Kritische Fragen bei LanzCorona-Debakel in EU: Martin Schulz sieht andere Schuldige

Martin Schulz bei Lanz

Martin Schulz am 28. Januar 2021 im ZDF-Studio bei Markus Lanz

Köln – Wer trägt Schuld an dem Impfstoffdebakel in Deutschland? In der ZDF-Talkshow „Markus Lanz“ wurde diese Frage am Donnerstagabend erneut diskutiert. In Rage redeten sich vor allem der ehemalige SPD-Kanzlerkandidat und frühere Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, sowie die „Welt“-Chefredakteurin Dagmar Rosenfeld.

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„Wir hatten diese große Sammelbestellung in der EU“, eröffnete Markus Lanz die Runde. An Schulz gewandt wollte er wissen, wie so etwas eigentlich ablaufe: „Wer bestellt da? [...] Wer bezahlt? Und die entscheidende Frage: Warum ist es so katastrophal schiefgegangen?“

Schulz reagierte zunächst ausweichend, konnte dann aber doch einige Details erklären: Es sei falsch zu glauben, die EU sei hingegangen und habe gesagt: „So, jetzt bestellen wir mal 'nen Packen Impfstoff und Deutschland bekommt 28 Prozent.“

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In Wirklichkeit bekäme jedes Land in der EU entsprechend seiner Bevölkerungszahl einen entsprechenden Anteil an der Bestellung zugestanden. Natürlich sei es vor diesem Hintergrund nicht schön, wenn die Mengen unterschätzt worden seien. Dennoch rate er dazu, sich anstelle von Schuldzuweisungen eher auf die Suche nach Lösungen zu konzentrieren.

Die Entscheidung von Olaf Scholz (SPD), dem Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) einen entsprechenden Fragenkatalog zu überreichen, erachtete er dennoch als legitim.

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Sowohl Gastgeber Lanz als auch die „Welt“-Chefredakteurin Rosenfeld sahen dies anders: Sie vermuteten eine gewisse Inszenierung zugunsten des Wahlkampfes hinter Scholz' Aktion. Die 47-jährige Journalistin hätte eher eine Frage an die EU als Verhandlungsführer: „Am 27. August 2020 hat die EU ihre erste verbindliche Bestellung abgegeben über 400 Millionen Dosen, und zwar bei AstraZeneca.“

Zu diesem Zeitpunkt hätte die USA schon 2,2 Milliarden Dosen bei sechs Herstellern geordert. „Warum konnten die USA etwas, was die EU sich nicht getraut hat oder nicht hinbekommen hat?“, wollte Rosenfeld wissen.

In Bezug auf die Finanzierung der Impfungen fügte sie in Bezug auf eine Rede des Finanzministers Scholz hinzu: „Wenn wir alles mit Wumms und Bazooka machen, warum machen wir bei der entscheidenden Frage der Impfstoffbeschaffung es dann nicht auch so?“

Schulz verwies auf die Zuständigkeit der einzelnen Mitgliedsstaaten beziehungsweise deren Gesundheitsminister, die jeder für sich andere Vorgehensweisen hätten. Seiner Meinung nach sei die Frage also eher, welche Position der deutsche Gesundheitsminister in dem Rat aller Gesundheitsminister eingenommen habe.

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Er fügte hinzu: „In der Gesundheitspolitik läuft in der Europäischen Union das, was in vielen anderen Bereichen auch läuft: Die Europäische Union wird am Ende für zuständig erklärt, sie leidet aber darunter, dass die partikulären Interessen ihrer Mitgliedstaaten in Brüssel knochentrocken durchgesetzt werden. Hinterher ist es dann immer so, dass sich Europapolitiker entschuldigen müssen für die Unfähigkeit der EU.“

In Wirklichkeit seien es Nationalismus und nationales Vorrangdenken. Und genau deshalb glaube Schulz, dass man die Fragen schon an den Minister richten müsse. (tsch)