangebote. Auch nicht auf den Vorschlag Seouls, Impfstoffe bereitzustellen.

Nordkorea meldete am Donnerstag 26.010 weitere Menschen mit „Fiebersymptomen“ – Covid-Patienten werden in dem Land nicht als solche benannt, vermutlich wegen fehlender Testkits. Expertinnen und Experten vermuten auch, dass die von der Regierung kontrollierten Medien veröffentlichten Zahlen nicht der Wahrheit entsprechen und es eine sehr hohe Dunkelziffer von Covid-Infektionen gibt. 

Nordkorea: Expertinnen und Experten fürchten, Land steht am Rande einer Katastrophe

Das Land stehe am Rande einer Katastrophe, warnten Expertinnen und Experten bereits vor einigen Wochen im britischen „Guardian“. Es wird angenommen, dass das Regime die Bevölkerung bislang nicht geimpft hat und auch keinen Zugang zu Medikamenten hat.

Zudem haben die Krankenhäuser in dem Land nur wenig Ressourcen für intensivmedizinische Behandlungen, um besonders schwere Fälle zu behandeln. Die weit verbreitete Unterernährung der 26 Millionen Menschen habe sie zudem wesentlich anfälliger für schwere Krankheitsverläufe gemacht als anderswo.

 „Es sieht wirklich schlecht aus“, wird Owen Miller zitiert. Er ist Dozent für Koreanistik an der School of Oriental and African Studies der London University. „Die Menschen sehen sich einer völlig zügellosen Ausbreitung von Omikron ausgesetzt, ohne Schutz durch Impfstoffe, ohne viel – wenn überhaupt – Immunität in der Bevölkerung und ohne Zugang zu den meisten Medikamenten.“ Nun verschlimmert offenbar eine weitere Epidemie die Lage in dem Land zusätzlich.